Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
Vom Netzwerk:
es war alles, fast alles gewesen, wozu der alte Zauberer noch Kraft gehabt hatte. Daraufhin hatte Tanaros zugeschlagen: Er hatte all die Wut durch seine Adern strömen lassen und sein Schwert mit aller Macht gegen den Hals des Feindes geschwungen. Ah, es hatte sich so gut angefühlt! Die schwarze Klinge hatte sich tief in das Holz des Zauberstabs gebohrt, als Malthus damit parierte, sie war tief eingedrungen und dann im banngeschützten Holz stecken geblieben.
    Tanaros stellte sich dem Kampf, war näher gekommen, um die Angst in den Augen seines Gegners zu sehen, und hatte sich gefragt: Blutest du, Alter? Aus welchem Stoff hat Haomane dich geschaffen? Atmest du, fließt das Blut warm durch deine Adern? Haomanes Waffe, verstehst du, wie schutzlos das Fleisch sein kann, wenn meine Klinge so nahe an deiner Kehle liegt?
    Und dann war der Soumanië ein letztes Mal aufgeflammt.
    Der Gesandte hieß den Tod offenbar nicht willkommen.
    Sie beide wurden in den Abgrund der Bahnen gerissen. Das war sein Trost. Er hatte gefühlt, wie Malthus davonwirbelte, ins
Bodenlose. Tanaros bewegte wieder die Finger, fühlte den Schwertgriff in seiner Hand und dachte: Auch ich bin noch nicht bereit zu sterben.
    Irgendwo gab es auch Licht, ein rötliches, pulsierendes Licht. So musste es einem ungeborenen Kind im Mutterleib ergehen, das in Blut und Dunkelheit schwamm. Er erinnerte sich an eine Geburt, an die seines Sohnes, an die Geburt jenes Kindes, das er für seinen Sohn gehalten hatte. Wie Calista in ihrer schweren Stunde geschrien hatte und wie sich ihre Hände mit großer Gewalt um seine gekrallt hatten, als sie das Kind schließlich herauspresste.
    Er war stolz gewesen, erschüttert und stolz. Voller Ehrfurcht. Das war das richtige Wort. Es hatte ihn mit Ehrfurcht erfüllt, dass sie so etwas durchstehen, dass sie aus ihrem eigenen sterblichen Fleisch ein solches Wesen hervorbringen konnte. Leben, neues Leben. Ein vollständig geformtes kleines Kind, perfekt in jeder Einzelheit, das man schreiend ans Licht der Welt gezogen hatte. Er hatte es in die Arme genommen, den noch weichen Kopf mit den Händen geschützt und das verschrumpelte Gesicht und die geschlossenen Augen bestaunt. Damals war noch nicht zu erkennen, dass die Augen hinter den runden Lidern blau sein würden, blau wie der wolkenlose Himmel. Und dass das weiche Haar, das noch schleimig und nass war von der Geburt, die Farbe roten Goldes annehmen würde.
    Oh, mein Sohn!
    In der Dunkelheit stöhnte Tanaros auf. Der alte Vertrauensbruch verletzte ihn immer noch tief, so tief wie eine Klinge. Er erinnerte sich an das erste Mal, dass er Calista gesehen hatte. Sie hatte Roscus’ Hof mit ihrer lebhaften Schönheit und ihrer lustigen Scharfzüngigkeit sofort erobert. Als sie einander umwarben, hatten sie sich leidenschaftlich geneckt. Wer würde überhaupt glauben, dass Tanaros Schwarzschwert je zu so etwas fähig gewesen war? Aber so war es damals gewesen. Er hatte sie mit dem ganzen Überschwang seines Herzens geliebt, als Geliebter, als Ehemann und als Vater des Kindes, das sie trug. Wie hatte sie es wagen können, ihn so anzusehen? Hohläugig und müde, mit dieser tiefen Zufriedenheit. Den Kopf auf den Kissen, hatte sie zugesehen, wie er das Kind eines anderen hielt.
    Einmal war er durch Hass wiedergeboren worden.
    Warum nicht ein zweites Mal?
    Der Knoten war nahe, sehr nahe. Das erkannte er an dem Licht, das er hinter seinen Lidern spürte, an dem pulsierenden roten Licht. Sein narbenumschlossenes Herz klopfte und antwortete auf den unregelmäßigen Puls. Wenn er ihn erreichen konnte … einen, nur einen. Wenn er sich selbst im Marasoumië gebären konnte, würde er in der Welt wieder lebendig sein. Und wo es einen Knoten gab, gab es auch einen weiteren, und daraus ergab sich eine Spur, die ihn bis nach Finsterflucht führen würde.
    Nach Hause.
    Tanaros streckte sein Innerstes aus .

DREIUNDZWANZIG
    B eschtanag hielt aus, halb verhungert und erschöpft.
    Von ihrem Balkon aus sah Lilias ihren Feinden zu und fragte sich, ob sie es wussten. Hätte es etwas geändert? Hätten sie sich anders verhalten? Sie glaubte es nicht. Sie hatten schließlich nicht geahnt, dass sie in eine Falle gingen. Und nun führten sie die Belagerung fort, wie sie sie begonnen hatten, mit geduldiger Entschlossenheit. Am späten Nachmittag hatte der Himmel aufgeklart, obwohl noch immer Tropfen von den Kiefern fielen. Hierhin und dorthin schritt Aracus Altorus, eine winzige Gestalt, an seinem Haar zu

Weitere Kostenlose Bücher