Elenium-Triologie
Berechnung etwas länger. Annias kritzelte ein einzelnes Wort auf einen Zettel. Sperber, der über seine Schulter blickte, las »Abstimmen«.
Der Punkt, über den Makova eine Abstimmung verlangte, war vollkommen lächerlich. Alle wußten das. Die einzige Frage, welche die Abstimmung beantworten sollte, war die, für welche Seite die neun neutralen, nahe der Tür nebeneinandersitzenden und nun ziemlich verängstigt wirkenden Patriarchen sich entscheiden würden.
Makovas Stimme zitterte, als er schließlich das Abstimmungsergebnis verkündete. Die neun hatten allesamt gegen den Primas von Cimmura gestimmt.
Die Flügeltür wurde aufs neue geöffnet, und drei Mönche in schwarzen Kutten traten ein. Sie schoben ihre Kapuzen zurück und begaben sich feierlich gemessenen Schrittes zum Podest. Als sie es erreichten, zog einer ein gefaltetes schwarzes Tuch unter seiner Kutte hervor, und die drei breiteten es ernst über den Thron, womit sie kundtaten, daß der Erzprälat Cluvonus dahingeschieden war.
9
»Wie lange wird die Stadt offiziell in Trauer sein?« fragte Tynian Dolmant an diesem Nachmittag, als sich alle wieder im Studiergemach des Patriarchen zusammengefunden hatten.
»Eine Woche«, antwortete Dolmant. »Dann findet die Beerdigung statt.«
»Und während dieser Zeit tut sich gar nichts?« erkundigte sich der Alzioner im blauen Umhang. »Keine Sitzungen der Hierokratie oder dergleichen?«
Dolmant schüttelte den Kopf. »Nein. Wir sollen diese Woche mit Beten und innerer Einkehr verbringen.«
»Es ist eine Zeit der Besinnung«, erklärte nun Vanion. »Und Wargun dürfte es schaffen, in der Zwischenzeit hierherzugelangen.« Er runzelte die Stirn. »Wir haben trotzdem ein Problem. Annias hat kein Geld mehr, und das bedeutet, daß seine Stimmenmehrheit immer stärker ins Wanken gerät und seine Verzweiflung wächst. Und Verzweifelte neigen zu unüberlegten Handlungen.«
»Das stimmt«, pflichtete Komier ihm bei. »Ich vermute, daß Annias sich der Straße zuwenden wird. Er wird seine Stimmen durch Einschüchterung halten und die Gesamtstimmenzahl verringern, indem er jene Patriarchen ermorden läßt, die auf unserer Seite stehen, bis er deren Zahl so weit verringert hat, daß ihm die Mehrheit sicher ist. Ich glaube, es ist an der Zeit, uns zu verschanzen, meine Herren. Sehen wir zu, daß wir unsere Freunde hinter feste Mauern schaffen, wo wir sie beschützen können.«
»Ich kann dem nur zustimmen«, sagte Abriel. »Unsere derzeitige Lage ist prekär.«
»Welches Ordenshaus liegt der Basilika am nächsten?« fragte Patriarch Emban. »Unsere Freunde werden zu den Sitzungen und wieder zurück durch die Straßen laufen müssen. Wir sollten sie so wenig Gefahren wie möglich aussetzen.«
»Unseres ist am nächsten«, erwiderte Vanion. »Und es hat seinen eigenen Brunnen. Nach allem, was heute morgen geschehen ist, möchte ich wahrhaftig nicht, daß Annias irgendwie an unser Frischwasser herankommt.«
»Vorräte?« erkundigte Darellon sich.
»Wir haben genug, einer sechsmonatigen Belagerung standzuhalten«, versicherte ihm Vanion. »Leider ist es nur Soldatenproviant, fürchte ich, Eminenz«, wandte er sich an den wohlbeleibten Emban.
Emban seufzte. »Macht nichts. Ich wollte sowieso ein bißchen abnehmen.«
»Es ist ein guter Plan«, meinte Hochmeister Abriel, »aber er hat einen Nachteil. Wenn wir uns alle in einem Ordenshaus aufhalten, können die Kirchensoldaten uns umzingeln. Dann sitzen wir fest und haben keine Möglichkeit, zur Basilika zu gelangen.«
»Dann kämpfen wir uns eben den Weg frei!« brummte Komier und setzte gereizt seinen Helm mit den Ogerhörnern auf.
Abriel schüttelte den Kopf. »Bei Kämpfen geht es nicht ohne Verluste ab. Wir können es uns jedoch nicht leisten, auch nur einen einzigen Patriarchen zu verlieren.«
»Wir können also gar nicht gewinnen«, sagte Tynian.
»Das würde ich nicht sagen«, widersprach Kalten.
»Wißt Ihr denn einen Ausweg?«
»Ich denke schon.« Kalten blickte Dolmant an. »Dazu brauche ich Euer Einverständnis, Eminenz.«
»Ich höre. Wie sieht Euer Plan aus?«
»Wenn Annias zu roher Gewalt greift, bedeutet dies das Ende der bürgerlichen Ordnung, richtig?«
»Mehr oder weniger, ja.«
»Wenn er sich nicht an die Gesetze hält, warum sollten wir es dann? Falls wir die Zahl der Kirchensoldaten um das Ordenshaus der Pandioner verringern wollen, brauchen wir sie nur mit etwas Wichtigem abzulenken.«
»Die Stadt wieder in Brand setzen?« schlug
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