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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Tanaros. »Auch ich war immer besser als Roscus. Aber wir müssen in den Positionen bleiben, in die wir hineingeboren wurden, nicht wahr?« Hass wand sich wie eine Schlange in seinen Eingeweiden. »Alles muss seine Ordnung haben«, sagte er verbittert. »Und die Ordnung muss so bewahrt bleiben, wie es der Gedankenfürst vorschreibt.«
    » Haomane .« Unter der tiefen Stimme des Schöpfers erzitterten sogar die Steine. Er stand in der Mitte des Turmes und stieß ein freudloses Lachen aus. »Genug! Ich habe genug gesehen.«
    Der Rabenspiegel zerstreute sich.
    »Ihr wisst, was ihr zu tun habt.« Fürst Satoris wandte sich ab. »Bereitet euch vor.«
    Ein beträchtliches Gewicht senkte sich auf Tanaros’ Schulter. Er zuckte zusammen und sah Brings schwarze und perlenartige Augen
ganz nahe vor sich. Es hatte diesmal keines der beunruhigenden Doppelbilder gegeben. »Bring!«, rief er aus und empfand unerwartet Freude. »Ich wusste nicht, dass du hier bist.«
    Der Rabe fuhr mit dem Schnabel über sein Wams. Seine Gedanken streichelten die von Tanaros. Gras, ein Meer aus Gras, ein rascher Flug über die Ebene von Curonan … und was noch? Eine Regung, eine Duftranke in den hohen Luftströmungen. Wasser, so viel frisches Wasser, wie der Rabe nie zuvor gesehen hatte; der träge Gorgantus, die brodelnden Wogen des Weißflusses, das breite, leuchtende Band des Aven. Ein verborgener stakkianischer See, ein blaues Auge, in dem sich der Himmel widerspiegelte; ein Wasserloch in der Unbekannten Wüste; Regen, der in grauen Schleiern niederging.
    Wasser, mineralreich, duftend nach Leben.
    Wachsendes Grün.
    Tanaros schluckte. »Warum berichtest du mir das alles?«
    Die Gedanken des Raben flackerten, und die Ebene rauschte ihm entgegen; das raschelnde Gras wurde immer höher. Rascheln. Etwas glitt durch das Gras, eine Viper, die sich über den Rand einer steinernen Einfassung schlängelte. Nein. Ein geflochtenes Seil, das im Boden verschwand.
    Nun war es fort, und da waren nur noch der Wind und die Ebene, und dann waren auch diese nicht mehr da, und es gab nur noch Bring, dessen Krallen in Tanaros’ Schulter stachen. Der Fürst war gegangen, und auch Vorax. Allein Uschahin war im Rabenturm geblieben; sein neues Schwert hing in einem seltsamen Winkel an seiner Seite herab, und Angst glitzerte in seinen verschiedenfarbigen Augen.
    »Du hast es gesehen?«, fragte Tanaros heiser.
    »Ja.«
    Tanaros presste sich die Handballen gegen die Augen. »Sagen wir es dem Fürsten?«
    »Das musst du entscheiden, Vetter.« Uschahins Stimme klang ruhig. »Du weißt genau, wozu ich raten würde.«
    » Nein .« Tanaros senkte die Hände. Auf seiner Schulter stieß
Bring ein unangenehmes, tiefkehliges Kichern aus. »Sie hat damit nichts zu tun, Traumspinner.«
    Uschahin zuckte die Schultern und erwiderte nichts darauf.
    »In Ordnung.« Tanaros holte tief Luft. »Ich werde es ihm sagen.«
    Er machte sich auf den Weg durch die Festung und folgte dem Weg des Fürsten. Zu seiner Überraschung blieb Bring auf seiner Schulter; es war ein vertrautes und tröstliches Gefühl. Dort, wo der Schöpfer entlanggegangen war, hing seine Gegenwart noch in der Luft; es war der kupferig süße Geruch von Blut, vermischt mit einem Gefühl drohenden Donners. Als Tanaros sich der dreiflügeligen Tür zur Brunnenkammer näherte, fühlte er sich, als schwämme er in dieser Gegenwart, und sein gebrandmarktes Herz schmerzte vor Liebe und Kummer. Durch die Tür hindurch hörte er den Befehl des Fürsten.
    »Komm herein, Schwarzschwert.«
    Die strahlende Helligkeit des Brunnens biss in seine Augen. Er wandte das Gesicht ab, blinzelte und berichtete dem Fürsten Satoris, was er in Brings Gedanken gespürt hatte. Im Turm war es für ihn eine schreckliche Sorge gewesen, mit der er den Fürsten unbedingt belasten musste, doch als er nun die Worte aussprach, erschienen sie ihm närrisch.
    »Ein Geruch«, sagte der Schöpfer nachdenklich. »Ein Seil.«
    »Mein Fürst, ich glaube, es war der Geruch, den das Wasser des Lebens verströmt«, sagte Tanaros und erinnerte sich dabei an den Brunnen der Welt. »Und das Seil … das Seil ist von einem Yarru geflochten worden. So eines habe ich schon einmal gesehen.« Er war dankbar für das Gewicht des Raben auf seiner Schulter, das ihm Standfestigkeit verlieh. »Mein Fürst, ich fürchte, der Träger ist auf dem Weg nach Finsterflucht.«
    »Ja.« In der Dunkelheit hinter dem Brunnen seufzte der Schöpfer, und die Schatten schienen mit ihm zu

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