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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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durch Finsterflucht wie ein schwarzer Sturm.
    Das Entsetzen über seine Ankunft pflanzte sich deutlich spürbar durch die ganze Festung fort. Die Finsterflucht-Wächter eilten aus ihren fernsten Quartieren herbei und stolperten in ihrer Hast übereinander. Seine schrecklichen Neuigkeiten brachten sie kurz zum Schweigen, und er musste sie zweimal anschreien, bevor sie ihm sagen konnten, was sich während seiner Abwesenheit zugetragen hatte.
    Zwei Menschen, Versengte, die Irrlinge haben einen von ihnen gefangen …
    Er vergeudete wertvolle Minuten damit, in den Kerker zu eilen, die schlüpfrigen Stufen hinunterzuhasten in der Hoffnung, den Versengten zu sehen, den die Irrlinge ergriffen hatten. Die unangenehme Erinnerung an den mit aufgeplatzten Lippen grinsenden Speros in Ketten beschlich ihn. Aber es war nicht Speros, es war auch nicht der Träger. Es war der andere Yarru, sein Beschützer. Er war an die Wand gefesselt, zerkratzt, durchgeprügelt, blutig; er hing schlaff da, hatte nicht einmal mehr die Kraft, sich zu regen, als Tanaros eintrat. Die Fjel waren nicht gerade sanft mit ihm umgegangen. Nur das leichte Heben und Senken seines Brustkorbs zeigte an, dass er noch lebte.
    »Wo ist der Junge?«, fragte Tanaros und stieß ihn an. » Wo ist der Junge? «
    Der Gefangene war nicht in der Lage, den Kopf zu heben. Er gab lediglich einen erstickten Laut von sich. »Mörder«, sagte er langsam und undeutlich. »Wo wohl?«
    Tanaros fluchte und hetzte aus dem Kerker; er nahm jeweils zwei Stufen auf einmal.

    Er rannte hinter die Mauern, durch die gewundenen Gänge in der stärker werdenden Hitze zum Abgrund. Er wusste genau, wohin er gehen musste. Die Irrlinge hatten sich zerstreut, hatten ihre Orte hinter den Mauern verlassen, versteckten sich vor seiner Wut und vor den schrecklichen Neuigkeiten. Hier waren nur noch die Hitze, die von blau-weißem Licht durchzuckte Finsternis und der Abgrund, der vor ihm wie eine klaffende Wunde gähnte.
    Er spähte über den Rand.
    Tief unten stieg eine kleine, dunkle Gestalt mühselig hinab.
    Tanaros richtete sich auf und zog seine gepanzerten Handschuhe aus. Mit flinken Fingern entledigte er sich auch seiner übrigen Rüstung, Stück für Stück. Als er sich bis auf das Unterhemd entkleidet hatte, legte er seinen Schwertgürtel wieder an und kletterte hinunter in den Abgrund.
    Es war heiß. Es war schrecklich heiß, sengend heiß. Die Luft brannte in seiner Lunge, und das blau-weiße, grelle Licht blendete ihn. Er kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und zwang sich, die Hitze nicht zu beachten. Es war möglich. Er hatte es in der Unbekannten Wüste geschafft. Er war einer der Drei, und er konnte es wieder schaffen.
    Die Angst machte seine Glieder flink. Seine Hände und Füße bewegten sich rasch und sicher und fanden Halt. Er wagte viel, unnötig viel, und zog sich Risse und Schürfwunden zu. Das Schlimmste wäre zu versagen, weil er so langsam war — wenn er den halben Weg zurückgelegt hätte und sehen müsste, wie das Feuermark plötzlich erlosch.
    Doch es geschah nicht.
    Tanaros erreichte den Grund und sah, warum.
    Die Quelle, die wahre Quelle lag in einiger Entfernung hinter der klaffenden Öffnung. Sie war nicht sehr groß, nicht größer als der Durchmesser des Weltenbrunnens. Sie ähnelte ihm in Umriss und Größe, ein rundes Loch in den Fundamenten der Erde selbst.
    Doch von dort loderte das Feuermark in einer festen blau-weißen Säule empor. Hoch oben verschwand die Flamme durch eine Öffnung in der Decke. Das war der Brunnen, dachte Tanaros und
erkannte, dass er sich unmittelbar unter den Gemächern des Fürsten befand. An anderen Stellen verbreiterte sich das Feuermark zu einem blau-weißen Inferno; die Flammen erhellten den Abgrund, leckten an den Wänden entlang, sanken in sie ein und verschwanden in zahllosen Verästelungen glühender Adern.
    Und am Rande der Quelle stand der Träger.
    Es war der Junge, der Versengte, den er im Marasoumië gesehen hatte. Er hatte die Hand um die kleine Tonflasche geschlossen, die an seinem Hals hing, und auf seinem Gesicht zeichnete sich reines Entsetzen ab. Als sich Tanaros ihm näherte, streckte er die freie Hand aus.
    »Zurück!«, warnte er.
    »Dani«, sagte Tanaros sanft. Er erinnerte sich an den Namen, war immer schon gut darin gewesen, Namen zu behalten. Malthus der Gesandte hatte ihn damals genannt. Und auch Ngurra, den Tanaros getötet hatte. »Was willst du hier tun, Junge?«
    Trotz der Hitze zitterte der Junge. Seine

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