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Elf Leben

Elf Leben

Titel: Elf Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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bitte?«
    »Die für mehr Verkehrssicherheit, die wir alle unterschrieben haben. Damit hier Temposchwellen gebaut werden.«
    »Ach so, ja.«
    »Die kam jedenfalls durch bis zum Stadtrat, und weißt du, was dann passiert ist?«
    »Äh …«
    »Sie wollen in einem Monat darüber beraten. In einem Monat !«
    »Ja, ist noch lange hin«, sagt Xavier und nickt. Ihm fällt wirklich nichts Besseres dazu ein.
    »Bis dahin liegt die Sache auf Eis. Diese ganze Bürokratie, die bringt mich noch ins Grab.«
    In einer Hand die Aktentasche, in der anderen die Handtasche, macht sich Tamara auf den Weg.
    »Ich halt dich auf dem Laufenden.«
    »Ja, tu das«, sagt Xavier matt.
    Pippa hatte natürlich recht. Er weiß überhaupt nichts über das Leben seiner unmittelbaren Nachbarn. Er hört Tamaras Schritte auf dem Treppenabsatz über sich, hört ihre Tür aufschwingen und sie in ein Zimmer gehen, das er nie betreten hat. Vielleicht wird all das hier am Ende etwas Gutes haben, vielleicht wird er sich von jetzt an mehr um andere bemühen, aber vorerst kostet es Mühe genug, an heute Abend zu denken: das kalte Studio, die halbleeren Kaffeetassen und Murray mit seinen übergroßen Kopfhörern, der ihn auf vier Uhr zuschleppt.
    Die Mittwochssendung – für gewöhnlich eine träge Show, die Xavier in seiner derzeitigen Verfassung auch nicht in Schwung bringen kann – ist zur Hälfte um, als Murray ihn während der Nachrichten und des Wetters besorgt ansieht.
    »W-was ist los?«
    »Nichts, nichts ist los. Bin bloß immer noch nicht ganz bei mir.«
    »Bei wem bist du denn?« Murray hüstelt. »Sorry. Blöder Witz.«
    Xavier versucht zu lächeln.
    Murray redet unbeirrt weiter. »Ich hab mal über den M-mittwoch nachgedacht. Warum nehmen wir nicht als Aufhänger, dass mittwochs immer alle ein bisschen genervt wirken? Wir könnten das doch irgendwie anders aufziehen. Versuchen, die Leute auf Touren zu bringen.«
    »Klar, nennen wir ihn doch ›Mittwoch der Schreckliche‹«, sagt Xavier matt.
    Murrays struppige Brauen schnellen hoch.
    »Spitzenidee!«
    »Ich glaube nicht … das war nicht ganz ernst-«
    »Aber stell dir doch mal vor! Rette sich, w-w-w-w-w-wer kann, Leute, es ist M-m-m-m …« »Vielleicht sollte ich das dann besser ankündigen …«, stellt Xavier leise fest.
    Nachdem sie darüber gelacht haben, steht Murray auf und legt Xavier unerwartet die Hände auf die Schultern.
    »Du bist unheimlich verspannt.«
    »Ich fühl mich nicht verspannter als sonst.«
    »Komm, ich knet dir mal die ganzen Knubbel raus.«
    Murrays massiert Xaviers Schultern, Nacken und Rücken, und seine dicken Hände rumpeln über die Partien wie Autos über einen holprigen Waldweg.
    Xavier stöhnt auf vor Schmerz, was Murray als wohliges Seufzen interpretiert.
    »Tut gut, das mal alles loszuwerden, stimmt’s? Wusste gar nicht, dass ich so magische Hände hab!«
    »Nein, ich auch nicht.«
    Murray fährt in groben Kreisen über Xaviers Schultern und die Wirbelsäule auf und ab, und seine Finger bemühen sich vergeblich um Sanftheit.
    »In einer Minute müssen wir wieder drauf«, sagt er und setzt sich schließlich wieder. »Ich check mal die Mails. Ich wette, du fühlst dich besser jetzt.«
    Samstag ist Scrabble-Tag. Mittlerweile ist Xavier klar, dass Pippa auf keine seiner SMS antworten wird, und es scheint auch ziemlich offensichtlich, dass er erstickt hat, was kurz zwischen ihnen keimte. Trotzdem bringt ihn irgendetwas dazu, einen Zettel auf dem Küchentisch zu hinterlassen, für den Fall, dass sie kommt. Ich glaube zwar nicht, dass du das hier lesen wirst, aber falls doch: Ich übernehme die volle Verantwortung für das, was passiert ist. Die volle Verantwortung ist unmöglich, er klingt wie ein Politiker. Er zieht einen großen Strich durch den ganzen Satz und schreibt einfach nur ES TUT MIR LEID über die halbe Seite. Daneben, in taktvollem Abstand zu der Nachricht, hinterlässt er einen Umschlag mit Geld und legt die Schlüssel in den Blumentopf vor der Bayham Road Nr. 11. All das kommt Xavier wie ein tollkühnes Aufgeben seiner Deckung vor, und er geht eilig die Straße hinauf, weg vom Haus, als hätte er mit alldem nichts zu tun.
    Es erstaunt ihn nicht, dass er alles andere als in Bestform ist. Nach dem emotionalen Aufruhr der letzten Tage hat sein Hirn wenig Interesse, sich wieder mit Anagrammen und Suffixen zu beschäftigen, und er bringt nicht einmal den Kampfgeist auf, den selbst eine Partie gegen einen mäßigen Gegner erfordert. Er wurstelt

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