Elf Zentimeter
berichtet. Kurz vor seinem Höhepunkt sei Dieter Bohlen abgerutscht und sein Penis sei mit einem lauten »Knack« gegen Naddels Schambein geknallt. Daraufhin habe Bohlen angeblich fluchtartig und schreiend das Bett verlassen und sei ins Badezimmer gerannt. Als sein Penis unnatürlich angeschwollen sei, habe sie den Krankenwagen verständigt.
Später verklagte Bohlen eine bekannte Zeitschrift wegen der Veröffentlichung von FKK -Fotos von ihm. Darauf war zwar sein Schwanz nicht zu sehen, weil er von der Redaktion mit kleinen Laubblättern sorgfältig überdeckt worden war, aber dafür dessen »Schatten«, wie es seine Anwälte formulierten. Seither lag über jeder Fernsehshow, in der Bohlen auftrat, ein Schatten von seinem Schwanz.
In einer Fernsehsendung wurde dieses Thema dann wieder aufgenommen. Einer der Kandidaten auf den Titel des Supertalents malte mit seinem eigenen Schwanz ein Porträt von Bohlen. Ins Finale kam er damit nicht. Aber seit damals denke ich jedes Mal, wenn Bohlen irgendwo auftaucht, an seinen Schwanz. Hoffentlich wird sich das nicht einmal umdrehen. Hoffentlich denke ich dann nicht an Bohlen, wenn ich irgendeinen Schwanz sehe. Und hoffentlich ergeht es nicht allen Deutschen und Österreichern irgendwann so. Dann hätten wir ein ernsthaftes Problem.
Ich ging einmal davon aus, dass Bohlens Schwanz eher groß ist. Sonst hätte er die FKK -Bilder wohl totgeschwiegen, statt vor Gericht zu ziehen und Schmerzensgeld zu fordern. Aber obwohl sich die Redaktion damit verteidigte, dass Bohlen »schon ein entsprechendes Image« gehabt habe, gewann Bohlen und kassierte 40000 Euro.
Also lieber Finger weg von ihm. Der Typ war gefährlich und ich ein Provinzler. Wenn mich Bohlens Anwälte richtig in die Mangel nähmen, würde Fabian die nächsten sechsundzwanzig Jahre vermutlich ohne meine Alimente auskommen müssen. Womöglich würde die Jury sein Ding auch noch mit dreißig Zentimetern bewerten. So wie ich ihn einschätzte, würde er mich vor alle Gerichte der Welt zerren, um damit groß rauszukommen. Irgendwie auch verständlich.
Denn das war ja genau das Problem. Ein Mann konnte gut aussehen, ein erfolgreicher Sänger, Musikproduzent und Showstar sein, aber am Ende kam es eben doch auf seine Schwanzlänge an. Ich dachte über andere Kandidaten nach, nahm mir aber vor, die Jury auf jeden Fall auch nach Bohlens Schwanz zu fragen. Nur für mich. Wissen ist Macht.
Jakob rief an.
»Was, glaubst du, würde passieren, wenn jemand die Schwanzlänge des Papstes veröffentlichen würde?«, fragte ich ihn.
»Bist du verrückt geworden?«
»Du hast recht. Entschuldige.«
»Wie geht es Fabian?«, fragte Jakob.
»Gut, danke.«
»Ich habe einmal ein Interview mit einem Kardinal gehört, der sagte, dass ein Priester unter seiner Kutte immer ein Mann bleibt und dass es nicht im Interesse der Kirche ist, das zu verheimlichen. Aber beim Papst ist es etwas anderes.«
Wenn ich den Papst auf die Liste setzte, bekäme ich es vielleicht mit christlichen Fundamentalisten oder den Advokaten des Vatikans zu tun. Außerdem wäre es doch irgendwie Frevel. Wenn die Jury richtig läge, würde der Urologe des Vatikans womöglich des Geheimnisverrats bezichtigt werden. Wenn dann auch noch die ganze Welt darüber zu diskutieren anfinge, ginge womöglich das Christentum unter. Ich würde auf jeden Fall dabei untergehen.
Wenn ich statt des Papstes einen Kardinal oder Bischof auf die Liste setzte, wäre es auch nicht viel besser. Bei den Missbrauchsskandalen wäre das außerdem geschmacklos.
Wenn ich die Schwanzlänge des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-il oder die des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad schätzen ließe, könnte sogar der dritte Weltkrieg ausbrechen. Aber andererseits sollte ich, der ich einen kleinen Schwanz habe und ein Arbeitsloser aus dem schönen niederösterreichischen Hainfeld bin, doch nicht meine Möglichkeiten überschätzen, die Welt zu verändern. Oder als eine Art dunkler Zauberer zu vernichten. Ich schüttelte mich, um mich von diesen Gedanken zu befreien.
Wissen ist Macht, Macht ist Geld und Geld war, was ich brauchte. Einen dritten Weltkrieg brauchte ich nicht. Mit solchen Themen wollte ich nicht versuchen, die Alimente für Fabian zu beschaffen. Das war mir zu heiß.
Jakob unterbrach meine Gedanken.
»Wieso denkst du über so etwas nach?«
Und wenn der Papst dann zwanzig Zentimeter hätte, würde die eine Zeitung in Deutschland dann titeln: »Wir sind zwanzig
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