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Elenium-Triologie

Elenium-Triologie

Titel: Elenium-Triologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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sehen.«
    »So wende dich denn um, Otha«, wies die Stimme ihn an, »und erschaue, was verloren war.«
    Otha drehte sich um, und wahrhaftig, da stand die verirrte Ziege. Sie kaute müßig an den Blättern eines Busches und blickte Otha wie fragend an.
    Otha war ein derber, zuweilen recht übler Bursche, der Gefallen daran fand, hilflosen Geschöpfen Schmerzen zuzufügen, boshafte Streiche zu spielen, zu stehlen und sich einsame Hirtenmaiden gefügig zu machen, wann immer sich eine gefahrlose Möglichkeit bot. Er war habgierig und verschlagen und hatte eine allzu hohe Meinung von seiner Klugheit.
    Seine Gedanken überschlugen sich, während er die Ziege an den Busch band. Wenn diese geheimnisvolle styrische Gottheit eine verirrte Ziege herbeiwünschen konnte, wozu war sie sonst noch imstande? Dies war eine Gelegenheit, wie er sie nie mehr bekommen würde. »Also gut«, sagte er und täuschte Einfalt vor, »ein Gebet jetzt gleich, weil du die Ziege zurückgebrachthast. Über Seelen und Imperien und Reichtum und Unsterblichkeit und Frauen können wir uns später unterhalten. Aber zeig dich und sag mir deinen Namen!«
    »Ich bin Azash, der mächtigste der Älteren Götter. Wenn du bereit bist, mir zu dienen und andere zu meiner Anbetung zu gewinnen, gewähre ich dir viel mehr, als du dir gewünscht hast. Ich werde dich erheben, und unvorstellbarer Reichtum soll dein sein. Du wirst die schönsten aller Maiden bekommen, ewig leben und Macht über die Welt der Geister haben, wie noch kein Mensch vor dir. Als Preis verlange ich deine Seele, Otha, und die Seelen jener anderen, die du mir bringen wirst. Erschaue nun mein Antlitz und erzittere.«
    Die Luft um das Idol schimmerte, und Otha sah die wahre Form Azashs. Von Grauen erfüllt wich er vor dieser unerwarteten Erscheinung zurück und warf sich untertänig vor ihr zu Boden, denn im Grunde seines Herzens war Otha ein Feigling.
    »Bete, Otha!« forderte das Idol. »Meine Ohren hungern nach deiner Verehrung!«
    »Oh, mächtiger – äh – Azash? Gott der Götter und Herr über die Welt, höre mein Gebet und empfange meine demütige Verehrung. Ich bin nichts als Staub vor deinen Füßen, und du erhebst dich wie ein Berg vor mir. Ich bete dich an, ich lobpreise dich und danke dir aus tiefstem Herzen, daß du mir diese elende Ziege zurückgebracht hast – die ich prügeln werde, bis sie nicht mehr stehen kann, wenn ich erst daheim bin.« Zitternd hoffte Otha, daß dieses Gebet Azash zufriedenstellte – oder ihn zumindest soweit ablenkte, daß er entkommen konnte.
    »Ein gutes Gebet, Otha«, sagte das Idol, »für den Anfang. Mit der Zeit wirst du hoffentlich phantasievoller werden. Geh jetzt deines Weges und kehre am morgigen Tage zurück, dann werde ich dir Weiteres offenbaren.«
    Als Otha mit seiner Ziege heimwärts zog, schwor er sich, nie mehr hierher zu kommen, doch in der Nacht wälzte er sich schlaflos auf dem Strohsack in seiner schmutzigen Hütte herum, und vor seinem inneren Auge leuchteten Bilder von Reichtum und unterwürfigen jungen Frauen, mit denen er sich nach Belieben vergnügen könnte. »Schauen wir doch erst mal, wohin das führt«, murmelte er zu sich, als das Morgengrauen die ruhelose Nacht beendete. »Wenn es sein muß, kann ich immer noch weglaufen.«
    Und so wurde ein schlichter zemochischer Ziegenhirt zum Jünger des Älteren Gottes Azash, eines Gottes, dessen Namen Othas styrische Nachbarn nicht einmal auszusprechen wagten, so groß war ihre Angst.
    In den folgenden Jahrhunderten erkannte Otha, wie ungeheuerlich seine Versklavung war. Azash formte ihn geduldig vom demütigen Anbeter zum Meister ruchloser Riten und schließlich zum entmenschlichten Werkzeug. Der zuvor muntere, wenngleich häufig unerfreuliche Ziegenhirt wurde mürrischer und finsterer, je mehr die gefürchtete Gottheit von seinem Geist und seiner Seele Besitz ergriff. Obwohl ihm ein halbes Dutzend Lebensalter und mehr beschieden waren, wurden seine Glieder dürr, während Wanst und Schädel anschwollen, sein Haar ausfiel und die Haut durch seine Abneigung gegen die Sonne fahlweiß welkte. Sein Reichtum wuchs unermeßlich, doch er fand keine Freude daran. Er hatte ungezählte hingebungsvolle Konkubinen, doch ihre Reize ließen ihn kalt. Abertausende von Geistern und Kobolden und Kreaturen der Finsternis harrten, bereit, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, aber er brachte nicht einmal genügend Interesse auf, sie zu rufen. Zeuge von Qual und Tod zu sein, wurde sein einziges Vergnügen, und

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