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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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allen vieren in die Luft. Uschahin lachte laut und klammerte sich auf dem Rücken fest. Es tat weh, so weh, dass es kaum auszusprechen war, und quälte seine schlecht zusammengewachsenen Knochen. Aber dennoch war er einer der Drei, und er hatte mit einer Drachin gefrühstückt. Kein Pferd würde sein Untergang sein, nicht einmal eines der Pferde von Finsterflucht.
    Es wurde trotzdem ein langer Kampf. Beinahe wäre es dem Hengst gelungen, ihn abzuwerfen. Er galoppierte auf den Verdin zu und grub seine Vorderhufe so plötzlich in den Boden, dass Uschahin hart gegen seinen Hals geworfen wurde. Die anderen Pferde sahen mit aufgestellten Ohren gespannt zu, wie der Braune den Kopf herumwarf, um nach dem Reiter zu beißen. Er rannte dann bis zum Rand der Sümpfe, dass das Wasser zu allen Seiten spritzte, und versuchte, Uschahin am Stamm eines Palodusbaumes abzustreifen, wobei er ihm blaue Flecken und Kratzer zufügte.
    Nichts davon klappte.
    Als die Bemühungen des Braunen nachließen, erschienen die Sterne im tiefblauen Dämmerlicht. Die Kapitulation erfolgte dann ganz plötzlich: Die Spannung wich aus seinem Widerrist, und der stolze Kopf senkte sich. Das Tier stieß schwer die Luft durch die geblähten Nüstern aus und wartete.

    »Nach Hause«, sagte Uschahin sanft und verwob seine Gedanken mit denen des Hengstes. Dann lehnte er sich nach vorn und flüsterte ihm in ein nach hinten zuckendes Ohr: »Nach Hause, wo die Tordenstem die Verderbte Schlucht bewachen, die gewunden dem Flusslauf folgt. Nach Hause, wo die Türme von Finsterflucht stehen. Nach Hause, hochgewachsener Bruder, wo deine Pfleger im Stall auf dich warten, mit Eimern voller warmem Futter und Svartblod und mit seidenen Tüchern für dein Fell.«
    Der blutbraune Hengst hob den Kopf. Arahilas hell hervortretender Mond spiegelte sich in einem flüssigdunklen Auge. Er stieß ein tiefes Prusten aus, und die zwei anderen Pferde antworteten. Am Rand der Sümpfe erhob sich ein halbes Dutzend Raben und zog mit lautlosem Flügelschlag über das mondsilberne Riedgras.
    Uschahin lachte und ließ die Zügel des Braunen etwas lockerer. »Lauf!«, rief er.
    Weit ausholend tat das der Braune. Gezüchtet unter dem wolkenverhangenen Himmel des Tals von Gorgantum, lief er mit Leichtigkeit durch die matte Dunkelheit, und an seiner Seite donnerten zwei reiterlose Pferde dahin. Eines war geistergrau, von einer Farbe wie Schmiederauch, das andere pechschwarz. Und vor ihnen zeigten die schattenhaften Umrisse der Raben von Finsterflucht ihnen den Weg.
    Nach Hause.
     
    Dani war gestolpert.
    So einfach war das. Er wusste nicht, dass das Gebiet, das er und sein Onkel durchquerten, Nordfurche genannt wurde, aber es musste ihm niemand sagen, dass es sich um ein hartes und unwirtliches Land handelte. Er wusste, dass nackte Füße, die auf dem sonnenverbrannten Wüstenboden hart geworden waren, auf dem grausamen Granit und im eisigen Klima der nördlichen Berge wenig taugten. Und er hatte erfahren müssen, leider zu spät, dass schlecht zusammengenähte Kaninchenfelle als Schuhwerk in diesem Gelände ungeeignet waren. Als der Rand des Abhangs unter seinem Schritt nachgab, rutschte er mit einem entsetzten Schrei über die Klippe.

    Ohne auf den Schmerz der abbrechenden Fingernägel zu achten, klammerte er sich an den Vorsprung, den er bei seinem Fall erwischt hatte, und die Fingerspitzen krallten sich tief hinein. Unter ihm war gar nichts. Ein Überhang hatte seinen Sturz abgefangen, darunter wich die Felswand zurück. Seine zappelnden Füße, die in zerfetzter Kaninchenhaut steckten, trafen nirgendwo auf Widerstand. Es gab nur den riesigen, endlosen Abgrund und die brodelnden, weiß schäumenden Wasser des Gischtflusses unter ihm.
    »Onkel!« Dani reckte den Hals und kämpfte gegen die Angst. »Hilf mir!«
    Onkel Thulu – der dünne Onkel Thulu – spähte über den Rand der Klippe, und seine Augen waren vor Angst geweitet. »Kannst du dich hochziehen, Junge?«
    Er versuchte es, aber irgendetwas stimmte nicht mit den Muskeln seiner Arme und seiner Schultern. Es war keine Kraft darin. Vielleicht, dachte Dani, hatte es etwas mit dem knackenden Geräusch zu tun, das sie von sich gegeben hatten, als er sich abgefangen hatte. »Nein.«
    »Warte.« Onkel Thulus Gesicht war grimmig. »Ich komme.«
    Da er keine andere Wahl hatte, wartete Dani, hing an seinen Fingerspitzen und biss sich angesichts des Schmerzes auf die Lippen. Über ihm raschelte Onkel Thulu, holte das geflochtene Seil aus

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