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Eleanor Rigby

Eleanor Rigby

Titel: Eleanor Rigby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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waren es sechs, und ich war die siebte und glücklich, dass die anderen mich nicht abwimmele ten. Die Nachtluft war feucht und roch wie ein ungeputzter Kühlschrank. Es begann zu regnen, und wir taten so, als würden wir nicht merken, wie wir alle zitterten, während wir uns unter einen Dachvorsprung kauerten.
    Das Kolosseum war erstaunlich nah, und in meinem Rausch kam es mir eher wie der Hintergrund für einen Bugs-BunnyTrickfilm vor als wie eine Arena, in der Geschichte gemacht worden war. Ein nachmittäglicher Sklavenmord? Ganz lustig, fand ich. Ob es damals auch Leute gab, die das römische Äquivalent von Bier und Hot-Dogs verkauften? Die Österreicher gaben mir einen Schluck aus ihrer Rotweinflasche, und ich weiß noch, dass mir schwindelig wurde und ich mich zurückziehen wollte. Ich trat hinter einen Belüftungsschacht, wo ich dem sauren Regen lauschte, der die Stadt Atom für Atom auflöste. Mir drehte sich alles, und dann ...? Das ist die große Frage.
    Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich im Bus zur Jugendherberge verstaut wurde. Alle sahen absolut grauenhaft aus. Mr. Bürden war sturzbetrunken, und mein Gesicht steckte die ganze Zeit in einer Plastiktüte aus einem Standa-Kaufhaus. Als wir wieder in unserer Herberge waren, spazierten die Mädchen, die nicht allzu hinüber waren, die Straße hinunter, um auf Toilette zu gehen und - um fast zwei Uhr morgens - mit den goldenen Elf-Männern zu flirten. Diese Schlampen. Ich wäre nur zu gern mitgegangen, wenn ich mich nicht wie ein rotierendes Klärschlammbecken gefühlt hätte.
    Die verbliebenen rund 110 Stunden unserer Rom-Reise waren so unspektakulär wie ein Schulbuch. Nach unserer ausschweifenden Partynacht waren alle verkatert und erstaunlich kleinlaut. Ich habe mir sagen lassen, wir hätten den Trevi-Brunnen, die Kuppel des Pantheon, hundert Springbrunnen und ebenso viele Kirchen, Kirchen, Kirchen und noch mehr Kirchen besichtigt. Ich selbst habe kaum noch Erinnerungen daran. Nur ein Abstecher zu den Ruinen von Ostia Antica hinterließ bei mir einen tiefen Eindruck. Die dortigen Ausgrabungen hatten die Überreste eines typischen Tages in Rom freigelegt, die uns einen. Einblick in den Alltag der alten Römer gestatteten. Wenn ich es recht bedenke, war es das, woran meine Wohnung mich erinnerte, als ich von meiner Weisheitszahn-OP zurückkam — an einen Ort, der aufgetaut oder ausgegraben werden muss, um irgendwie zum Leben erweckt zu werden und eine Bedeutung zu erhalten.
    Was es sonst noch in Rom zu sehen gab? Die rissigen Travertinböden der Museen, Neonwerbeschilder für Candy-Haushaltsgeräte und bis ins kleinste Detail ausgearbeitete nackte Statuen an jeder Ecke. Ach - und es gab Straßen, die nach berühmten Daten hießen, wie die Via XX Settembre. Ich begann über die menschliche Zivilisation nachzudenken — dafür gibt es keinen besseren Ort als Rom —, und ich überlegte, was passieren würde, wenn das Leben einfach immer weiterginge, und ob in tausend Jahren jeder einzelne Tag seine eigene Straße haben und man bereits Namen doppelt und dreifach vergeben würde. Warum, fragte ich mich, werden in Nordamerika keine Straßen nach Daten benannt?
    Im Jahr 2004 frage ich mich das nicht mehr.

~25~
    Unser Heimflug schien nur drei Sekunden zu dauern, und sobald wir den Flughafen von Vancouver erreicht hatten, löste mein Heimweh sich in Luft auf, als sei es nie dagewesen. Meine Eltern holten mich ab, und ich quietschte vor Wiedersehensfreude. Als wir an der Gepäckausgabe standen, fragte Vater mich nur: »Und, wie war deine Reise in die Vergangenheit?« Meine Mutter machte »psst«, und auf der Heimfahrt erzählten sie mir von all dem Unfug, den Leslie bei ihrem Job an der Ostküste angestellt hatte. Ich war zwar gerade in Italien gewesen, aber sie war die Interessante von uns beiden.
    Viel mehr gibt es, nicht zu sagen, abgesehen von zwei Dingen, die ich gerne loswerden möchte. Das erste Geständnis mache ich nur, weil es das zweite verstehen hilft: Ich bin fett. Dass ich ein dickes Kind war, habe ich schon erwähnt, aber auch als Frau bin ich noch fett.
    So. Vielleicht wollt ihr am liebsten gar nicht mehr über mich wissen. Wer interessiert sich schon für das Leben einer Dicken oder dafür, was in ihrem Kopf vorgeht? Sicher quillt das Fett, ohne dass ich es merke, aus jedem Wort, das ich sage. Selbst Schmalz wenn Kohlehydrate ich Kalorien mich Zucker zu beherrschen Schwein versuche Fleisch  rede Cholesterin ich Sellerie wie

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