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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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wusste, wer es war. Aber sie würde es nicht sagen. Tanaros starrte sie an und begriff. Er kannte sie, und es war ihm klar, dass sie diejenigen zu schützen versuchte, die sie als geringere Wesen ansah, und dafür hasste und liebte er sie zugleich. Seine Frau hatte ihm die gleiche Lüge erzählt, um ihr ungeborenes Kind zu schützen, aber er hatte die Wahrheit in der Miene des Kindes gesehen und sie in den Augen seiner Frau gelesen. Doch so konnte er mit der Hohen Frau der Ellylon nicht umgehen.
    »Also gut.« Er deutete mit seinem Schwert auf Speros. »Sorge für ihre Sicherheit, Mittländer. Das ist der Wille des Fürsten.«

    »Das werde ich, Heerführer«, sagte Speros gepresst und verneigte sich tief.
    »Gut.« Tanaros steckte das Schwert wieder in die Scheide und drehte sich auf dem Absatz um. Der Schrei war aus der Thronhalle gekommen. Tanaros wusste nicht, ob der Fürst ihn gerufen hatte oder nicht; er fühlte sich einfach nur gezwungen, zu ihm zu gehen. Seine Rüstung klapperte unter der Hast seiner Schritte; die schwarz lackierte Oberfläche warf das Licht zurück, das die Adern des Feuermarks in heftigem blau-weißem Gleißen verströmten. Die Wächter mussten sich anstrengen, um mithalten zu können.
    Als er sich den massiven Türen näherte, auf denen der Krieg der Schöpfer dargestellt war, öffneten die beiden wachhabenden Mørkhar-Fjel sie sofort. Eine schlanke Gestalt taumelte zwischen ihnen hindurch, überquerte die Schwelle, fiel mit gebeugtem Kopf schwer auf die Knie und hielt sich den rechten Arm fest. Dünnes, silbriges Haar verbarg sein Gesicht.
    »Traumspinner«, sagte Tanaros harsch.
    Unter Mühen hob Uschahin den Kopf. Sein Gesicht war ausgemergelt und knochenweiß. Seine Stimme klang rau. »Vetter.«
    Der Griff des schwarzen Schwertes pulsierte unter Tanaros’ Hand. Zum zweiten Mal konnte er sich nicht erinnern, es gezogen zu haben. Er atmete langsam und zwang sich, es loszulassen. Wenn Uschahin noch lebte, bedeutete das, dass der Fürst ihn nicht tot sehen wollte. Er blickte in das schmerzverzerrte Gesicht des Halbbluts und bemühte sich, durchzuatmen und ruhig zu werden. »Das war sehr dumm. Selbst für dich.«
    Uschahins Mundwinkel zuckte. »So scheint es.«
    »Was hat er dir angetan?«
    Uschahin streckte langsam den rechten Arm aus. Während er den Ärmel aufrollte, zuckten seine Gesichtsnerven unter dem Schmerz. Die rechte Hand war zur Faust geballt; die Nägel hatten sich in die Handfläche gebohrt. Er öffnete die steifen Finger, und Schweiß trat ihm auf die Stirn.
    Der Arm war unverletzt; mehr noch, er war schön. Stärke und Anmut hielten sich in den angespannten Muskeln und den schlanken
Sehnen das Gleichgewicht. Die Haut war milchig weiß und makellos. Ein kleiner Schattenpfuhl lag unter der Erhebung des Handgelenks. Seine Hand war eine Studie der Eleganz; die Handfläche war schmal, die Finger waren dünn und liefen spitz zu, nur die blutigen Halbmonde dort, wo sich die Nägel ins Fleisch gegraben hatten, beeinträchtigten die Vollkommenheit.
    »Der Fürst ist gnädig«, sagte Uschahin angespannt. »Er erlaubt mir, seine Bestrafung zu erdulden, damit meine Irrlinge ihr entgehen können.«
    Tanaros starrte ihn verblüfft an. »Das ist eine Bestrafung?«
    Uschahin lachte stumm. »Er hat meinen Schwertarm geheilt, damit ich an deiner Seite kämpfen kann, Vetter.« Schweißperlen sammelten sich und rollten über sein Gesicht. »Du wirst mir beibringen müssen, wie man ein Schwert hält.«
    Tanaros schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
    »Zuerst hat er ihn gebrochen.« Uschahin leckte sich die Lippen, die vom Schreien ausgedörrt waren. »Zoll für Zoll, Knochen für Knochen. Er hat sie zu Splittern zermahlen und dann neu geformt, so langsam, wie er sie zerstört hat. Wird es dir jetzt etwas klarer?«
    »Ja.« Tanaros schluckte und kämpfte gegen eine Welle der Übelkeit an. »Allerdings.«
    »Gut.« Uschahin schloss kurz die Augen. »Du hattest recht, es war dumm. Nicht der Versuch selbst, sondern die Auswirkungen.« Er öffnete die Augen. »Er hat sich dazu der Macht des Gottestöters bedient, Tanaros, und dabei einen Teil seiner eigenen Kraft aufgebraucht. Ich hätte nicht das Risiko eingehen dürfen, ihn zu so etwas herauszufordern. Er kann nur sehr wenig Kraft erübrigen.«
    »Traumspinner.« Tanaros’ Wut hatte sich verflüchtigt. Er betrachtete Uschahin, seufzte und streckte die Hand aus. »Steh auf.« Trotz der Zuckungen, die Uschahin noch immer durchliefen,

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