Elenium-Triologie
Und möglicherweise reichte es aus, um ihn aus seinem Bau zu locken. Sperber hatte jahrelang auf eine Gelegenheit gewartet, an Martel heranzukommen. Unter dem Umhang glätteten seine Finger vorsichtig die geknickten und verdrehten Stellen im Draht, während er sich an sein Opfer heranpirschte.
Seine Sinne waren nun fast übernatürlich geschärft. Deutlich hörte er das Zischen des Nieselregens in den Flammen der Fackeln, die den Platz umgaben und sah die orangefarbene Spiegelung ihres flackerndem Lichts in den Pfützen auf dem Kopfsteinpflaster. Aus irgendeinem Grund erschien ihm dieses funkelnde Glühen beeindruckend schön. Sperber fühlte sich gut – vielleicht besser als irgendwann in den letzten zehn Jahren. »Herr Ritter? Ritter Sperber? Seid Ihr es wahrhaftig?« Verärgert und lautlos fluchend drehte Sperber sich rasch um.
Sorgfältig geringelte Löckchen rahmten das mit Wangenrot geschminkte Gesicht des Mannes ein, der ihn angesprochen hatte. Er trug ein safrangelbes Wams, ein lavendelfarbenes Beinkleid, einen apfelgrünen Umhang und weinrote, spitze Schuhe. Der zierliche, nutzlose Degen an seiner Seite und der breitkrempige Hut mit der flaumigen Federzier wiesen ihn als Höfling aus, als einen der kleineren Hofbeamten und Schmarotzer, die sich wie Ungeziefer im Schloß eingenistet hatten.
»Wieso seid Ihr nach Cimmura zurückgekehrt?« Entrüstung lag in der hohen, schrillen Stimme des Gecken. »Ihr wurdet verbannt!«
Sperber warf einen raschen Blick zu dem Mann hinüber, den er verfolgte. Krager näherte sich einer Seitenstraße und würde jeden Augenblick außer Sichtweite gelangen. Es war jedoch immer noch möglich, ihn zu fassen. Ein rascher, kräftiger Hieb konnte diesen papageienbunten Laffen in den Schlaf schicken, dann wäre Krager durchaus noch einzuholen. Aber gallenbittere Enttäuschung stieg in Sperber auf, als ein Wachtrupp mit schweren Schritten auf den Marktplatz marschierte. Die Chance war dahin, sich dieses aufdringlichen Stutzers zu entledigen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Er bedachte den wie in Wohlgerüchen Gebadeten mit drohendem Blick.
Der Höfling wich erschrocken zurück, sah rasch zu den Soldaten, die nun an den Buden entlang schritten und die Verschlüsse der heruntergezogenen Zelttuchbehänge überprüften. »Ich bestehe darauf, daß Ihr mir sofort sagt, weshalb Ihr zurückgekehrt seid!« Er bemühte sich um einen gebieterischen Tonfall.
» Ihr besteht darauf?« Sperbers Verachtung war unverkennbar.
Erneut blickte der andere hastig auf die Soldaten, was ihm offenbar ein Gefühl der Sicherheit verlieh, denn er richtete sich hochmütig auf. »Ich nehme Euch fest, Sperber. Ich verlange, daß Ihr mir Rechenschaft ablegt!« Er griff nach Sperbers Arm.
»Rührt mich nicht an!« knurrte Sperber und schlug die Hand des Gecken zur Seite.
»Ihr habt mich geschlagen!« keuchte der Höfling und umklammerte die schmerzende Rechte mit der Linken.
Sperber packte den Laffen mit einer Hand an der Schulter und zog ihn zu sich heran. »Wenn Ihr mich noch einmal anrührt, reiße ich Euch die Eingeweide aus dem Leib! Und nun geht mir aus dem Weg!«
»Ich rufe die Wache!« drohte der Laffe.
»Und wie lange, glaubt Ihr, werdet Ihr danach noch leben?«
»Ihr könnt mir nicht drohen. Ich habe mächtige Freunde!«
»Aber sie sind nicht hier, oder? Ich dagegen schon.« Sperber schob ihn verächtlich zur Seite, drehte sich um und ging.
»Ihr Pandioner könnt euch diese Unverschämtheiten nicht mehr leisten! In Elenien herrschen jetzt Gesetz und Ordnung!« schrie ihm der Herausgeputzte schrill nach. »Ich eile sogleich zu Baron Harparin und teile ihm mit, daß Ihr nach Cimmura zurückgekommen seid und mich geschlagen und bedroht habt!«
»Gut«, brummte Sperber, ohne sich umzudrehen oder im Schritt innezuhalten. »Tut das.« Sein Grimm und seine Enttäuschung steigerten sich so sehr, daß er die Zähne zusammenbeißen mußte, um seine Selbstbeherrschung zu bewahren. Da kam ihm eine Idee. Sie mochte zwar läppisch, ja kindisch sein, aber er fand sie recht passend. Er blieb stehen, straffte die Schultern und murmelte etwas auf styrisch, während seine Finger verschlungene Zeichen in die Luft schrieben. Er stockte, als ihm das Wort für Karbunkel nicht einfiel. Schließlich benutzte er statt dessen Eiterbeule und beendete seine Beschwörung. Dann drehte er sich leicht, blickte auf seinen Quälgeist und richtete den Zauber auf ihn. Lächelnd setzte er seinen Weg über den Platz fort. Gewiß,
Weitere Kostenlose Bücher