Elenium-Triologie
Schlaf.«
Der Fuchs drehte ihm den Rücken zu.
»Haltet die Augen offen«, warnte Sperber den Pförtner. »Jemand beobachtete mich, als ich hierherritt, und ich hatte das Gefühl, daß es etwas mehr als müßige Neugier war.«
Die Züge des Pförtners wurden hart. »Ich kümmere mich darum.«
»Gut.« Sperber drehte sich um, überquerte die naßglänzenden Steine des Hofes und stieg die Stufen hinauf, die zu der überdachten Galerie rings um das Obergeschoß der Herberge führte.
Diese Herberge war ein wohlgehütetes Geheimnis, das nur wenige in Cimmura kannten. Obgleich sie sich scheinbar nicht von den Dutzenden ähnlichen in der Stadt unterschied, wurde sie von den pandionischen Rittern betrieben und erwies sich als sichere Zuflucht für einen jeden aus ihren Reihen, der aus dem einen oder anderen Grund nicht die Annehmlichkeiten ihres hiesigen Ordenshauses am Ostrand der Stadt nutzen wollte.
Oben angekommen, blieb Sperber vor der nächsten Tür stehen und tippte mit den Fingerspitzen dagegen. Nach einem Moment öffnete sie ein kräftiger Mann mit eisengrauem Haar und kurz gestutztem und dennoch struppigem Bart. Seine lange Weste, das Beinkleid sowie die Stiefel waren aus schwarzem Leder, ebenso der Gürtel, von dem ein schwerer Dolch hing. Kräftige Muskeln schwollen an den nackten Armen und Schultern. Er war kein schöner Mann, und seine Augen wirkten hart wie Achat. »Du kommst spät«, sagte er statt einer Begrüßung.
»Es gab einige Schwierigkeiten unterwegs«, antwortete Sperber lakonisch und trat in die warme, von Kerzen und offenem Feuer erhellte Stube.
Der Breitschultrige schloß die Tür hinter ihm und schob den Riegel scharrend vor. Sperber betrachtete ihn. »Ich hoffe, es ging dir gut, Kurik«, sagte er zu dem Mann, den er seit zehn Jahren nicht gesehen hatte.
»So einigermaßen. Zieh den nassen Umhang aus.«
Sperber grinste, stellte die Sattelbeutel auf dem Boden ab und öffnete die Spange seines triefenden Wollumhangs. »Wie geht es Aslade und den Jungen?«
»Sie wachsen«, brummte Kurik und nahm den Umhang. »Meine Söhne wachsen in die Höhe und Aslade in die Breite. Das Landleben tut ihr gut.«
»Du magst doch rundliche Frauen, Kurik«, erinnerte Sperber seinen Knappen und alten Freund. »Deshalb hast du sie doch geheiratet, oder?«
Wieder brummte Kurik und musterte die hagere Gestalt des Ritters. »Du hast dir wohl nie Zeit zum Essen genommen, Sperber«, stellte er anklagend fest.
»Versuch nicht, mich zu bemuttern, Kurik!« Sperber ließ sich in einen schweren Eichensessel fallen und schaute sich um. Boden und Wände der Stube waren aus Stein, dicke, rußige Balken stützten die niedrige Decke. Unter dem Steinbogen des Kamins prasselte Feuer und füllte den Raum mit Licht und tanzenden Schatten. Zwei Kerzen brannten auf dem Tisch, und an zwei gegenüberliegenden Wänden standen schmale Pritschen. Doch als erstes wanderte Sperbers Blick zu dem schweren Ständer, der neben dem Fenster stand, dessen blaue Vorhänge zugezogen waren. Von diesem Ständer hing eine vollständige, schwarz emaillierte Paraderüstung, daneben lehnte ein großer schwarzer Schild mit dem Wappen seines Geschlechts an der Wand: ein in Silber gearbeiteter Sperber mit gespreizten Schwingen, der einen Speer in den Krallen hielt. Neben dem Schild stand in seiner Scheide ein schweres Breitschwert, dessen Griff mit Silberdraht umwickelt war.
»Du hast vergessen, es einzuölen, ehe du fortgegangen bist«, beklagte sich Kurik. »Ich habe eine ganze Woche gebraucht, um den Rost wegzukriegen. Streck deinen Fuß her.« Er bückte und plagte sich, Sperber erst den einen, dann den anderen Reitstiefel auszuziehen. »Warum mußt du immer durch den tiefsten Schlamm spazieren?« knurrte er, während er die Stiefel neben den Kamin warf. »Ich habe in der Kammer nebenan ein Bad für dich vorbereitet. Schlüpf aus deinem Zeug. Ich wollte mir ohnehin deine Verwundungen ansehen.«
Sperber seufzte müde und stand auf. Mit der erstaunlich sanften Hilfe seines barschen Waffengefährten entkleidete er sich.
»Du bist ja naß bis auf die Haut!« bemerkte Kurik und berührte den klammen Rücken seines Schutzherrn behutsam mit einer schwieligen Hand.
»Das bringt der Regen manchmal mit sich.«
»Bist du mit den Wunden jemals zu einem Feldscher gegangen?« fragte Kurik vorwurfsvoll und tupfte behutsam auf die breiten bläulichen Narben, die Sperbers Schultern und die linke Seite der Brust bedeckten.
»Ein Heiler hat sie sich angesehen.
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