Elegie - Fluch der Götter
herum und fluchte erneut, als er sah, was auf dem Schlachtfeld geschah. Die in Bewegung geratene Erde war auf der Seite von Haomanes Verbündeten und trug sie. Die Infanterie zog sich gegen seine Nåltannen zusammen, deren Zahl durch den Ausfall, den Tanaros befohlen hatte, stark dezimiert war. Irgendwo sang Oronins Bogen; in der sumpfigen Erde feststeckende Gulnagel versuchten vergeblich, sich freizukämpfen, und hielten ihre Schilde hoch, als die Bogenschützen sie einkreisten. Die Riverlorn ritten auf dem Kamm der Erdwoge und fielen über die Tungskulder her. Tanaros war gezwungen, tatenlos zuzusehen, wie die Schar der Ellylon auf seine geliebten Fjel zupreschte.
» Hyrgolf! «
Das Wort entrang sich ihm in einem rauen Keuchen. Hyrgolf
wusste, was geschehen war und was noch geschehen würde. Er hatte beschlossen, sich dem Angriff zu stellen und seinen Jungs dadurch mehr Zeit zum Rückzug zu verschaffen. Tapfer stand er knietief in der plötzlich zum Sumpf gewordenen Erde und bleckte seine Augenzähne in einem grimmigen Grinsen. Es brauchte vier Ellylon, um ihn zu Fall zu bringen, und einer davon war Fürst Ingolin persönlich, der den tödlichen Schlag führte. Hyrgolf starb mit einem friedlichen Seufzen und fiel der Länge nach auf das zertrampelte Gras der Ebene, während ihm der letzte Rest seines Lebens aus der aufgeschlitzten Kehle sickerte.
Tanaros fluchte und schlug mit seinem schwarzen Schwert nach allen Seiten auf die herankommenden Feinde ein. Er trat mit den Absätzen in die Flanken seines Pferdes und trieb es gnadenlos auf festeres Land. Ohne nachzudenken ritt er dahin, folgte den wogenden Erdkämmen und tötete, was sich ihm in den Weg stellte.
»Rückzug!«, brüllte er, packte den nächsten Fjel und schob ihn in Richtung Festung. »Rückzug nach Finsterflucht!«
Über ihnen kreisten und krächzten die Raben.
Jemand nahm den Ruf auf, dann noch jemand und noch jemand. » Rückzug! Rückzug! Rückzug! «
Es lag nicht in der Natur der Fjel, sich zurückzuziehen. Einige gehorchten trotzdem; die Disziplin, die sie bei Tanaros gelernt hatten, wirkte noch. Doch anderswo wurde der Kampf bis zum schrecklichen Ende weitergeführt, und die Fjel kämpften mit bitterem, blutigem Grinsen. Und viele, zu viele, wurden von der heimtückischen Erde festgehalten; es blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu kämpfen und zu sterben.
Tanaros weinte; er bemerkte kaum, wie die Tränen unter dem Gesichtspanzer seines Helms herunterliefen und sich mit seinem Schweiß vermischten. Am fernen Rand des Schlachtfeldes hielt er an und beobachtete die taumelnden Reihen der Fjel, die an ihm vorüberschritten. Hier war die Erde noch fest; selbst mit Malthus’ Hilfe reichte Aracus’ Macht nicht so weit.
Aber ihr Radius war groß genug.
Die Hörner der Riverlorn erklangen, und eine Kompanie löste
sich und verfolgte die fliehenden Überreste der Armee von Finsterflucht. Sie kamen rasch herbei, trugen ihre Standarten hoch, ihre Rüstungen glitzerten unter dem Schlamm, und hier und da erkannte Tanaros die graubraunen Umhänge der Grenzwacht. Und in vorderster Reihe befand sich die Standarte von Ingolin dem Weisen, dem Fürst der Riverlorn.
»Geht!«, rief Tanaros den Fjel auf dem Rückzug zu. »Geht, geht, geht !«
Sie liefen und taumelten, waren langsam, waren verwundet, kamen an der Nachschubkolonne vorbei, die Vorax so eifrig zusammengestellt hatte. Jetzt war sie nutzlos. Tanaros schob diese Erinnerung beiseite und warf einen Blick hoch zum Himmel. »Ein letzter Dienst«, flüsterte er und versuchte, Brings geflügelte Gedanken zu erwischen. »Ein letztes Mal, mein Freund.«
Er wendete sein Reittier und griff die anrückende Kompanie an. Das schwarze Pferd aus Finsterflucht war nicht das, welches er jahrelang ausgebildet hatte, aber es trug ihn trotzdem willig in die Schlacht und galoppierte nun mit aller Furchtlosigkeit seines stolzen, bösen Herzens.
Eine dunkle Wolke senkte sich vom Himmel herab.
Schwarze und glänzende Flügel flatterten überall um ihn herum. Es war, als ob er sich im Mittelpunkt des Rabenspiegels befände, aber der Weg vor ihm war noch deutlich zu erkennen. Tanaros sah, wie sich Besorgnis auf die Gesichter seiner Feinde legte. Und dann waren die Raben bei ihnen, krächzten, nahmen ihnen die Sicht, schlugen mit Flügeln und Krallen nach ihnen.
In diesem Chaos stieß Tanaros hart und heftig zu. Blaue Funken stoben, und Metall kreischte, als sein schwarzes Schwert die Ellylon-Rüstung durchbohrte
Weitere Kostenlose Bücher