Elegie - Herr der Dunkelheit
Zunge. Wieso? Wieso bist du hier , in diesen vom Schöpfer verlassenen Sümpfen? Was willst du in Vedasia? Was trägt der junge Dani in diesem Fläschchen, das ihr alle so voller Angst bewacht?
»Wieso antwortet er nicht?«
»Er hat Angst, Dani.« Das war Peldras der Ellyl, der ihm mit sanfter Stimme antwortete. »Er hat einem grausamen Herrn gedient. Gib ihm Zeit, und er wird merken, dass wir ihm nichts Böses wollen.«
»Könnt Ihr ihn nicht zwingen, Zauberer?«, forderte Hobard den Gesandten auf.
»Nein.« Malthus schüttelte müde den Kopf und setzte sich auf ein hohes Grasbüschel. »Satoris’ Untergebene schwören einen Eid, der an die Kraft des Gottestöters selbst gebunden ist. Ich kann seinen Körper unterwerfen, aber nicht seine Treue. Nicht einmal der Soumanië kann etwas lösen, das an einen Splitter der Souma gebunden ist.« Seine Augen ruhten auf Carfax.
»Er blutet.« Der Junge goss Wasser aus einem ledernen Schlauch in einen Zinnbecher, kam damit auf Carfax zu und hielt ihm das Getränk hin. Im Feuerschein leuchtete das Zinn wie ein roter Stern zwischen seinen Handflächen. »Würdest du dir gern den Mund ausspülen?« , fragte er.
Carfax streckte beide Hände aus.
»Dani«, warnte Blaise. »Geh nicht in seine Nähe.«
»Lass ihn in Ruhe, Schwertträger.« Der dicke Thulu wirbelte seinen Grabstock mit verblüffender Leichtigkeit herum. »Er ist der Träger, und es ist Wasser, das er trägt. Lass ihn gewähren.«
Kühles Zinn, süßes Wasser. Es brannte auf seiner Zunge und bekam in seinem Mund einen salzigen Geschmack. Carfax spuckte rosafarbene Flüssigkeit auf den sumpfigen Boden, dann trank er. Wasser, kühl und lindernd, das nach Mineralien schmeckte, nach versteckten Orten tief in der Erde. »Danke«, flüsterte er und gab den Becher zurück.
Der Junge lächelte, und ein unerwarteter weißer Streifen zeigte sich in seinem schwarzen Gesicht.
»Malthus.« Blaise hob die Brauen.
Der Gesandte, der das Geschehen beobachtete, schüttelte den
Kopf. »Thulu hat recht, Blaise. Ob er sich dessen bewusst ist oder nicht, der Junge vollbringt Haomanes Werk auf eine Weise, die tiefer geht, als wir ahnen. Lass es geschehen. Vielleicht wird seine Freundlichkeit erreichen können, was dem Soumanië nicht gelingt. So oder so, ich habe von mir zu viel gefordert, um die Sache heute weiter zu verfolgen.« Er gähnte müde und ließ sein Kinn auf die Brust sinken, während er durch seinen Bart murmelte: »Morgen früh werden wir weiterreisen nach Malumdoorn. Peldras, du übernimmst die erste Wache.«
Über ihnen zogen die Sterne ihre Bahn.
Man hätte von einem Zauberer nicht erwartet, dass er schnarchte, aber das tat er. Man hätte dann erwarten können, dass sich der Bann lockerte, aber das tat er nicht. Carfax versuchte, gegen die unsichtbare Fessel anzukämpfen, und probierte aus, wie weit er seine eingeschränkten Gedanken und seinen Körper bewegen konnte. Der Ellyl, der mit der blanken Klinge auf den Knien dasaß, beobachtete ihn nicht ohne Mitleid. Überall um sie herum lag das Sternenlicht auf den Hügeln und Erhebungen, die am Morgen, als die Sonne aufging, noch Carfax’ Gefährten gewesen waren. Jetzt war es Nacht, und sie waren Erde und Gras, benetzt von seiner blutigen Spucke, und leuchteten unter den Sternen und der schmalen Mondsichel.
»Sie hat sie geschaffen, weißt du.« Der Ellyl hob sein perfektes Kinn und sah in den Nachthimmel. »Arahila die Gnadenreiche blickte voll Mitleid in die Schwärze der Nacht und bat Haomane, dass sie die Hände auf die Souma, auf das Auge Uru-Alats, legen dürfe, weil sie ein schwächeres Licht erschaffen wollte, das die Dunkelheit durchdrang.« Er sah teilnahmsvoll zu, wie Carfax schweigend kämpfte. »Es heißt bei den Riverlorn, dass keine Sünde so groß sein kann, dass Arahila sie nicht vergäbe.«
Es war gefährlich, sich auf ein Wortgefecht mit einem Ellyl einzulassen, aber Carfax ließ von seinen Bemühungen ab und antwortete, und die Worte kamen rau aus seiner Kehle. »Wird sie Malthus vergeben, was er meinen Männern antat?«
»Er tut so etwas nicht gern, Stakkianer.« Trauer schwang in der Stimme des Ellyl mit. »Malthus der weise Gesandte würde ohne Not
keinem lebenden Geschöpf etwas antun. Ihr und Eure Gefährten wart es, die uns unversehens angriffen.«
»Wonach strebt ihr, Riverlorn?«
»Nach dem Leben.« Die Hände des Ellyl ruhten locker auf der blanken Klinge. »Nach Hoffnung.«
Carfax zeigte seine blutbefleckten Zähne. »Und
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