Elenium-Triologie
gehört«, stellte Sephrenia fest. »Man muß dieses Trollungeheuer beinahe bewundern. Noch nie zuvor hat jemand gewagt, einen Älteren Gott so herauszufordern.«
»Azash zornig auf Ghwerig?« fragte der Troll nun. »Oder vielleicht Azash zittert vor Angst? Ghwerig hat Bhelliom jetzt. Macht bald neue Ringe. Ghwerig braucht dann Trollgötter nicht. Kocht Azash in Bhelliomfeuer. Kocht so langsam, daß Saft nicht einbrennt. Dann ißt Ghwerig Azash. Wer wird zu Azash beten, wenn Azash tief in Ghwerigs Bauch liegt?«
Das Grollen wurde nun von berstendem Krachen begleitet, als das Gestein tief unter der Erdoberfläche zerbarst.
»Der traut sich ja allerhand«, sagte Kurik mit zitternder Stimme. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Azash sich das gefallen läßt.«
»Die Trollgötter schützen Ghwerig«, erklärte Sephrenia. »Nicht einmal Azash würde es wagen, sich gegen sie zu stellen.«
»Räuber! Alles Diebe!« heulte der Troll. »Aphrael stiehlt Ringe! Adian von Thalesien stiehlt Bhelliom. Jetzt versuchen Azash und Sperber von Elenien wieder von Ghwerig zu stehlen! Sprich mit Ghwerig, blaue Rose! Ghwerig einsam!«
»Wie hat er von mir erfahren?« Sperber staunte, daß der Trollzwerg von ihm wußte.
»Die Trollgötter sind alt und sehr weise«, erwiderte Sephrenia. »Es geschieht wenig auf der Welt, von dem sie nicht erfahren, und sie teilen es jenen mit, die ihnen dienen – gegen Bezahlung.«
»Welche Bezahlung würde einen Gott zufriedenstellen?«
»Bete, daß du das nie erfährst, Lieber.« Sie schauderte.
»Ghwerig braucht zehn Jahre nur für ein Blütenblatt, blaue Rose. Ghwerig liebt blaue Rose. Warum spricht blaue Rose nicht mit Ghwerig?« Eine Weile brabbelte er Unverständliches vor sich hin. Dann hörten sie: »Ringe. Ghwerig macht Ringe, damit Bhelliom wieder spricht. Brät Azash in Bhelliomfeuer. Brät Sperber in Bhelliomfeuer. Brät Aphrael in Bhelliomfeuer. Brät alle! Alle! Dann Ghwerig ißt.«
»Ich glaube, es wird Zeit, daß wir ihn uns vornehmen«, sagte Sperber grimmig. »Ich möchte auf gar keinen Fall, daß er seine Werkstatt erreicht!« Er griff nach seinem Schwert.
»Nimm den Speer!« wies Flöte ihn an. »Das Schwert kann er dir aus der Hand reißen, der Speer dagegen hat genügend Macht, ihn dir vom Leib zu halten. Bitte, mein edler Vater, versuche, am Leben zu bleiben. Ich brauche dich!«
»Ich werde mein Bestes tun«, versicherte Sperber ihr.
»Vater?« fragte Kurik erstaunt.
»Das ist eine styrische Anrede«, sagte Sephrenia rasch und warf einen Blick auf Flöte. »Sie hat mit Respekt zu tun – und mit Zuneigung.«
In diesem Moment tat Sperber etwas, was er nur sehr selten in seinem Leben getan hatte. Er drückte die Handflächen vor der Brust zusammen und verbeugte sich vor diesem eigenartigen styrischen Kind.
Flöte klatschte vor Freude in die Hände, dann warf sie sich in seine Arme und küßte ihn heftig mit ihrem Rosenknospenmund. »Vater!« sagte sie noch einmal. Sperber fühlte sich überraschend verlegen. Flötes Kuß war nicht der eines kleinen Mädchens.
»Wie hart ist ein Trollschädel?« fragte Kurik Flöte barsch. Er war offenbar ebenso verwirrt wie Sperber von der unverhohlenen Zuneigung des kleinen Mädchens, die eher wie die Liebesbezeugung einer erwachsenen Frau war. Klirrend schüttelte er seinen mörderischen Morgenstern.
»Ein Trollschädel ist sehr, sehr hart«, antwortete Flöte.
»Wir haben gehört, daß er mißgestaltet ist«, fuhr Kurik fort. »Wie stark sind seine Beine?«
»Nicht sehr. Gerade, daß sie ihn tragen können.«
»Also gut, Sperber«, sagte Kurik. »Ich werde versuchen, von der Seite an ihn heranzukommen. Dann schmettere ich den Morgenstern auf seine Knie, die Hüften und Fußgelenke.« Er schwang seine Waffe pfeifend durch die Luft. »Falls es mir gelingt, ihn auf den Boden zu werfen, dann stoß ihm den Speer in die Eingeweide, und ich werde seinen Schädel zertrümmern.«
» Müßt Ihr so bildhaft sein, Kurik?« rügte Sephrenia und schauderte.
»Es geht um Leben und Tod, kleine Mutter«, sagte Sperber an Kuriks Statt. »Wir müssen besprechen, wie wir vorgehen, also bitte, haltet Euch da heraus. Komm, Kurik, gehen wir!« Entschlossen schritt er zum Ende des Ganges und trat offen hinaus in die Höhle.
Sie war ein Wunderwerk der Natur. Ihre Decke verlor sich in bläulichem Halbdunkel, und der tosende Wasserfall stürzte sich in glitzerndem goldenem Gischt in eine unvorstellbare Tiefe, aus der das Rauschen des Wassers in
Weitere Kostenlose Bücher