Elenium-Triologie
»Liebst du mich wirklich? Ich weiß, daß ich dich dazu gedrängt habe – zuerst in Cimmura, und nun hier. Hast du mich geheiratet, weil du mich wirklich liebst, oder hast du nur nachgegeben, weil ich die Königin bin?« Ihre Stimme zitterte, und ihre Augen verrieten Verwundbarkeit.
»Du stellst dumme Fragen, Ehlana«, sagte er sanft. »Ich gebe zu, daß du mich zuerst erschreckt hast – wahrscheinlich, weil ich keine Ahnung hatte, daß du so empfindest. Ehlana, ich liebe dich. Ich habe nie eine andere geliebt und werde nie eine andere lieben. Mein Herz ist etwas mitgenommen, aber es gehört ganz dir.« Dann küßte er sie, und sie schmiegte sich an ihn.
Der Kuß schien nicht enden zu wollen. Schließlich spürte Sperber eine zierliche Hand zärtlich seinen Nacken hochstreichen und seine Krone abnehmen. Er legte das Gesicht ein wenig zurück und blickte in ihre strahlenden grauen Augen. Dann nahm er sanft ihre Krone von ihrem Haar und ließ den Schleier auf den Boden schweben. Ernst öffnete jeder des anderen Umhang und ließ ihn auf den Boden gleiten.
Das Fenster stand offen, und der milde Nachtwind, der die Spitzenvorhänge am Fenster bauschte, trug die nächtlichen Geräusche Chyrellos' mit sich. Sperber und Ehlana fühlten den Wind nicht, und das einzige Geräusch, das sie hörten, war das Pochen ihrer beider Herzen.
Die Kerzen waren niedergebrannt, dennoch war es nicht dunkel im Gemach. Der Vollmond stand am Himmel und füllte die Nacht mit bleichem Silberschein, der sich im feinen Gespinst des schwach flatternden Vorhangs zu verfangen schien, und das Leuchten dieser Vorhänge schenkte ein feineres, vollkommeneres Licht, als Kerzen es vermocht hätten.
Es war sehr spät – genauer gesagt, sehr früh. Sperber war kurz eingenickt, doch seine bleiche, mondbeschienene Gemahlin rüttelte ihn wach. »Nichts da«, rügte sie. »Wir haben nur diese eine Nacht, und du wirst sie nicht mit Schlafen vergeuden.«
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich. »Es war ein rastloser Tag.«
»Und eine rastlose Nacht«, fügte sie mit schelmischem Lächeln hinzu. »Hast du gewußt, daß du schnarchst wie ein Holzfäller?«
»Es liegt an meiner gebrochenen Nase, glaube ich.«
»Das könnte mit der Zeit zum Problem werden, Liebster. Ich habe einen sehr leichten Schlaf.« Ehlana kuschelte sich in seine Arme und seufzte zufrieden. »Oh, das ist schön«, sagte sie. »Wir hätten schon vor Jahren heiraten sollen.«
»Ich glaube, da hätte dein Vater etwas dagegen gehabt. Übrigens, was ist eigentlich aus Rollo geworden?«
»Nachdem Vater dich ins Exil geschickt hatte, begann seine Füllung herauszuquellen. Ich habe ihn gewaschen und bewahre ihn im obersten Fach meines Kleiderschranks auf. Ich werde ihn neu ausstopfen lassen, wenn wir unser erstes Baby haben. Der arme Rollo. Er hat ganz schön was mitgemacht, als du nicht mehr da warst. Er bekam meine ganzen Tränen ab. Mehrere Monate lang war er ein sehr aufgeweichtes kleines Plüschtier.«
»Hast du mich denn so sehr vermißt?«
»Dich vermißt? Ich dachte, ich würde sterben. Ich wollte wirklich sterben.«
Er drückte sie fester an sich.
»Also gut«, sagte sie, »unterhalten wir uns darüber.«
Er lachte. »Mußt du unbedingt alles aussprechen, was dir gerade einfällt?«
»Wenn wir allein sind, schon. Ich habe keine Geheimnisse vor dir, mein Gemahl.« Da erinnerte sie sich. »Von wem kam die Musik, die wir während der Zeremonie gehört haben.«
»Von Aphrael. Ich muß Sephrenia noch fragen, aber ich bin mir jetzt schon ziemlich sicher, daß wir in mehr als einem Glauben getraut wurden.«
»Dann habe ich noch ein Band mehr, mit dem ich dich halten kann.«
»Das hast du gar nicht nötig. Schon seit du sechs warst, hattest du mich fest in der Hand.«
Sie schmiegte sich noch enger an ihn. »Weiß Gott, ich habe mein möglichstes getan.« Plötzlich setzte sie sich auf. »Aber ich muß sagen, ein bißchen verärgert mich deine kleine styrische Göttin. Sie scheint immer in der Nähe zu sein. Wer weiß, ob sie nicht in diesem Augenblick unsichtbar in irgendeiner Ecke schwebt. Meinst du, das wäre möglich?«
»Es würde mich nicht wundern.« Er neckte sie mit voller Absicht.
» Sperber! «
Im bleichen Mondlicht konnte er es nicht erkennen, aber Sperber vermutete stark, daß Ehlana jetzt tief errötete.
»Mach dir deshalb keine Sorgen, Liebling.« Er lachte. »Aphrael ist außerordentlich höflich. Es würde ihr nie in den Sinn kommen, ungebeten hier
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