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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Ring, in den ein blasser und glühender Mondstein eingelassen war. Als Meara zusah, verdunkelte sich der Stein und nahm eine unbarmherzige schwarze Färbung an.
    Wenn dieser Stein hätte sprechen können, dann hätte er nur ein einziges Wort gesagt: Gift .
    »O Meara!« Die Stimme der Hohen Frau war voller Trauer. »Warum?«
    »Was ist los, Herrin?« Meara hastete vor und verachtete sich selbst für ihre Zögerlichkeit und die Reue, die sie empfand. Sie setzte den Deckel auf die Schüssel, und das Gift verschwand. »Ist die Suppe nicht nach Eurem Geschmack?«, fragte sie und täuschte Besorgnis vor. »Thom hat nur ein neues Rezept ausprobiert. Wenn Ihr sie nicht mögt, bringe ich Euch eine andere.«
    »Meara.« Nur dieses ausgehauchte Wort: ihr Name. Das gesamte Licht im Raum, das gesamte Licht von Finsterflucht leuchtete nun in den Augen der Hohen Frau. Sie seufzte; es war ein Seufzer unaussprechlicher Müdigkeit, und sie neigte den Kopf. »Was muss ich tun?«
    »Ich weiß nicht«, flüsterte Meara und sank auf die Knie. »Hohe Frau …«
    »Vielleicht sollte ich die Suppe trinken.« Cerelinde betrachtete den schwarzen Edelstein an ihrem Finger. »Bist du dieser Meinung, Meara? Es wäre schließlich die einfachste Lösung. Wenn ich nicht mehr bin, würde all dies enden.« Ihr Blick richtete sich auf Meara. »Wäre das das Beste, Meara von Finsterflucht?«
    »Ich weiß es nicht!« Die Worte brachen im Schmerz aus ihr hervor; sie hob den Kopf und ertrug die schreckliche Schönheit von Cerelindes Blick. »Ich weiß es nicht.«
    »Vielleicht sollte ich es wirklich tun«, sagte die Hohe Dame leise. Sie hob den Deckel von der Schüssel und ergriff wieder den Löffel.
    »Nein!« Meara schoss vor und nahm ihr das Tablett weg. Die
Hohe Dame berührte sie an der Wange. Die Haut ihrer Hand war glatt, unmöglich glatt, und ihre Berührung hinterließ ein Brennen von kaltem Feuer. Ein bodenloser Abgrund lag in ihren leuchtenden Augen.
    »Ah, Meara!«, sagte sie. »Siehst du, es steckt noch Gutes in dir, obwohl der Weltenspalter dich verdorben hat. Ich wünschte, ich könnte dich heilen. Es tut mir leid, dass ich nur diese armselige Riverlorn-Magie anbieten kann, die lediglich für einen Moment Erleichterung gewährt. Aber fasse Mut, denn noch ist nicht alles verloren. Solange das Gute existiert, gibt es Hoffnung. Was ich nicht tun kann, vermag vielleicht der Weise Gesandte Malthus zu vollbringen. Er könnte dich heilen – euch alle. Er könnte euch wieder ganz machen, so wie Urulat selbst ganz gemacht werden könnte.«
    Worte, weitere Worte, spannen sich zu Antwortsträngen aus und erfüllten Mearas Kopf, bis das Muster ihrer Gedanken genauso verworren war wie die Fäden in der Weberkluft. Sie wollte der Hohen Dame sagen, dass es zu spät war, dass sich Malthus schon längst um sie gekümmert haben sollte, anstatt sie der Vergessenheit anheimzugeben. Dass sie die einzige Liebe gewählt hatten, die ihnen je angeboten worden war, dass Uschahin Traumspinner sie verstand, denn er war einer von ihnen, ja, auch Fürst Satoris war das, in all seiner verwundeten Majestät. Und dass aller Stolz Dummheit war: der Stolz der Ellylon, der Menschen und, ja, auch der Stolz der Schöpfer. Dass sie alle die Dummheit gewählt hatten, die sie am besten verstanden. Irrsinniger Stolz, Stolz eines Irrlings, der gebrochen, aber nicht vergessen war.
    So viele Worte, aber nicht eines kam heraus.
    Stattdessen kam etwas anderes: Wut, die wie ein schwarzer Wind aus den Eingeweiden von Finsterflucht aufstieg. Fürst Satoris wusste es, Fürst Satoris war wütend. Die Anwendung von Ellylon-Magie hatte ihn alarmiert. Meara spürte, wie der Boden unter ihren Sohlen vibrierte. Seine Wut schwoll an, kroch über ihre Haut, und sie erzitterte und wollte sich kratzen. Der Deckel auf der Schüssel klapperte, während sie das Tablett in den Händen hielt.
    » Traumspinner! «

    Dieses Brüllen erschütterte die Grundfesten von Finsterflucht. Es blies durch Mearas Gedanken, zerriss sie zu Fetzen, bis die Irrlingsfrau nur noch Schrecken empfand. Das Versprechen von Fürst Uschahins Schutz vermochte sie kaum mehr zu beruhigen.
    Die Hohe Frau Cerelinde spürte es. Meara wusste es genau; ihr Gesicht war blutleer und so weiß wie der frisch aufgestiegene Mond. Doch sie erbebte nur sehr schwach, und das Mitleid in ihrem Blick verschwand nicht. »Also ist es Uschahin der Fehlgezeugte, der mich tot sehen will«, murmelte sie. »Er benutzt seine Diener auf grausame Weise,

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