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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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aushalten.«
    »Gut.« Lilias biss sich auf die Lippe und schluckte schwer. Die Lüge, gerade ausgesprochen, schien ihr noch im Hals zu stecken. Aber was hätte sie anderes tun können? Haomanes Verbündete mochten ihr gnädiger sein, wenn sie sich ergab, aber sie würden ihr gegenüber kein Mitleid haben. Beschtanag würde geschleift, der Soumanië ihr abgenommen. Und Calandor … ihn würden sie erschlagen, wenn sie es vermochten. Sie hätte am liebsten geweint, um sich, um Gergon, um ganz Beschtanag. Aber sie konnte es nicht zulassen, dass Gergon sie so schwach sah. Sie hob ihre Röcke und rauschte an ihm vorüber. »Weitermachen, Hauptmann.«

    Als sie ihre Gemächer betrat, sprang Sarika überrascht auf, aber sie sah das Mädchen an und schüttelte den Kopf. Die Kleine hatte ein wenig Ruhe verdient. All ihre Leute waren inzwischen hohläugig vom Mangel an Schlaf und Nahrung. Haomanes Verbündete waren früh eingetroffen, und die Belagerung dauerte bereits länger als angenommen. Ohne Begleitung schritt Lilias durch die Festung, und die Lüge brannte in ihrem Bauch. Sie würde ihnen für kurze Zeit Hoffnung geben. Für wie lange, das konnte sie nicht sagen.
    Ihre Füße nahmen den wohlbekannten Weg durch die steinernen Flure von Beschtanag und führten sie zu der kleinen Pforte auf der Rückseite der Festung. Sie war im Gegensatz zu früheren Zeiten nicht bewacht; jeder Mann, den man entbehren konnte, wurde an der Belagerungslinie gebraucht. Auch das spielte keine Rolle. Niemand kam hier entlang außer ihr selbst, wenn sie unter großem Druck stand. Lilias trat durch die Tür und stieg den gewundenen Pfad hinab, wobei sie wegen der zarten Schuhe auf scharfe Steine achtete. Nach der beengenden Atmosphäre innerhalb der Festung war es gut, wieder unter freiem Himmel zu sein.
    Der Berg erstreckte sich unter ihr, umgeben von der großartigen Mauer, die sie errichtet hatte. Sie gestattete es sich, ihr Werk einen Augenblick lang zufrieden zu betrachten. Selbst von hier oben stellte es ein beachtliches Hindernis dar, und trotz ihrer großen Zahl hatten Haomanes Verbündete es noch immer nicht überwunden.
    Sie versuchten es allerdings. Dort, im Osten, hatte eine Gruppe von Altorus’ Grenzwächtern ein hohes Feuer angezündet, um die Verbindungen zu schwächen, die den Granit zusammenhielten. Lilias hielt inne und sah mit gerunzelter Stirn auf sie hinab. Winzige Gestalten scharten sich um einen mächtigen Stamm, einen Rammbock, dessen Kopf mit Bronze überzogen war. Sie schloss die Augen und untersuchte den Bereich der Mauer, den sie damit bearbeiteten.
    Dort … ja, dort. Eine Bruchstelle, wo der glatte Stein, durch das Feuer beansprucht, zu zerspringen drohte und sich an die vielen einzelnen Steine erinnerte, aus denen er geformt worden war. Schwache
Linien erschienen auf seiner Oberfläche. Lilias beschwor den Soumanië und gestaltete dieses Stück neu, ließ es wieder zu einer nahtlosen Einheit verschmelzen.
    Die Anstrengung schwächte sie.
    Es war egal. Dort oben auf der Spitze des Berges wartete Calandor auf sie. Ginsterbüsche verfingen sich in ihren Röcken und hielten sie fest. Lilias riss sich los und kämpfte sich den Berg empor. Mit einem müden Schritt nach dem anderen erreichte sie schließlich die Kuppe des Beschtanag. Als sie zur Öffnung der Höhle gelangte, war sie atemlos.
    Er war dort und wartete.
    »Du hast es gewusst«, keuchte sie, und unwillkürlich füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Du hast es gewusst !«
    Lange Zeit schwieg der Drache, dann bewegte er sich, und eine Klaue kratzte über den Höhlenboden, als sich der mächtige Kopf neigte, bis ein grüngoldenes Auge auf gleicher Höhe mit den ihren war. »Nein, Liliasss.« Eine tiefe Stimme, erfüllt von Trauer und Schwefeldampf. »Nur, was geschehen musss. Nicht wann, oder wie.«
    »Warum?« Ihr brach die Stimme. »Warum?«
    Er ließ zu, dass sie ihn schlug, dass ihre weichen Fäuste gegen die Bronzeschuppen seiner Wangen und seines Kiefers trommelten. Sein sehniger Hals streckte sich vor, um sie in einer schützenden Umarmung zu umfangen. »Alle Dinge müsssen so sein, wie sie sind, kleine Schwessster«, murmelte Calandor und seine Stimme grollte in der Brennofenbrust neben ihrem Ohr. »Alle Dinge.«
    Geschlagen ließ sie sich gegen ihn sinken. »Muss es jetzt sein?«
    Der Drache bewegte sich, seine Flughäute zuckten. »Issst es dein Wunsch, dasss ich dich davontrage, Liliasss? Weit fort? Nach Stakkia mit seinem Eisss und

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