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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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die den Rabenturm umkreiste, war das alles, was der Rabenspiegel zeigte.
    Das hatten sie schon zuvor in einzelnen, voneinander getrennten Bildern gesehen, doch jetzt wurde es in seiner Gesamtheit deutlich. Das Versprechen des roten Sterns war in Erfüllung gegangen. Am Rande der Ebene von Curonan hatten sich Haomanes Verbündete zu einer Armee zusammengeschlossen, wie sie seit dem Vierten Zeitalter der Gespaltenen Welt nicht mehr zu sehen gewesen war.
    Vielleicht nicht einmal damals, dachte Tanaros, als er beobachtete, wie sich die Bilder formten. Zwerge . Yrinnas Kinder, die Frieden gehalten hatten seit der Zeit vor der Spaltung der Welt. Sie hatten der Gabe des Fürsten Satoris den Rücken zugekehrt, hatten sich geweigert, ihre Zahl zu erhöhen, hatten sich geweigert, am Krieg der Schöpfer teilzunehmen, und sich stattdessen um die Fruchtbarkeit der Erde gekümmert – um die Wohltaten, die Yrinnas Gabe hervorbrachte.
    Jetzt nicht mehr.
    Er starrte sie im Rabenspiegel an: kleine Gestalten, aber stämmig,
knorrig und verwittert wie uralte Wurzeln. Sie schritten neben den leuchtenden Rittern von Vedasia durch das hohe Gras. Ihre starken Hände hatten sich um Äxte und Sensen geschlossen, gut geeignet, um Getreide – und Fleisch – zu mähen. Was hatte sie in den Krieg getrieben?
    » Malthus «, flüsterte Fürst Satoris und ballte die Fäuste. »Was hast du getan?«
    Malthus der Gesandte war bei ihnen. Der klare Edelstein strahlte auf seiner Brust; den Speer des Lichts hielt er aufrecht in der Hand. Er war da; alle waren da. Aracus Altorus, der unter den alten Insignien seines Hauses ritt; Blaise Caveros war neben ihm, aufrecht und treu. Da waren die Grenzwächter von Curonan in ihren graubraunen Mänteln und all die anderen: Pelmaraner in Waldgrün, Herzog Bornin von Seefeste in Blau und Silber und eine zusammengewürfelte Schar anderer Krieger. Mittländer, Freie Fischer, arduanische Bogenschützen. Ach, so viele! Ingolin der Weise und seine Riverlorn-Schar, die sich ernst der Herausforderung stellten. Es war für sie alle nicht länger möglich, sich zu verstecken. Nicht jetzt, nicht mehr. Sogar die Bogenschützen achteten nicht auf die kreisenden Raben. Sie verschwendeten ihre Pfeile nicht, sie verbargen nichts.
    Sie kamen und teilten dabei das hohe Gras.
    »Kommt«, lockte Fürst Satoris sie. » Kommt .«
    Der Rabenspiegel drehte und drehte sich, und in ihm spiegelten sich auch die Raben selbst, ein doppelt gespiegeltes Bild dunkler Schwingen in einer flatternden Wolke, getragen auf einer glänzenden Strömung dunkler Flügel. Tanaros runzelte die Stirn und blinzelte, dann verstand er. Sie hatten sich an dem Haufen der stakkianischen Toten genährt, die auf der Ebene zurückgelassen worden waren, damit Haomanes Verbündete sie dort fanden. Da waren die kopflosen Leichen, aufeinandergestapelt und verlassen. Und da waren Haomanes Verbündete, welche die Botschaft lasen, die er in den Markierungsstein geritzt hatte. Eine Welle lief durch ihre Reihen. Da war Malthus, der besorgt den Kopf neigte, seinen Edelstein packte und ein Gebet murmelte, während rotes Licht zwischen seinen Fingern hindurchblitzte. Da war Aracus Altorus,
der sich ihnen zuwandte, sein Schwert zog und heftige Worte ausstieß, vielleicht einen Racheeid.
    Vorax leckte sich über die trockenen Lippen und schaute an Tanaros vorbei. »Wie weit sind sie entfernt?«
    »Einen Tagesritt«, sagte Tanaros. »Bei ihrer Geschwindigkeit vielleicht auch zwei.« Er starrte gebannt auf das Bild im Rabenspiegel und versuchte zu entscheiden, wen von den beiden er am meisten verachtete. War es Aracus Altorus mit seinem überheblichen Blick und Calistas treulosem Blut in seinen Adern? Oder Malthus der Gesandte, Haomanes Waffe, der Schmied dieses Krieges? Oder vielleicht Ingolin der Weise, der Fürst der Riverlorn? Welch eine Ehre war es, dass er sich dazu herabgelassen hatte, sein Volk in die Schlacht zu führen, und wie bewusst er sich dessen war!
    Und dann war da noch Blaise von der Grenzwacht – sein eigener Verwandter, auch wenn sie durch viele Generationen getrennt waren. Wie stolz er war, die rechte Hand des Erben von Altorus zu sein! Wie entschlossen er war, den Verrat seines Vorfahren wiedergutzumachen! Tanaros kniff die Augen zusammen, beobachtete den Grenzwächter in seinem Sattel und die Art, wie dessen Hand über dem Griff seines Schwertes schwebte, und versuchte seine Fähigkeiten einzuschätzen.
    »Du bist besser als er, nicht wahr?«, murmelte

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