Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eleanor Rigby

Eleanor Rigby

Titel: Eleanor Rigby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
tun?«
    »Wien.«
    »Dann also Wien.«
    »Vielleicht hat es etwas damit zu tun, vielleicht aber auch nicht. Sagen Sie, Miss Dunn, waren Sie einmal mit Ihren Klassenkameraden in einer Discothek?«
    »Ja.«
    »Und erinnern Sie sich noch an irgendwelche anderen Schüler dort?«
    »Ja. Sie kamen aus Österreich. Ist das der Grund Ihres Anrufs?«
    »Ja, genau, Miss Dunn.«
    Dann schwieg Rainer, genau wie die Polizisten im Fernsehen, aber durch so etwas lasse ich mich nicht unter Druck setzen, und nach gut fünfzehn Sekunden fragte er: »Gibt es irgendetwas, das Sie mir sagen möchten, Miss Dunn?«
    »Wissen Sie was? Sie haben mich angerufen, also entweder erzählen Sie mir jetzt was, oder ich lege auf.«
    Er sagte: »Wir haben hier einen Mann, einen Klaus Kertesz, der an jenem Abend ebenfalls in der Discothek war. Im Zusammenhang mit einer Reihe von Übergriffen auf Frauen stellen wir Nachforschungen über Mr. Kertesz an. Doch leider kommen wir nicht recht voran. Wir verdächtigen ihn zwar diverser Vergehen, aber stichhaltige Beweise sind nur schwer zu finden.«
    »Was hat das mit mir zu tun? Oder mit der Disco?«
    »Das war reiner Zufall, Miss Dunn. Als Mr. Kertesz zum Verhör hergebracht wurde, haben ihn die Beamten in den Fond des Polizeiwagens gestoßen, was außerordentlich unprofessionell war. Mr. Kertesz musste an der Stirn genäht werden, und er bekam ein paar Schmerzmittel, die ihm die Zunge lösten.«
    Ich überlegte. Eine Überdosis Schmerzmittel zusammen mit Natriumpentothal zu verabreichen ist ein sehr effektives Mittel, um jemanden zum Plaudern zu bringen. Ich fragte: »Und da hat dieser Mann von mir gesprochen?«
    »Ja.«
    »Was hat er denn gesagt?«
    »Er nannte Sie Queen Elizabeth.«
    Ich schwieg.
    »Er wusste, dass Sie aus Vancouver kommen. Er nannte den Namen Ihrer Highschool. So haben wir Sie gefunden. Eigentlich war es ganz leicht. Ihre Freundinnen haben sogar Fotos von Ihrer Klassenreise ins Internet gestellt.«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Geben Sie mal bei Google ROM DISCO LIZ 1976 HIGHSCHOOL KANADA ein, Elizabeth. Sie werden sehen, dass eine Klassenkameradin von Ihnen, Scarlet Halley, dieser Reise diverse Seiten gewidmet hat.«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Das, was Mr. Kertesz den Kollegen gesagt hat, war kein Geständnis, sondern eher eine Provokation. Angeberei.« »Er nannte mich Queen Elizabeth?« »Ist das etwa eine Beleidigung?«
    »Spielt das eine Rolle?« Mich überraschte vielmehr, dass er sich überhaupt noch an mich erinnerte. »Weswegen hat er denn von mir angefangen?«
    »Das ist noch unklar.«
    Bayer verstummte, ein weiteres taktisches Schweigen. Ich tat es ihm nach. Ich versuchte, ein Knistern oder Rauschen in der Telefonleitung zu hören, aber er hätte ebenso gut von nebenan aus telefonieren können — die Verbindung war glasklar.
    Bayer sagte: »Dann erinnern Sie sich also an ihn.«
    »In jener Nacht waren viele Jungs dabei. Woher soll ich wissen, welcher von ihnen das war?«
    »Wir könnten Ihnen ein paar Fotos schicken.«
    »Das wäre ziemlich einfach. Aber was glauben Sie denn, was er mir angetan hat?«
    »Wir haben gehofft, dass Sie uns das sagen könnten, Miss Dunn.«
    »Tut mir leid, aber es ist schon ziemlich bizarr, dass Sie mich mitten in der Nacht anrufen, um mir etwas so Absurdes mitzuteilen. Versetzen Sie sich doch mal in meine Lage.«
    »Ich verstehe, Miss Dunn. Und ich möchte mich noch mal dafür entschuldigen, dass ich Sie zu dieser unmöglichen Zeit gestört habe. Ich wollte nur eine Nachricht hinterlassen.«
    »Haben Sie auch meine E-Mail-Adresse, Mr. Bayer?«
    »Nein.«
    »Sie lautet [email protected] . ›Eleanor Rigby ‹ in einem Wort.«
    »Wie der Beatles-Song?« »Ja. Eleanorrigby.«
    »Ich schicke Ihnen gleich die Bilder.«
    »Was ist, wenn ich den Mann auf den Fotos erkenne — was dann?«
    »Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es so weit ist, Miss Dunn.«
    Mein Mutterinstinkt ließ mich Zurückhaltung wahren. »Nun, ich weiß nicht, was Sie von mir erwarten, aber schicken Sie mir, was Sie haben, und dann sehen wir weiter.«
    »Natürlich.«
    Ich hatte deutlich den Eindruck, Bayer wusste, dass ich ihm etwas verheimlichte, aber da er so wohlerzogen war, wie es typisch für Europäer ist, beließ er es dabei. Ich sagte ihm, ich würde meinen Computer starten und darauf warten, dass die Bilder ankämen. Und das tat ich.

~47~
    Im Leben fügen sich selbst die Fäden, die scheinbar am wenigsten miteinander zu tun haben, am Ende doch zusammen.
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher