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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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meisten zu verlieren hatten, standen an seiner Seite. Hier gab es kein Zeichen des Schwankens; ihre Treue war unerschütterlich. »Sehr bald, Jungs!«, rief er ihnen zu. »Ich bin gerade auf dem Weg zu Marschall Hyrgolf.«
    Bei der Erwähnung dieses Namens brachen sie in Freudengeheul aus. Er war einer von ihnen, einer aus ihrer eigenen Art.
    Und da war Hyrgolf; er stand im Eingang zu seiner privaten Kammer; seine breiten Schultern berührten den Türrahmen an beiden Seiten. Er hatte die ledrigen Lippen zu einem anerkennenden Lächeln verzogen, doch die blinzelnden Augen unter dem wulstigen Stirnkamm zeugten von tiefer Besorgnis.
    »Heerführer Tanaros«, brummte er. »Kommt herein.«
     
    Vorax ging an der nordöstlichen Wand der behelfsmäßigen Vorratskammer entlang und berührte die Dinge, die dort aufgestapelt waren: Fässer mit vedasianischem Wein, große, zu hohen Säulen aufgeschichtete Käseräder, die in Sackleinen eingewickelt waren, Weizensäcke, Wurzelgemüse in Büscheln. Es war so viel, dass es nicht innerhalb von Finsterflucht gelagert werden konnte, sondern draußen vor den Mauern einen Platz gefunden hatte. Die geräumige Höhle war zum Bersten gefüllt.
    Und all das war sein Werk.
    Er war stolz darauf. Hierin lag kein Ruhm, kein Glanz, dafür aber etwas noch Besseres: Lebenserhalt. Gierschlund nannten ihn Haomanes Verbündete. Sollten sie doch. Er hatte sich seinen gesunden Appetit verdient und auch das Recht, ihm nachzugeben. Seit tausend Jahren sorgte Vorax für den Lebenserhalt. Das Essen fiel nicht einfach auf den Teller und bettelte darum, verspeist zu werden, egal wer man war: Bauer, Fürst der Riverlorn oder einer der Drei.

    Nein, man musste es sich besorgen. Irgendwo, irgendwie. In Stakkia hatte jedermann das verstanden. In den Bergen des Nordens gedieh nur sehr wenig. Neheris hatte bei der Erschaffung ihres Landes nicht an die Menschen gedacht. Es gab Fische und Wild, und man züchtete Schafe und Ziegen. Doch es war nie genug, nicht für all die Menschen, die in Stakkia lebten. Also mussten sie Handel treiben, aber sie hatten nur sehr wenig, womit sie handeln konnten. Es war ein schönes und stolzes Leben in den Bergen, aber es war auch hart. Es machte hungrig, und es machte gerissen.
    Und Vorax war der Hungrigste und Gerissenste von allen. Er hatte den Handel abgeschlossen, der alles Handeln beendete – und er hatte seinen Teil des Vertrags erfüllt. Stakkia hatte davon nur profitiert, und für Finsterflucht war es gedeihlich gewesen. Der Verrat der stakkianischen Fürsten, die durch den Galäinridder aufgewiegelt worden waren, war der einzige Schandfleck in seiner Bilanz, und darum hatten sie sich rasch und unwiderruflich gekümmert. Er hatte sich das Recht verdient, stolz sein zu dürfen.
    »Siehst du das hier, Traumspinner?« Er klopfte mit seiner fleischigen Hand gegen ein Käserad. Es verursachte ein lautes Echo in der gewölbten Höhle. »Wir könnten die Fjel einen ganzen Monat lang nur mit Käse ernähren!«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dir dafür dankbar wären«, murmelte Uschahin, der sich wieder in seinen Schafswollmantel gewickelt hatte. Die Vorratskammern von Finsterflucht lagen so tief in den Bergen von Gorgantum, dass es selbst im Hochsommer kühl hier war. Das war kein Fjel-Werk, sondern ein Teil des Tunnel-Systems, von dem die Legende erzählte, es sei von den Drachen angelegt worden.
    »Das würden sie, wenn ihre Mägen knurren«, sagte Vorax sachlich. »Und dazu wird es kommen, falls es eine lange Belagerung werden sollte. Wer hat übrigens die Herden beschafft, die ihnen Lammfleisch geben?«
    »Möchtest du, dass ich dein Loblied singe?« Das Halbblut zitterte. »Ich würde gern von hier verschwinden, Stakkianer.«
    »Wie du willst«, grummelte Vorax und machte sich wieder daran,
die Weinfässer zu zählen. »Dritte Reihe, fünftes Fass … hier.« Er griff zwischen zwei hölzerne Fässer und zog ein kleines, dreimal in Wachstuch eingeschlagenes Paket hervor, das er auf den Steinboden warf. »Ich musste eine Menge dafür zahlen, Traumspinner. Bist du sicher, dass wir es wirklich zerstören sollten?«
    »Ich bin sicher.« Uschahin hockte sich neben das Paket und neigte den Kopf. Die Spitzen seines hellen Haares strichen über den Boden. Er schaute mit seinen verschiedenfarbigen Augen auf. »Wir hatten die Gelegenheit und haben sie ergriffen. Die Zeiten haben sich geändert. Willst du wirklich das Risiko eingehen, dass Tanaros es findet? Er stellt schon

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