Elenium-Triologie
einzudringen.«
»Aber sicher können wir nie sein, nicht wahr? Ich weiß nicht recht, ob ich sie mag. Ich habe das Gefühl, daß sie dir sehr zugetan ist, und die Vorstellung, eine göttliche Rivalin zu haben, gefällt mir gar nicht.«
»Sie ist ein Kind, Ehlana.«
»Na und? Ich war erst fünf, als ich dich das erste Mal sah, Sperber, aber du hattest den Raum kaum betreten, da beschloß ich, dich zu heiraten.« Sie rutschte aus dem Bett, ging zu dem mondhellen Fenster und zog die Vorhänge auseinander. Im bleichen Silberlicht sah sie wie eine Alabasterstatue aus.
»Solltest du nicht lieber einen Morgenrock anziehen?« schlug er vor. »Du setzt dich öffentlicher Betrachtung aus, weißt du.«
»In Chyrellos schlafen alle schon seit Stunden. Außerdem befinden wir uns fünf Stockwerke über der Straße. Ich möchte den Mond anschauen. Er und ich sind uns sehr nahe, und ich möchte, daß er weiß, wie glücklich ich bin.«
»Heidin.« Sperber lächelte.
»Ja, vielleicht bin ich das«, gab sie zu. »Aber alle Frauen fühlen eine eigenartige Verbundenheit mit dem Mond. Er berührt uns auf eine Weise, die ein Mann nie verstehen könnte.«
Sperber glitt nun ebenfalls aus dem Bett und stellte sich zu ihr ans Fenster. Der Mond stand sehr klar und sehr hell am Himmel; dennoch verwusch sein Silberlicht jede Farbe und verbarg so zum Teil die Zerstörung, die Martels Belagerung der Heiligen Stadt gebracht hatte. Nur den Rauchgeruch, der noch stark in der Nachtluft hing, vermochte er nicht zu verdrängen.
Ehlana zog Sperbers Arme um sich und seufzte. »Ob Mirtai vor meiner Tür schläft?« fragte sie sich laut. »Das tut sie nämlich sonst, weißt du. War sie heute abend nicht wunderschön?«
»O ja. Ich hatte noch keine Gelegenheit, dir davon zu erzählen, aber Kring ist hingerissen von ihr. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, den die Liebe so überwältigt hat.«
»Zumindest ist er offen und ehrlich. Dir muß ich Liebesbeteuerungen aus der Nase ziehen, mein edler Prinzgemahl.« Sie kräuselte die Stirn. »Das ist ein sehr umständlicher Titel. Sobald ich wieder in Cimmura bin, werde ich mich mit Lenda unterhalten. Wenn ich mich nicht irre, gibt es irgendwo ein Herzogtum ohne Herzog. Und wenn nicht, beschaffe ich dir eines. Ich werde ohnehin einige von Annias' Helfershelfern enteignen. Wie würde es dir gefallen, Herzog zu sein, Durchlaucht?«
»Vielen Dank, Majestät, aber ich verzichte gern auf zusätzliche Titel.«
»Aber ich möchte dir Titel geben!«
»Mir persönlich gefällt ›Gemahl‹ sehr gut.«
»Jeder Mann kann ein Gemahl sein.«
»Aber ich bin der einzige, der deiner ist.«
Sie lächelte. »Ich glaube, Sperber, mit ein bißchen Übung kannst du ein perfekter Edelmann werden.«
»Die meisten perfekten Edelleute, die ich kenne, sind Höflinge. Ihr Ruf ist nicht sonderlich gut.«
Sie fröstelte.
»Du frierst!« sagte er besorgt. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst einen Morgenrock anziehen.«
»Wozu brauche ich einen Morgenrock, wenn ich diesen lieben wärmenden Gemahl bei mir habe?«
Er bückte sich, hob sie auf die Arme und trug sie ins Bett zurück.
»Das habe ich mir erträumt«, gestand sie, als er sich zu ihr legte und die Decken über sie beide zog. »Weißt du was, Sperber?« Sie kuschelte sich wieder an ihn. »Ich habe immer ein bißchen Angst vor dieser Nacht gehabt. Ich dachte, ich würde schrecklich nervös und gehemmt sein, aber ich bin es überhaupt nicht.« Sie küßte ihn lange.
»Was meinst du, wie spät ist es?«
»Noch etwa zwei Stunden bis Sonnenaufgang.«
»Gut, dann haben wir noch viel Zeit. Du wirst doch vorsichtig sein in Zemoch, nicht wahr?«
»Ich werde mein Bestes tun.«
»Aber bitte nichts Heroisches, um mich zu beeindrucken, Sperber. Ich bin schon beeindruckt.«
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach er.
»Da wir gerade davon sprechen – möchtest du meinen Ring jetzt?«
»Gib ihn mir lieber in aller Öffentlichkeit. Damit Sarathi sieht, daß wir unseren Teil der Abmachung einhalten.«
»War ich wirklich so schrecklich zu ihm?«
»Du hast ihn ein bißchen bestürzt. Sarathi ist den Umgang mit Frauen deines Schlages nicht gewohnt. Ich glaube, du kostest ihn allerhand Nerven.«
»Koste ich dich auch Nerven, Sperber?«
»Nein. Schließlich habe ich dich erzogen. Da bin ich deine kleinen Eigenarten gewohnt.«
»Da hast du wirklich Glück, weißt du. Sehr wenige Männer haben die Gelegenheit, ihre Gemahlinnen zu erziehen. Auf dem Weg nach Zemoch kannst
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