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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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halten, und darüber erhoben sich die klaren Töne der Hörner der Riverlorn im Lager, die einen Rückzug forderten, den niemand antrat. Mit Mühe versuchte Carfax, sich wieder zu erheben. Stattdessen kippte die Welt seitlich weg. Er blinzelte und stellte fest, dass seine Wange auf die losen Schottersteine gebettet war, und dass er seinen Körper nicht mehr spürte.
    So mussten sich seine Männer gefühlt haben, als sie starben.
    Er lag hingestreckt da, und ihm fehlte die Kraft, sich zu bewegen. Alles, was er konnte, hatte er getan, ob sie es bemerkt hatte oder nicht. Es spielte keine Rolle. Er hatte es nicht für sie getan, sondern für ihr Lächeln und für die Erinnerung an das, was vielleicht hätte sein können. Sie war ganz nah, so nah und doch so fern. Die Absätze ihrer Stiefel waren nur wenige Zoll von seinen geöffneten Augen entfernt, abgetreten und voller Risse. Wie viele Weglängen waren sie miteinander gereist? Er konnte jede brüchige Falte sehen, die sich in das Leder gegraben hatte. Vielleicht hätte er sie lieben können, wenn sie es zugelassen hätte. Für die schmerzende Wunde seines Verrats wäre es Balsam gewesen. Aber es sollte nicht sein, und er konnte nur noch für sie sterben. Es musste reichen, denn sonst war ihm nichts geblieben. Zwischen ihnen lag der Mann, den sie liebte und schützte. Blaises schwielige Hand war ausgestreckt und offen, als ob er sie ihm in Freundschaft hinstreckte. Seine geschlossenen Lider flatterten, und die Fingerspitzen zuckten.

    Dann erscholl ein anderes Geräusch. Das Brüllen des Drachen.
    Es tat Carfax weh, den Kopf zu bewegen, aber er tat es trotzdem. Genug, um zu sehen, wie sich das schwarze Horn von Oronins Bogen gegen den Himmel abhob und wie der Schaft des aufgelegten Pfeils glänzte. Genug, um die Spannung in ihrem Körper wahrzunehmen, als der Drache zu seinem letzten Sinkflug ansetzte und von einem winzigen hellen Fleck zu einem riesenhaften Kometen wurde. Fiannas Beine zitterten, obwohl sie mit beiden Füßen fest auf dem Boden stand. Er sah, wie die straffen Muskeln ihrer Waden vor Angst bebten. Aber sie war die Bogenschützin von Arduan, und ihre Arme zielten ruhig und sicher. Inmitten des Schlachtgetümmels hielt sie stand. Selbst als der Drache auf sie herabschoss, als seine Flügel den Himmel verdunkelten und seine schimmernden Krallen in die Erde zu schlagen drohten.
    Selbst als er sein Maul weit aufriss und einen unfassbar tiefen Schlund offenbarte und Feuer aus dem Glutofen seines Bauches schoss. Mit Tränen auf den Wangen hielt sie aus, die Schultern straff, mit einem weißgolden leuchtenden Schaft auf dem Bogen aus Horn und Haar, den ihre Hände spannten. Und während er zusah, öffneten sich ihre Lippen zu einem einzigen, verzweifelten Gebet, und ihre Finger ließen die Sehne los.
    Die Bogenschützin von Arduan schoss den Pfeil des Feuers ab.
    Einen weißgoldenen Schweif hinter sich herziehend, flog er mitten in das Maul des Drachen, traf genau und durchbohrte seine Kehle, durchbohrte den Glutofen seines Bauches. Dann gab es eine Explosion; eine Feuersäule erhob sich in den Himmel, und Menschen und Ellylon warfen sich zu Boden, bis von irgendwo ein Schrei erscholl, ein dissonanter Laut, als ob ein Herz brechen würde.
    Sterbend stürzte der Drache zu Boden.
    Der Aufschlag ließ den Berg erbeben.
    Als die Erde nicht mehr zitterte, brach überall Tumult aus. Eingeklemmte Menschen schrien, Besiegte ergaben sich. Knappe Befehle wurden gebrüllt. Ellylische Stimmen erschollen wie ein Chor und vermischten sich mit Hörnerklang. Nichts davon hatte irgendetwas mit ihm zu tun. Carfax schloss die Augen und öffnete sie lange Zeit
nicht mehr. Es wäre besser gewesen, nichts mehr mitzubekommen. Dennoch sah er schließlich wieder hin. Nahe bei ihm, so nahe, lag eine riesige Schnauze, hingestreckt auf dem Schotter, die in einen sehnigen Hals mündete. Zwei Rauchspiralen kräuselten sich aus bronzenen Nüstern und lösten sich in der Luft auf. Der riesige Körper lag, die Flügel gebrochen, außerhalb seines Gesichtsfelds. Das Leben wich aus einem grüngoldenen Auge. »Es tut mir leid«, sagte Carfax, wollte es zumindest sagen und bewegte den Mund. In seinen Lungen war keine Kraft mehr zum Sprechen, und seine Trommelfelle waren geplatzt. »Es tut mir leid.«
    Entfernte Rufe. Siegesgeschrei.
    In einem grüngoldenen Auge flackerte ein sterbendes Licht, und eine schwache Stimme sprach in seinem Kopf. Diese Schlacht hast du nicht begonnen, Kind Arahilas. Du

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