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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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stellen.
    »Warum?«
    Der Graf verdrehte die Augen, bis das Weiße zu sehen war. »Der Galäinridder!«, keuchte er und holte mit einem blubbernden Lachen Luft. »Der Leuchtende Reiter, der Schimmernde Paladin!« Blutstropfen sprühten fein von seinen Lippen. »Wir haben ihn nicht willkommen geheißen, aber er kam. Aus dem Nichts kam er, aus den Bergen, schrecklich anzusehen, und er sagte uns, er sagte uns alles. Haomanes Zorn wird über uns hereinbrechen, und jene, die sich ihm entgegenstellen, werden dafür bezahlen. Selbst hier, selbst in Stakkia. Nirgendwo wird man vor ihm sicher sein.« Das Gesicht des Grafen verzerrte sich, als er alle Kraft sammelte, um die letzten Worte hervorzustoßen. »Du bist tot, Fjeltroll! Tot, und du weißt es noch nicht einmal!«
    »Nicht so tot wie du«, sagte Skragdal, lockerte seinen Griff und
erhob sich wieder. Dann hob er die Axt, schlug hart zu und trennte den Kopf des Grafen von dessen Körper.
    Die Schneide der Axt fuhr durch Fleisch und Knochen und krachte auf den Marmorboden. Sie schlug eine Kerbe in den Stein und ließ seine Arme zittern. Skragdal schnaufte. Der Kopf des Grafen rollte davon und blieb an einem Tischbein liegen. Dort starrte er ihn unverwandt unter hängenden Lidern an.
    Tot, und du weißt es noch nicht einmal.
    »Fjel!«, brüllte Skragdal, der sich aufrichtete und ohne nachzudenken die Worte von Heerführer Tanaros übernahm. »Wir machen einen Ausfall! Sofort !«

DREIUNDDREISSIG
    E s war dem Raben zu verdanken, dass noch keiner von ihnen in der Unbekannten Wüste gestorben war.
    Tanaros zählte die Tage nicht; das tat niemand von ihnen. Was hätte es genützt? Niemand wusste, wie lange es dauern würde, die Wüste auf diesem Zickzackkurs und ohne Landkarte zu durchqueren. Wenn sie Schatten fanden, dann ruhten sie sich tagsüber aus und schliefen in der Nacht. Wenn es keinen Schatten gab, und das war meistens so, dann marschierten sie unter der brennend heißen Sonne. Tanaros vertraute Bring und der Gabe der Graufrau Sorasch und ließ sie weiterstolpern. Es war besser, fand er, dem Tod entgegenzugehen, als darauf zu warten, dass er sie fand.
    Aber der Tod fand sie nicht.
    Wieder und wieder lotste Bring sie zu einem sicheren Platz, an dem es Schatten oder Wasser gab. Versteckte Wasserlöcher, Durstlöscher, Felsvorsprünge, die tiefen Schatten boten, Ameisenhügel, sich sonnende Echsen, Mäusenester: Der Rabe fand all diese Dinge. Tanaros folgte seinem Schatten über die ausgedörrte Erde, und Brings Krächzen hallte in seinen Ohren wider, bis sie jene Stelle fanden, die ihnen der Vogel hatte zeigen wollen. Wieder und wieder saß Bring da und putzte sich, wenn sie ankamen und feststellten, dass es an diesem Ort erneut Nahrung gab.
    »Woher weißt du das nur?«, fragte Tanaros einmal und sah den Raben an, der auf seinem Unterarm hockte. »Kein Rabe ist je durch die Wüste geflogen, und auch kein Wehr hat sie je durchquert. Woher weißt du das nur?«
    Die hellen Augen schimmerten. »Krock! «
    Der Rabe zeigte ihm nun ein zusammengewürfeltes Wirrwarr aus Gedanken:
Wasser, Käfer und ein hoher Palodusbaum, ein Drachenkopf, der über den Baumwipfeln aufragte. Wieder und wieder sah er den Drachenkopf, uralt und eisengrau, von dem das Sumpfwasser rann und Pflanzen herabhingen, das Maul geöffnet, um zu sprechen oder Feuer zu spucken.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Tanaros zu Bring.
    Der Rabe hüpfte auf den Ast eines Dornbusches und plusterte sich auf.
    »Und wieso?«, fragte Tanaros.
    Nun öffnete sich eines der hellen Augen einen Spalt und zeigte ihm sein eigenes Quartier in Finsterflucht, dessen übliche Ordnung sich in wildes Durcheinander verwandelte. Ein verletzter Jungvogel. Zwei Hände, stark und geschickt, die eigentlich dazu geschaffen waren, einen Schwertgriff zu umfassen, sich nun aber daranmachten, mit ungewohnter Zärt – lichkeit Federn und hohle Knochen zu richten.
    »Deswegen?« Er schluckte. »Das war doch nur aus einer Laune heraus. Eine kleine Gefälligkeit.«
    »Krock. « Der Rabe schloss beide Augen und schlief.
    Letztlich, dachte Tanaros, spielte es auch keine Rolle. Wichtig war, dass sie überlebten, Schritt für Schritt, Tag für Tag. Aber es öffnete einen Spalt in seinem Herzen, das sich wie ein Stein jedem Gedanken an Liebe hatte verschließen wollen. Wenn die ernsten Gesichter Ngurras und der Yarru-yami seine Träume heimsuchten, gab ihm dieser Umstand ein kleines Licht, um die Dunkelheit zu verscheuchen.
    Eine kleine Gefälligkeit,

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