Elena – Ein Leben fuer Pferde
ging an ihm vorbei zur Sattelkammer.
»Was hast du mit deinen Haaren gemacht?«, fragte Liam und stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Du siehst aus wie ein Filmstar!«
Obwohl ich wusste, dass er übertrieb, gefiel mir sein Kompliment.
»Ich war beim Friseur«, erwiderte ich verlegen.
»Und die Zahnspange ist weg«, bemerkte er. »Ein kleines Entlein wird zu eine schöne Swan! Die Männer werden vor dir auf die Knie liegen.«
Ich musste kichern und wurde tomatenrot. Melike hatte schon recht, sein drolliger Akzent war echt voll süß.
Ich beeilte mich, Sirius zu satteln, damit ich nicht noch Papa über den Weg lief. Zehn Minuten später trabte ich vom Hof Richtung Wald.
Als ich um zehn vor drei am Forsthaus ankam, war Tim noch nicht da. Lajos stand auf einer Leiter und montierte irgendetwas an der Wand über der Stalltür.
»Was hängst du da auf?«, erkundigte ich mich. »Eine Satellitenschüssel?«
»Nein. Das ist ein Bewegungsmelder für die Alarmanlage. Ich mache mir Sorgen wegen der Pferdediebstähle. Vor zwei Wochen wurden zwei wertvolle Zuchtstuten mit ihren Fohlen aus einem Stall in der Nähe von Taunusstein gestohlen und erst neulich ein junger Hengst, den sein Besitzer für viel Geld auf einer Auktion gekauft hatte«, antwortete Lajos und schraubte weiter. »Die Pferde verschwinden einfach spurlos.«
»Aber was machen die Diebe mit den Pferden?«, fragte ich verwundert. »In Deutschland können sie sie doch nicht mehr verkaufen.«
»Vermutlich werden sie ins Ausland gebracht. Da fragt keiner nach Papieren und Brandzeichen. Und kleine Fohlen haben ja noch gar kein Brandzeichen und keinen Chip.« Lajos kletterte die Leiter herunter. »Du kannst dein Pony in den Roundpen stellen.«
Ich nahm Sirius Sattel und Trense ab und brachte ihn in den mittlerweile fertiggestellten Longierzirkel, wo er sich über ein paar kümmerliche Grashalme hermachte, die am Zaun wuchsen.
»Hey«, sagte Lajos, als er mich nun genauer betrachtete. »Du siehst heute so schick aus. Wie ein Fotomodell.«
»Tim kommt gleich hierher«, erzählte ich aufgeregt und fummelte an meinen Haaren herum, die von der Reitkappe ganz platt gedrückt worden waren. Dann fegte ich ein Stäubchen von meiner Reithose. Ich hörte das Motorengeräusch von Tims Mofa und mein Herzschlag beschleunigte.
»Oh! Da kommt er schon! Sehe ich gut aus?«, fragte ich Lajos nervös.
»Aber ja«, versicherte er mir todernst. »Wenn Tim sich nicht schon in dich verliebt hätte, dann würde er es spätestens jetzt tun. Ich muss kurz ins Haus.«
Er zwinkerte mir zu, klopfte mir auf die Schulter und verschwand eilig. Ich blickte ihm verwirrt nach und wusste nicht recht, ob Lajos das ernst gemeint hatte oder mich auf den Arm nehmen wollte. Aber jetzt war es sowieso zu spät, denn Tim hatte sein Mofa abgestellt und bog um die Ecke.
»Hi«, sagte er und lächelte ein wenig unsicher. Ihm war es nicht ganz geheuer, hier zu sein und dem Mann zu begegnen, der wegen seines Vaters vor vielen Jahren schlimme Dinge erleben musste. Es war schon echt mutig von ihm, hierherzukommen.
»Tim!« Ich lief zu ihm hin. »Schau mal! Überraschung!«
Ich strahlte ihn mit meinen weißen, zahnspangenlosen Zähnen an.
»Oh, wow! Du siehst super aus!« Er zog mich in seine Arme.
Ich schloss die Augen und spürte im nächsten Moment seine Lippen auf meinen.
»Daran könnte ich mich gewöhnen«, flüsterte ich und öffnete die Augen wieder. Sein Gesicht so nah zu sehen, war jedes Mal aufs Neue überwältigend. Wir blickten uns an.
»Ich mich auch.« Er strich mit seiner Hand über meine Wange und küsste mich noch mal. Plötzlich war alles andere vergessen. Ich war einfach nur wahnsinnig glücklich.
Lajos kam aus dem Haus. Er schlich sich nicht an, sondern polterte laut herum, damit wir ihn hören konnten. Ich ergriff Tims Hand.
»Lajos«, sagte ich, »das ist Tim Jungblut. Tim, das ist Lajos.«
Ich sah ein winziges, erschrockenes Flackern in Lajos Augen und wusste, was ihm durch den Kopf ging, denn ich hatte bei Mama im Schrank alte Fotos gesehen. Richard Jungblut hatte früher genauso ausgesehen wie Tim heute. Aber Lajos hatte den Schreck schnell überwunden und lächelte freundlich. Die beiden reichten sich die Hand. »Ich freue mich, dich kennenzulernen, Tim. Elena und Melike haben mir schon so viel von dir erzählt, dass ich richtig neugierig geworden bin.«
»Ich freue mich auch«, erwiderte Tim und wirkte erleichtert. »Ich hab nämlich mindestens genauso viel von Ihnen
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