Elena - Ein Leben für Pferde
anständiger Junge und ein sehr guter Reiter. Michael, er und Richard waren die allerbesten Freunde. Niemand von uns konnte sich je erklären, warum das alles so kommen musste.«
»Warum Lajos betrunken einen Unfall gebaut hat, bei dem Mamas Schwester gestorben ist?«, fragte ich bitter.
»Lajos ist an diesem Abend nicht gefahren«, ertönte plötzlich Opas Stimme von der Tür aus. Ich fuhr herum. »Er hat nur den Kopf für seinen Freund hingehalten. Und der hat ihm das nicht gedankt. Im Gegenteil.«
Ich starrte Opa an. Er war so ernst, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Ein fürchterlicher Verdacht stieg in mir auf. Lajos war der beste Freund von Papa gewesen.
»Etwa für Papa?«, hauchte ich entsetzt.
»Nein«, antwortete Opa. »Für Richard. Der ist an diesem Abend gefahren, obwohl er den ganzen Nachmittag über sehr viel getrunken hatte. Ich selbst habe die vier in Zeiskam in den BMW steigen sehen. Michael hatte das Springen gewonnen und musste noch bis zur Siegerehrung warten, aber Viola und Susanne wollten nach Hause, weil ihr Vater Geburtstag hatte. Lajos ist mit eingestiegen, um aufzupassen, dass Richard nicht wie ein Verrückter fährt.« Opa stieß einen Seufzer aus. »Lajos hatte später keine Erinnerung an den Unfall. Er war ja selbst schwer verletzt. Das Gutachten vom Gericht konnte nicht klären, wer tatsächlich hinter dem Steuer gesessen hatte, und Richard hat steif und fest behauptet, Lajos wäre gefahren.«
»Lajos musste deshalb ins Gefängnis«, flüsterte ich.
»Ja, und nicht nur das.« Opa nickte traurig. »Richard hat auch noch Lajos’ Freundin geheiratet und vom Schmerzensgeld, das Lajos ihm zahlen musste, die Anzahlung für den Sonnenhof gemacht. Weil Lajos auch Alkohol im Blut gehabt hatte, zahlte die Versicherung nicht. Seine Mutter musste alles verkaufen, was sie besaß, um die Strafe und das Schmerzensgeld aufbringen zu können, zu dem das Gericht Lajos verurteilt hatte.«
»Wissen Papa und Mama das?«, fragte ich.
»Nein. Mit Gewissheit weiß das niemand, außer Richard Jungblut. Er hat es mir gesagt, später aber alles bestritten. Der Grund für die Feindschaft ist auch nicht in erster Linie der Unfall, sondern die Art und Weise, wie Richard seinen Freund Lajos in den Ruin getrieben und ihm seine Freundin ausgespannt hat. Auch Linda hat das alles geschehen lassen. Deshalb wollen deine Eltern nichts mit der Familie Jungblut zu tun haben.«
Ich stand wie unter Schock, als ich später in den Stall hinüberging, um Fritzi zu reiten. Wieder einmal hatte ich alles missverstanden und die falschen Schlüsse gezogen. Ich hatte Lajos schrecklich unrecht getan!
Wenn es nicht immer noch so stark geschneit hätte, wäre ich auf der Stelle zum Forsthaus geritten, um mich bei ihm zu entschuldigen.
Ich war ganz allein im Stall, deshalb ging ich mit Fritzi in die große Halle, in der Papa den ganzen Parcours hatte stehen lassen. Ich baute die Sprünge etwas herunter, dann wärmte ich Fritzi im Trab und im Galopp auf. Zuerst wählte ich nur einzelne Hindernisse, aber schließlich ließ ich Fritzi den ganzen Parcours springen.
Ich zuckte erschrocken zusammen, als jemand applaudierte. Und dann bekam ich einen noch größeren Schrecken. Auf der Tribüne stand Herr Nötzli. Ich hatte überhaupt nicht bemerkt, dass er in die Halle gekommen war.
»Papa ist schon nach Heidelberg aufs Turnier gefahren«, sagte ich, nachdem ich ihn begrüßt hatte.
»Ach so.« Herr Nötzli betrachtete Fritzi neugierig von Kopf bis Fuß. »Ich dachte, er könnte mir noch mal den Braunen vorreiten. Was ist das für ein Pferd, das du da reitest? Das kenne ich gar nicht.«
»Es gehört mir.«
»Aha. Ein Hengst, nicht wahr? Wie alt ist er?«
»Fünf.«
»Wie ist er gezogen?«
»For Pleasure aus einer Grannus-Mutter«, entgegnete ich widerwillig.
Wie nicht anders erwartet leuchteten die Augen des Pferdehändlers interessiert auf, als er Fritzis exzellente Abstammung hörte.
»Bist du mit ihm schon mal höher gesprungen?«, fragte er und kam in die Bahn.
»Ja, ein paar Mal«, gab ich zu.
Dann baute er die Hindernisse höher. Sogar ziemlich hoch. Ich ritt Fritzi wieder über den ganzen Parcours und wünschte, Tim wäre dabei. Fritzi sprang nämlich spitze! Endlich konnte er zeigen, was wirklich in ihm steckte. Je höher und breiter die Hindernisse waren, desto besser sprang er. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach grinsen, als ich fertig war und meinem Hengst ausgiebig den Hals klopfte.
»Das ist das
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