Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
Vom Netzwerk:
keine derartige Hoffnung und Kraft mehr gefühlt.
    Auch das war damals eine Art von Wiedergeburt gewesen. Das Hochlebenlassen eines Geheimnisses, der Vereinigung zweier, die eins werden. Die Erweckung der Begierde, die Verbindung zweier Körper. Ein Atemzug, der von einem Mund zum anderen ging, zwei Herzen, die im Gleichtakt schlugen. Calista hatte laut aufgelacht vor Staunen, als sie all dies entdeckte, und die Erinnerung daran durchfuhr ihn immer noch wie ein Messer. In jener Nacht hätte Tanaros niemals geglaubt, dass sie ihr eheliches Bett je verraten würde.
    Aber sie hatte es getan, und in ihm war etwas gestorben. Und dennoch war er hier, wieder neugeboren.
    Und er genoss das Vertrauen seines Fürsten, jawohl, und die Treue der Fjel. Diese Dinge allein reichten aus, um das Leben lebenswert erscheinen zu lassen. Wer wollte sagen, was die Zukunft für ihn bereithielt? Lust vielleicht, möglicherweise sogar Liebe. Nicht einmal die Sieben Schöpfer wussten in ganzem Umfang, was sein würde.
    Tanaros schnellte hoch und lachte. Aus dem Stand sprang er in die Höhe, erwischte die unterste Reihe der Rillen, die in die Zisternenwand geschlagen worden waren, und klammerte sich mit den Fingern daran fest. Er hing in der Luft. Mit großer Anstrengung gelang es ihm, seinen Körper so hochzuziehen, dass seine Augen auf gleicher Höhe mit seinen Knöcheln waren. Seine Rüstung drohte ihn in die Tiefe zu reißen. Aber nun war es zu spät, um sie abzulegen.
    Was nun folgte, wurde für ihn zur größten Kraftanstrengung.
    Er holte tief Luft, löste eine Hand und griff sofort und ohne zu zögern nach oben. Hätte er Malthus bei ihrer ersten Begegnung mit derselben Geschwindigkeit angegriffen, wäre der Zauberer vielleicht in den Bahnen gestorben. Er hätte nicht zögern sollen, als er den Jungen sah. Blind und suchend ertasteten seine Fingerspitzen die zweite Reihe der Griffleisten, fanden sie, krallten sich fest. Einen Augenblick vertraute er nur dieser Hand und hing an einem Arm.
Dann fand auch seine Linke die zweite Reihe Griffe. Seine Arme zerrten an den Schultergelenken, als er seinen Körper in die Höhe zwang.
    Noch einmal.
    Auf seltsame Weise fühlte es sich gut an. Seine Muskeln zitterten vor Anstrengung und Belastung, aber es war ein schlichter Schmerz, einer, den er verstand. Das Wasser des Lebens, das Lebensblut von Urulat, strömte durch seine Adern, und er hatte sich noch nie zuvor so ganz und lebendig gefühlt. Hier gab es nichts Geheimnisvolles, hier zählte nur die Kraft des Körpers, der sich an die steile Felswand klammerte. Als er die dritte Reihe der Griffe erreichte, fanden seine rudernden Füße endlich ebenfalls eine Stütze. Er zwängte die Spitzen seiner Stiefel in die untersten Löcher und atmete eng an die Zisternenwand gepresst tief durch, während sein Gewicht nun auf seinen Beinen ruhte.
    Danach war es reine Kletterei.
    Es dauerte stundenlang, und es gab immer wieder Augenblicke, wenn seine Finger schmerzten und seine Muskeln zitterten, in denen er nichts weiter tun konnte, als sein Gesicht gegen den Felsen zu pressen und darauf zu warten, dass das Zittern wieder aufhörte, während er sich danach sehnte, einfach loszulassen, sich fallen zu lassen und in die tiefe Zisterne unter ihm zu stürzen. Leicht wäre das, so leicht! Aber er war Tanaros Schwarzschwert, einer der Drei, und er würde nicht so schnell aufgeben. Zoll um Zoll zog er sich in die Höhe, hartnäckig wie die Spinnen, die über die Wände der Verderbten Schlucht krochen. Über ihm wurde die Scheibe Sonnenlicht immer breiter, und das Licht veränderte sich, während die Sonne westwärts wanderte.
    Endlich stieß seine suchende Hand, als sie nach oben tastete, nicht mehr auf Griffmulden, sondern auf eine Kante roh behauenen Steins. Seine Fingerspitzen schabten darüber und fanden festen Halt. Während er sich an den Geschmack des Wassers des Lebens in seinem Mund erinnerte, zog Tanaros das rechte Bein seitlich in die Höhe und fand einen Felsvorsprung. Nun schob er sich mit einem Ruck nach oben, gleichzeitig mit beiden Armen ziehend, und erreichte den
Rand des Brunnens. Sein Kopf erschien unter freiem Himmel, und als er sich heftig mit dem Fuß abstieß, folgte der Rest seines Körpers. Er rollte sich über den Rand, und seine Rüstung schlug scheppernd gegen den Fels.
    »Heerführer!« Ein erleichterter Ruf mit unverkennbarem mittländischem Akzent begrüßte ihn. »Was bin ich froh, Euch hier zu sehen!«
    Tanaros kam auf die Beine und

Weitere Kostenlose Bücher