Electrica Lord des Lichts
generiert. ©2012
Kapitel 4
W
ütend stieß Black die Tür zu seinem Herrenhaus auf. Die Scharniere ächzten, bis das schwere Eichenportal dumpf gegen die Wand schlug. Sofort kam ein Diener herbeigeeilt, dem er im Vorbeigehen seinen Reitermantel in die Arme wuchtete. Im Salon steuerte er auf einen mit Kristallflaschen gefüllten Serviertisch zu und entkorkte fahrig eine Flasche Maltwhisky. Hinter ihm näherten sich die trippelnden Schritte seines Dieners.
„Steht für heute noch eine Urteilsausführung auf dem Plan?“ Black goss ein Glas voll und schüttete sich den Alkohol in die Kehle.
„Nein, Sir.“
Verdammt. Eine gründliche Auspeitschung hätte ihm jetzt gefallen. Dabei war der Kerker nebenan voller Insassen, deren Aburteilung noch ausstand. Er musste sich die Pläne noch einmal ansehen.
„Verschwinde“, herrschte er den Diener an und wartete, bis die Tür von außen geschlossen wurde. Verfluchtes Weibsbild. Wagte es doch tatsächlich, ihn hinzuhalten. Er war der Sheriff. Eine bessere Wahl konnte das einfältige Ding nicht treffen.
So sehr er sich bemühte, er bekam das Bild nicht mehr aus dem Kopf. Sue Beaton mit geröteten Wangen, während sie die Uferböschung hinaufstieg und hastig ihr Brusttuch in das Mieder schob. Trotzdem hatte er gesehen, was sie zu verbergen versuchte. Was für ein Anblick. Was für eine Liederlichkeit die Damen an den Tag legten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Da hielt man nicht mehr viel auf standesgemäße Kleidung. Das bewies ihm die willige Schankmagd bei seinen regelmäßigen Besuchen stets aufs Neue. Auch vorhin hatte ihr Fenster einladend offen gestanden, doch würden ihre warmen Schenkel ihm heute geringfügigen Trost spenden. Da konnte er auch gleich drauf verzichten. Er grunzte abfällig.
Viel zu sehr nahm nun die üppige Fülle der kleinen Beaton seinen Verstand ein. Bei ihrer nächsten Begegnung würde es ihn noch mehr Mühe kosten, sich zu beherrschen. Nur allzu gern hätte er sie einfach an sich gerissen, ihre Brüste in dem halb offenen Mieder an seinen Körper gepresst. Diese Lippen geküsst, die immer aussahen, als hätte sie gerade Erdbeeren gegessen. Er presste unbehaglich die Oberschenkel zusammen, um seiner Erregung Herr zu werden. Wäre dieser schwachsinnige Narr nicht aufgetaucht, hätte er sich auf der Stelle genommen, was er wollte.
Deutlich hatte er den Hohn in ihren Augen gesehen, auch wenn sie sich noch so freundlich gegeben hatte. Er durchschaute ihre Taktik. Sie wollte Zeit gewinnen. Ihn von seinem Vorhaben abbringen. Sie wusste, dass der Antrag eines Mannes von seinem Stand keine Bitte war, sondern eine Anordnung. Das ganze höfliche Geplänkel war nichts weiter als eine Farce.
Eigenwilliges Frauenzimmer. Ständig widersetzte sie sich seinen Anweisungen. Sie konnte ihre Wäsche ebenso gut dort verrichten, wo es die anderen Frauen taten. Andauernd trieb sie sich am Schloss herum, obwohl sein ausdrücklicher Befehl es jedem in Lochdon verbot, dorthin zu gehen. Er konnte nicht nachvollziehen, warum der düstere Kasten eine solche Anziehungskraft auf sie ausübte, während die meisten Dorfbewohner vor Angst schlotterten, bei der Vorstellung, dem Gebäude nahe zu kommen. Nun, daran war er nicht ganz unbeteiligt. Nicht ohne Stolz nahm er täglich zur Kenntnis, wie seine ausgestreuten Gerüchte sich in den hohlen Köpfen der Bauern festsetzten.
Ein schrilles Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Er hasste dieses metallene Geplärre. Es hörte sich an wie die Schleifgeräusche von hundert Schwertern. Black wandte sich an sein Pult, auf dem die Apparatur stand, die den Lärm verursachte. Er nahm Haltung an und griff nach dem muschelförmigen Gebilde, welches mit einer Schnur an einem mit Drähten und Messingknöpfen verzierten Gerät verbunden war.
„Baron Luthias, ich höre“, sprach er in die Muschel und hielt sie sich sogleich ans Ohr.
„Laufen die Vorbereitungen wie geplant?“
Die Stimme drang unterbrochen von rauschenden Pfeiftönen zu ihm, sodass er den Fernhörer ein wenig auf Abstand halten musste. So wie es der geschwätzige Kerl damals geraten hatte, als er dieses Sprachübertragungsgerät in seinem Haus installierte. Wie diese technische Apparatur funktionierte, begriff Black nicht. Immer wieder schaute er sich im Raum um, weil er nicht glauben konnte, mit jemandem zu sprechen, der sich weit weg irgendwo außerhalb von London befand. Mitunter neigte er jedoch dazu, es seinen Hausdienern gleichzutun, die sich nicht in die
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