Elenium-Triologie
Stirn, und ihr Gesicht strahlte Ruhe aus. Mirtais Gewand war von einem in Elenien unbekannten Schnitt. Es war von tiefem Königsblau und schien weder Naht noch Saum zu haben. An beiden Schultern wurde es von einer edelsteinbesetzten Spange gehalten. Eine lange Goldkette, die das Gewand unter dem Busen raffte, überkreuzte sich am Rükken, wand sich um die Taille und verlief über die Hüften nach vorn zu einem aufwendigen, tiefliegenden Knoten, so daß die in quastenähnlichen Strängen auslaufenden Enden fast den Boden berührten. Ihre bronzenen Arme waren bis zur Schulter unbedeckt, makellos glatt, doch sehr muskulös. Sie trug goldene Sandalen, und ihr jetzt offenes, glänzend schwarzes Haar floß glatt den Rücken bis über die Oberschenkel hinab. Ein schlichter Silberreif zierte ihre Stirn, und statt Armreifen lagen breite Bänder aus brüniertem Stahl mit gehämmertem Gold um ihre Handgelenke. Aus Rücksicht auf elenische Gefühle trug sie keine sichtbaren Waffen.
Der Domi Kring seufzte schmachtend, als sie ins Kirchenschiff trat und neben Sephrenia feierlichen Schrittes durch den Mittelgang zum Altar marschierte.
Wieder setzte traditionsgemäß eine Pause ein; dann trat die Braut, deren Linke leicht auf dem Arm des alten Königs Obler ruhte, aus dem Vestibül und blieb stehen, damit alle sie bewundern konnten – nicht so sehr als Frau, denn als Kunstwerk. Ihr Gewand war aus weißem Satin, doch das war bei fast allen Bräuten so. Dieses Gewand jedoch war mit Goldlame gefüttert, und die langen Ärmel waren umgeschlagen, so daß man dies auch sehen konnte. Um die Taille trug Ehlana einen breiten Gürtel aus Goldgeflecht mit kostbaren Edelsteinen. Ein märchenhaftes Goldcape fiel am Rücken bis zur Taille und der glänzenden Satinschleppe. Eine Krone saß auf ihrem aschblonden Haar – nicht die traditionelle Krone Eleniens, sondern wie der Gürtel ein kunstvolles Goldgeflecht, in dem Perlen und kleine, verschiedenfarbige Juwelen funkelten. Die Krone hielt den Schleier, der vorn bis zum Mieder reichte und hinten über die Schultern fiel und so fein wie zarter Dunst war. In der Hand hielt sie eine weiße Blume, und ihr bleiches junges Gesicht strahlte.
»Wie ist sie in so kurzer Zeit an ein solches Gewand gekommen?« flüsterte Berit Kurik zu.
»Sephrenia hat es herbeigezaubert, nehme ich an.«
Dolmant bedachte die beiden mit einem strafenden Blick, und sie hörten zu flüstern auf.
Nach der Königin von Elenien erschienen die Monarchen Wargun, Dregos und Soros, sowie der Kronprinz von Lamorkand in Vertretung seines Vaters, gefolgt vom cammorischen Botschafter. Rendor war hier nicht vertreten, und niemand hatte daran gedacht, Otha von Zemoch einzuladen.
Der Hochzeitszug schritt feierlich durch den Mittelgang zum Altar und dem wartenden Bräutigam. Platime und Stragen bildeten den Abschluß. Talen schritt zwischen ihnen und trug das weiße Samtkissen, auf dem das Paar Rubinringe lag. Es sollte vielleicht erwähnt werden, daß sowohl Stragen wie Platime ein waches Auge auf den jugendlichen Dieb hatten.
Sperber blickte seiner Braut entgegen, als sie mit strahlendem Gesicht näher kam. Und in diesen Augenblicken wurde ihm etwas bewußt, das er sich bisher nie eingestanden hatte. Die Erziehung Ehlanas war eine Aufgabe gewesen, die er nur widerwillig übernommen hatte, als sie ihm vor vielen Jahren anvertraut worden war. Es war nicht nur eine lästige Aufgabe gewesen, sondern auch eine Demütigung, an der Ehlana jedoch keine Schuld traf, denn auch sie war, wie Sperber ein Opfer der Laune ihres Vaters geworden. Das erste Jahr war außerordentlich aufreibend gewesen. Das Mädchen, das ihm jetzt so glücklich entgegenkam, war damals unendlich verschüchtert gewesen und hatte anfangs nur zu Rollo geredet, einem kleinen, arg mitgenommenen Plüschtier, das zu jener Zeit ihr ständiger und wahrscheinlich einziger Gefährte gewesen war. Mit der Zeit hatte sie sich jedoch an Sperbers narbiges Gesicht und seine Bestimmtheit gewöhnt, und von jenem Tag an, als ein arroganter Höfling sich ihr gegenüber unverschämt benahm, worauf Sperber ihn heftig zurechtwies, war aus Ehlanas unsicherem Zutrauen zu Sperber Freundschaft geworden. Es war zweifellos das erste Mal gewesen, daß jemand Blut für sie vergossen hatte – die Nase des Höflings hatte sehr stark geblutet –, und damit hatte sich für die kleine blasse Prinzessin eine völlig neue Welt aufgetan. Sie vertraute nunmehr ihrem Ritter alles an – auch Dinge, die ihm
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