Elenium-Triologie
er genoß es, wenn seine Knechte zu seiner Ergötzung Schwachen und Hilflosen auf schreckliche Weise das Leben raubten.
Anfang des dritten Jahrtausends, nach Ablauf seines neunhundertsten freudlosen Lebensjahres, befahl Otha seinen unmenschlichen Knechten, den schlichten Altar Azashs zur Stadt Zemoch im nordöstlichen Hochland zu schaffen. Ein riesiges Abbild des Gottes wurde über diesem Altar errichtet und drum herum ein gewaltiger Tempel erbaut. Neben diesem Tempel – und durch ein labyrinthähnliches Netz von Gängen mit ihm verbunden – stand Othas Palast, ganz mit Blattgold überzogen, mit Mosaiken aus Perlen, Onyx und Chalzedon verziert und von Säulen getragen, deren Kapitelle aus kunstvoll geschliffenen Rubinen und Smaragden bestanden. Dort ernannte er sich selbst zum Kaiser von ganz Zemoch. Die donnernde, wenngleich ein wenig spöttische Stimme Azashs schallte bestätigend aus dem Tempel und wurde vom schrillen Jubelgeheul unzähliger Dämonen begrüßt.
Eine grauenvolle Schreckensherrschaft nahm in Zemoch ihren Lauf. Sämtliche anderen Kulte wurden gnadenlos ausgerottet. Tausende von Neugeborenen und von Jungfrauen wurden Azash als Blutopfer dargebracht, und Elenier wie Styriker gleichermaßen mit dem Schwert zu seiner Anbetung bekehrt. Otha und seine Schergen benötigten etwa ein Jahrhundert, um in den Untertanen auch den letzten Hauch von Lauterkeit auszulöschen. Blutlust und ausschweifende Grausamkeit wurden zur Alltäglichkeit, und die Riten, die man in den Tempeln und vor den Altären Azashs ausführte, wurden immer abscheulicher.
Im fünfundzwanzigsten Jahrhundert schien es Otha an der Zeit, sich dem letztendlichen Ziel seines ruchlosen Gottes zu widmen. Er sammelte seine menschlichen Armeen und ihre dämonischen Verbündeten an Zemochs westlicher Grenze und sandte sie schließlich auf die Ebenen von Pelosien, Lamorkand und Cammorien. Es ist unmöglich, die Schrecken dieser Invasion der zemochischen Horden in all ihrer Grausamkeit zu beschreiben. Die ungeheuren Greuel der Dämonen, welche die einfallenden Armeen begleiteten, sind zu gräßlich, sie in Worte zu fassen. Menschenschädel wurden zu Bergen gehäuft, Gefangene lebend gebraten und verschlungen, und Kreuze, Galgen und Pfähle säumten Straßen und Wege. Der Himmel war schwarz von Geier- und Rabenschwärmen, und die Luft stank nach verbranntem und verwesendem Fleisch.
Othas Armeen zogen siegessicher in die Schlacht, überzeugt, daß ihre dämonischen Verbündeten mühelos jeglichen Widerstand zerschlagen könnten. Doch sie hatten nicht mit den Kräften der Ordensritter gerechnet. Auf der Ebene von Lamorkand, unmittelbar südlich des Randerasees, kam es zur Entscheidungsschlacht.
Schon der physische Kampf war gewaltig, doch der übernatürliche übertraf ihn bei weitem. Unvorstellbare geistige Mächte tobten Tag und Nacht. Wogen vollkommener Finsternis und Schichten farbigen Lichtes rasten über das Schlachtfeld. Feuerbringende Blitze schossen aus dem Himmel. Ganze Truppenverbände wurden von der Erde verschlungen oder von plötzlich lodernden Flammen zu Asche verbrannt. Unaufhörlich krachte Donner; Erdbeben rissen den Boden auf, und die Lava ausbrechender Vulkane vernichtete Legionen. Tagelang währte die unvorstellbare Schlacht, ehe die Zemocher endlich Schritt um Schritt zurückgedrängt wurden. Die abscheulichen Kreaturen, die Otha gegen den Feind schickte, wurden eine nach der anderen durch die geballten Kräfte der Ordensritter zurückgeschlagen. Der langsame, widerwillige Rückzug der Zemocher wurde schließlich zur Flucht, als die entmutigte Horde auseinanderstob und zur zweifelhaften Sicherheit der Grenze floh.
Es war ein triumphaler Sieg der Elenier, doch er hatte sie viele Opfer gekostet. Gut die Hälfte der Ordensritter blieb auf dem Schlachtfeld zurück, und die Armeen der elenischen Könige waren um Tausende von Kriegern dezimiert worden. Die Sieger waren zu erschöpft und zahlenmäßig zu schwach, die flüchtenden Zemocher über die Grenze hinweg zu verfolgen.
Der aufgedunsene Otha, dessen geschrumpfte Beine nicht mehr imstande waren, sein Gewicht zu tragen, wurde auf einer Trage durch das Labyrinth in Zemoch zum großen Tempel gebracht, wo er den Zorn Azashs über sich ergehen lassen mußte. Er warf sich vor dem Idol seines Gottes zu Boden und flehte um Gnade.
Endlich sprach Azash: »Ein letztes Mal, Otha.« Die Stimme des Gottes klang bedrohlich ruhig. »Einmal, ein einziges Mal, lasse ich mich erweichen. Ich will
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