Electrica Lord des Lichts
prüfte sie das Wasser nach seiner Temperatur. Es war angenehm warm. Ein seltsames Gefühl, nackt in einem fremden Raum zu stehen. Zu Hause tat sie das nie, sondern wusch sich partienweise an einer Waschschüssel. Überhaupt hatte ihr Zustand den Grad an Erschöpfung übertroffen, sodass sie wie betäubt in die Wanne stieg und sich mit einem Seufzen in die herrliche Wärme gleiten ließ. Sie tauchte den Kopf in das Duftwasser und nahm sich vor, daheim eine Möglichkeit zum Baden zu finden. Mit einem Holzbottich in der Küche könnte es gelingen. Wasser ließe sich am Feuer erhitzen. Was für ein Gefühl, wenn der ganze Körper gewichtslos dahintrieb. Sie lehnte den Hinterkopf an den Rand und schloss genüsslich die Augen.
Cayden hatte sich erst nähren müssen, bevor er seinen Gast aufsuchte, sonst hätte er der pulsierenden Ader an ihrem weißen Hals nicht widerstehen können. Eine Weile stand er da, versunken in der Betrachtung des schlafenden Mädchens im Badezuber. Sie aus dieser Nähe zu sehen, mit ihr zu sprechen, war etwas völlig anderes als sie aus der Ferne zu beobachten. Sie auf gleichermaßen verletzbare wie verlockende Weise zu betrachten, ließ einen Hunger aufsteigen, der nicht so einfach zu stillen war wie sein Blutdurst. Etwas zog sich in seiner Brust zusammen, ließ ihn schwer schlucken.
Sie mochte zwar das Leben einer einfachen Magd führen, doch wirkte sie nicht annähernd so gewöhnlich wie die meisten Bewohner Lochdons. Unter den groben Stoffen ihrer Kleider hatte sich verborgen, was er gerade vor sich sah. Feine Gliedmaßen und makellose Haut. Goldene Zöpfe hingen feucht über den Rand des Zubers. Ein dichter Wimpernkranz warf Schatten auf das von Wärme rosig gewordene Gesicht. Im Schein der Kerzen schimmerten die feinen Wasserperlen wie Tau. An ihre lebhaften, blauen Augen erinnerte er sich sehr wohl, nachdem sie ihn vorhin mit einem flehenden Blick bedacht hatte. Welch überraschendes Juwel das einfache Volk mitunter hervorzubringen vermochte.
Es wäre zu schade, sie wieder zu verlieren, indem er ihrem Wunsch nach Aufklärung eines banalen Todesfalls unter dem Gesinde nachkommen würde. Vielmehr war er daran interessiert, sich genauer anzuschauen, was ihm da in den Schoß gefallen war. Er zog sein Jackett aus, krempelte die Hemdsärmel hoch und griff in das lauwarme Wasser. Als er die junge Frau aus dem Zuber hob, entfuhr ihr ein schläfriges Stöhnen. Plätschernd rann das Wasser an ihrer Nacktheit hinab, tropfte auf seine Schuhe und nässte den Boden. Sie rührte sich sanft in seinen Armen, ihre Lider flatterten. Die Wärme ihres Körpers drang durch den Stoff seines Hemdes, welches überall dort feucht wurde, wo sie ihn berührte. Sie war dabei aufzuwachen. Cayden legte sie sachte auf das Bett. Mit einer fließenden Handbewegung über ihrer Stirn schickte er sie zurück in den Tiefschlaf. Es war so einfach, Einfluss auf das Bewusstsein der Sterblichen zu nehmen undging weit über das hinaus, was dieser Tage als tierischer Magnetismus unter zahlreichen Scharlatanen praktiziert wurde. Tatsächlich waren sich die Menschen nicht im Entferntesten darüber klar, wie nahe ihre Forschungen sie zu der Möglichkeit gebracht hatten, Einfluss auf den Verstand ihrer Zeitgenossen nehmen zu können. Sie verfügten bereits über die Kenntnisse des Fluidums, des Lebensfeuers. Erfahrungsgemäß würden sie noch eine ganze Weile brauchen, um hinter das Geheimnis der Hypnose zu kommen. Cayden stieß einen abfälligen Laut aus. Er hielt nicht viel von Strömen der allgemeinen Flüssigkeiten, welche durch die Nerven auf innerste Organe einfließen und ihre Verrichtungen bestimmen. Für ihn war diese Fähigkeit ein nutzvolles Instrument, sich die Zeit zu vertreiben. Und davon hatte er jede Menge.
Für die schlafende Schönheit benötigte er nicht einmal ihre Aufmerksamkeit. Ein Wink mit der Hand genügte, ihren Schlaf in tiefe Trance zu wandeln. Fasziniert ließ Cayden seinen Blick über ihren Körper streifen. Es war warm im Raum, dennoch hatte sich ihre feine Körperbehaarung aufgerichtet. Sie lag ruhig da und würde nicht bemerken, wenn sie vor seinen Augen erfrieren würde, sondern einfach hinübergleiten in den ewigen Schlaf. Doch so weit wollte er es nicht kommen lassen. Dafür war es zu lange her, dass eine Frau so viel Eindruck bei ihm hinterlassen hatte. Für gewöhnlich erstarrte die Damenwelt bei seinem Anblick erst in stumme Bewunderung, dann in Angst. Ihre glasigen Augen sprachen Bände. Viel
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