Elenium-Triologie
können.«
»Aber es ist schade, daß sie die Sitzung so schnell abgebrochen haben«, warf Talen ein. »So, wie die Dinge jetzt stehen, brauchen wir nur noch eine einzige Stimme, um unseren eigenen Erzprälaten durchzukriegen.«
Sperber war in Hochstimmung, als er und seine Gefährten sich unter das Gedränge am Ausgang mischten. Zwar war Martel noch immer eine ernsthafte Bedrohung für die Heilige Stadt, aber es war ihnen zumindest gelungen, die Intrigen Annias' und seiner Helfershelfer zu unterbinden. Und daß der Primas von Cimmura seine Stimmen längst nicht so gut im Griff hatte, wie es für seine Wahl erforderlich gewesen wäre, ging schon daraus hervor, daß vier seiner bezahlten Stimmen zur anderen Seite übergelaufen waren.
Aber plötzlich befiel Sperber wieder dieses inzwischen nur allzu bekannte, fast überwältigende Gefühl drohenden Grauens. Er drehte sich halb um. Und diesmal sah er ihn sogar, zumindest teilweise. Der Schatten befand sich hinter dem Erzprälatenthron und schien dort im Dämmerlicht leicht zu wogen. Schnell langte Sperber unter seinen Wappenrock und vergewisserte sich, daß der Bhelliom sich in seinem Leinenbeutel befand und daß dessen Schnur fest zugezogen war. Offenbar hatte er sich mit seiner Vermutung getäuscht. Der Schatten konnte auch unabhängig vom Bhelliom erscheinen – und das sogar hier in der heiligsten Stätte des elenischen Glaubens! Beunruhigt verließ Sperber mit seinen Freunden den Saal, der ihm nun finster und kalt erschien.
Der Anschlag auf Sperbers Leben erfolgte fast unmittelbar, nachdem er den Schatten bemerkt hatte. Ein Mönch mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, einer von vielen in der Menge an der Tür, wirbelte plötzlich herum und stieß mit einem schmalen Dolch direkt nach des großen Pandioners ungeschütztem Gesicht. Nur seine blitzschnelle Reaktion rettete Sperber. Ohne zu überlegen wehrte er den Dolch mit dem gepanzerten Arm ab und packte den Mönch. Der Mann in der Kutte schrie verzweifelt auf und stach sich die Klinge in die Seite. Er erstarrte abrupt, und Sperber spürte, wie ein heftiger Schauder den Körper des Mannes durchfuhr. Dann hing er schlaff und mit leerem Gesicht in Sperbers Griff.
»Kalten!« zischte Sperber seinem Freund zu. »Hilf mir, ihn auf den Füßen zu halten.«
Kalten trat rasch an die andere Seite des toten Mönchs und nahm seinen Arm.
»Ist unserem Bruder nicht wohl?« erkundigte sich ein anderer Mönch, als sie die Leiche so aufrecht wie möglich durch die Tür trugen.
»Er ist ohnmächtig«, erklärte Kalten gleichmütig. »Die vielen Menschen und das Gedränge waren wohl zu viel für ihn. Mein Freund und ich bringen ihn in eine Kammer, wo er sich erholen kann.«
»Geschickt«, lobte Sperber leise.
»Da siehst du mal wieder, wie schnell mir was einfällt.« Kalten deutete mit dem Kopf zu einer nahen Tür. »Schaffen wir ihn dort hinein und sehen ihn uns genauer an.«
Sie schleiften die Leiche in die Kammer und schlossen die Tür hinter sich. Kalten zog den Dolch aus der Seite des Mönches. »Und das soll eine Waffe sein?« sagte er abfällig.
»Sie hat genügt«, brummte Sperber. »Schon die kleine Stichwunde hat ihn steif wie ein Brett werden lassen.«
»Gift?« fragte Kalten.
»Wahrscheinlich. Außer der Anblick seines eigenen Blutes hat ihn umgeworfen. Sehen wir mal nach.« Sperber bückte sich und riß die Kutte des Mönches auf.
Der ›Mönch‹ war ein Rendorer.
»Wenn das nicht interessant ist!« sagte Kalten. »Hat ganz den Anschein, als würde der Armbrustschütze, der es schon mehrmals auf dich abgesehen hatte, jetzt Hilfe von außerhalb in Anspruch nehmen.«
»Vielleicht ist er selber der Schütze.«
»Bestimmt nicht, Sperber. Der Armbrustschütze hat sich immer zwischen anderen Menschen versteckt. Aber jeder mit auch nur ein bißchen Hirn würde einen Rendorer erkennen. Er hätte sich nicht unbemerkt unter die Menge mischen können.«
»Wahrscheinlich hast du recht. Gib mir den Dolch. Ich zeige ihn am besten Sephrenia.«
»Martel ist offenbar doch nicht so erpicht darauf, dir noch einmal zu begegnen.«
»Wieso glaubst du, daß Martel dahintersteckt?«
»Und warum meinst du, daß es nicht der Fall ist? Was tun wir damit?« Kalten deutete auf die Leiche.
»Laß ihn liegen. Der Hausmeister der Basilika wird ihn schon finden und für uns wegschaffen.«
Viele Kirchensoldaten reichten ihren Abschied ein, als sie erfuhren, daß sie unter den Befehl der Ordensritter gestellt werden sollten –
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