Elenium-Triologie
wir sie rechtzeitig zur Wahl in die Basilika bringen können.« Er blickte Talen an. »Wie viele brauchen wir – was ist das absolute Minimum, um Annias' Sieg zu verhindern?«
»Wenn er sich die Stimmen dieser neun beschaffen kann, wird er vierundsiebzig haben, Eminenz. Und wenn wir sechs der Patriarchen finden, die sich versteckt haben, werden es hundertfünfundzwanzig Wähler sein. Sechzig Prozent davon sind fünfundsiebzig. Er hätte also nicht genügend.«
»Sehr gut, Talen«, dankte Vanion. »Das wär's denn, meine Herren. Wir reiten nach Chyrellos und suchen die Stadt nach sechs Patriarchen ab, die bereit sind, gegen Annias zu stimmen. Wir stellen selbst einen Kandidaten auf – irgend jemanden – und führen bis Warguns Ankunft einfach eine Abstimmung nach der anderen durch.«
»Das ist trotzdem nicht das gleiche wie ein Sieg«, brummelte Komier.
»Aber das nächstbeste«, gab Vanion zu bedenken.
Sperber schlief in dieser Nacht sehr unruhig. Die Dunkelheitschien mit Schreien, Ächzen und Stöhnen und einem unbeschreiblichen Grauen erfüllt zu sein. Schließlich stand er auf, warf sich eine Mönchskutte über und begab sich zu Sephrenia.
Wie er fast erwartet hatte, fand er sie mit einer Teetasse in der Hand am Eingang ihres Zeltes sitzend vor. »Schlaft Ihr denn nie?« fragte er.
»Eure Träume halten mich wach, Lieber.«
»Ihr wißt, was ich träume?« fragte er staunend.
»Nicht die Einzelheiten, aber ich weiß, daß Euch etwas quält.«
»Ich habe den Schatten wieder gesehen, als ich Vanion und den anderen Hochmeistern den Bhelliom zeigte.«
»Ist es das, was Euch beunruhigt?«
»Zum Teil. Jemand hat mit der Armbrust auf mich geschossen, als Ulath, Kalten und ich aus dem Kloster kamen, in dem Arissa gefangen ist.«
»Aber das ist geschehen, bevor Ihr den Bhelliom aus dem Beutel genommen habt. Vielleicht gibt es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen den Vorfällen.«
»Möglicherweise spart der Schatten sie auf – vielleicht kann er sie in der Zukunft eintreffen sehen. Es könnte auch sein, daß ich den Bhelliom gar nicht berühren muß, um den Schatten zu veranlassen, einen Mörder zu schicken.«
»Gehören zur elenischen Logik so viele Vermutungen?«
»Nein, und das beunruhigt mich ein bißchen – aber nicht genug, daß ich die Hypothese aufgebe. Azash schickt nun schon lange die verschiedensten Kreaturen, die mich töten sollen, kleine Mutter, und alle hatten irgend etwas Unnatürliches an sich. Dieser Schatten, den ich aus den Augenwinkeln sehe, ist zweifellos nicht natürlich, sonst hättet Ihr ihn ebenfalls sehen müssen.«
»Das könnte stimmen.«
»Dann wäre ich doch töricht, wenn ich meine Vorsicht außer acht ließe, nur weil ich nicht beweisen kann, daß Azash den Schatten schickt, oder?«
»Wahrscheinlich.«
»Obwohl ich es nicht beweisen kann, weiß ich aber, daß es irgendeine Verbindung zwischen dem Bhelliom und diesem huschenden Schatten gibt. Welcherart sie ist, weiß ich noch nicht, und vielleicht schätze ich deshalb bestimmte Zufälle falsch ein. Doch um sicherzugehen, gehe ich lieber vom Schlimmsten aus: daß der Schatten zu Azash gehört, daß er dem Bhelliom folgt und menschliche Meuchler auf mich ansetzt.«
»Das hört sich plausibel an.«
»Ich freue mich, daß Ihr mir beistimmt.«
»Ihr seid Euch dessen doch bereits klar gewesen, Sperber. Warum seid Ihr dann zu mir gekommen?«
»Ich brauchte Euch als Zuhörerin, während ich es mir selbst noch einmal klarmachte.«
»Ich verstehe.«
»Außerdem bin ich gern in Eurer Gesellschaft.«
Sie lächelte ihn liebevoll an. »Ihr seid ein so guter Junge, Sperber. Und jetzt erzählt mir, weshalb Ihr diesen letzten Anschlag auf Euer Leben vor Vanion geheimgehalten habt?«
Er seufzte. »Ihr billigt es also nicht.«
»Stimmt.«
»Nun, ich möchte nicht, daß er mich in die Mitte der Kolonne steckt und gerüstete Ritter ihre Schilde über mich halten müssen. Ich muß sehen, was auf mich zukommt, Sephrenia. Könnte ich das nicht, würde ich aus der Haut fahren.«
»Du meine Güte«, seufzte sie.
Faran war gereizt. Anderthalb Tage fast ununterbrochenen Dahintrabens hatte seine normale Übellaunigkeit noch gesteigert. Etwa fünfzig Meilen vor Chyrellos ließen die Hochmeister die Kolonne anhalten und wiesen die Ritter an, abzusitzen und ihre Pferde eine Zeitlang im Schritt gehen zu lassen.
Faran versuchte Sperber dreimal zu beißen, während der große Ritter aus dem Sattel kletterte. Als der kräftige Braune
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