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Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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knirschenden Zähne war. Die Erkenntnis über sein kommendes einsames Dasein breitete sich aus wie eine schwarze Wolke. Mühevoll fasste er sich und setzte seinen Weg fort.
    Ein Luftzug kühlte seine Wangen. Beiläufig strich er darüber. Beinahe wäre er erneut aus dem Gleichschritt geraten, als er die feuchten Spuren an seinen Fingerspitzen spürte.

    Obwohl sich Sue hastig an einer Waschschüssel in ihrem Gemach gereinigt und ein schlichtes Kleid angelegt hatte, zog sie unbehaglich die Schulterblätter zusammen. Immer noch glaubte sie, den Geruch von Blacks gierigen Händen an sich zu tragen. Tatsächlich war es ein unruhiges Flattern in der Magengegend, welches sie dazu bewegte, in den Salon zurückzukehren. Sie hoffte, Cayden dort anzutreffen, um sich mit ihm auf die Suche nach Tante Meggie zu machen.
    Einer unheilvollen Ahnung folgend wollte sie ihn vorhin aufhalten. Ein Schatten war über sein Gesicht gehuscht, bevor er sich plötzlich umgewandt hatte. Dabei war es verständlich, dass Cayden sich von Blut und Schmutz reinigen wollte. Sein Ausdruck verbarg aber mehr als das.
    Im Salon servierte Babu Tee und Sandwiches. Sue war nicht aufgefallen, wie hungrig sie war, weil die Bilder vom Kampf zwischen Cayden und dem Sheriff ständig Wellen von Übelkeit erzeugten. Ihre Gedanken kreisten wie ein Wirbelwind durch ihren Kopf. Sie zwang sich zu essen. Dabei konnte sie ihre Beine kaum stillhalten. Ständig fuhr ihr Blick zur Tür. Doch von Cayden war nichts zu sehen.
    Als sie Babu fragen wollte, ob sie den Lord gesehen habe, ertönte ein gellender Schrei. Von weit her schien er zu kommen und warf sein Echo von allen Seiten durch die Gänge wie die Scherben eines zerbrochenen Glases. Sue sprang auf und folgte Babu auf den Flur. Einen Moment tauschten sie irritiert Blicke aus, versuchten zu lokalisieren, aus welcher Richtung der Schrei gekommen war, als er erneut ertönte.
    „Waloja“, rief Babu und schlug die Hände vor den Mund.
    Sue fuhr zusammen, als Cayden wie aus dem Nichts neben ihr auftauchte. Er musste aus dem Gang hinter ihr herbeigeeilt sein. Der erlesene Stoff seines cremefarbenen Gehrocks schimmerte an seinen Schultern, als er nach einem prüfenden Blick auf sie und Babu zur Treppe vorauseilte. Seine Hosen waren ebenfalls in einem hellen Ton gehalten. In der Hand hielt er einen reich verzierten Gehstock. Es fehlte nur der Zylinder, die Reisekleidung zu vollenden. Sues Hals schnürte sich zu.
    „Bei allen Heiligen. Der Turm.“
    Babu zog sie am Ärmel mit. Als sie am Fuß der Treppe ankamen, war Cayden bereits außer Sicht. Sie hastete hinter Babu die geschwungene Turmtreppe empor und stürmte mit klopfendem Herzen in das Laboratorium. Wie angewurzelt blieb sie stehen und starrte zur Glaskuppel hinauf.
    Ein Luftschiff schwebte am nächtlichen Himmel. Die Segel waren gerafft. Dahinter die Sterne, still und kalt wie Diamantensplitter. An Bug und Heck schwebten prall gefüllte Hebeballons. Ein sanftes Leuchten ging von ihnen aus, sie schienen sich aus einem inneren Impuls heraus entgegen dem Wind zu bewegen. Sue konnte den Blick kaum abwenden von dem Schiff, das nicht auf den Wellen der Ozeane, sondern durch die Wolken ritt. Cayden trat neben sie und folgte ihrem Blick.
    „Wie ist das möglich? Die Ballons sehen aus wie Laternen.“ Erstaunt wandte sich Sue an Cayden.
    „Sie sind mit Lichtäther gefüllt. Es verhält sich bei Schwingungen wie ein elastischer Festkörper, was dem Auftriebund der Steuerung zugutekommt.“
    Obwohl seine Stimme sachlich klang, wandte er sich immer wieder um und suchte den Raum ab. Er wirkte so angespannt, wie Sue ihn nie zuvor erlebt hatte. Hinter ihnen stammelte Waloja Unverständliches, während Babu ihm tröstend den Arm um die Schultern legte. Das Luftschiff war sicher nicht der einzige Grund für Walojas aufgebrachtes Verhalten.
    Cayden zog sie nah zu sich und wirkte seltsam distanziert.
    „Es gibt keinen anderen Ausweg.“
    „Was … ich verstehe nicht.“ Ihr Verstand kämpfte mit dem Schrecken. Jetzt war nicht der Zeitpunkt für unverständliche Andeutungen. Doch ehe sie Cayden bitten konnte, ihr zu erklären, was hier vor sich ging, zog er mit einer flinken Bewegung einen Degen aus seiner Gehstockattrappe.
    Hinter ihr ertönte ein fremdartiges Geräusch, als wenn Metall in regelmäßigen Abständen auf Stein schlug und dabei nachschleifte. Es waren Schritte. Langsam drehte sich Sue um. Sogar die Wärme ihres Blutes schien sich davongestohlen zu haben.
    Sie wusste,

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