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Elf Zentimeter

Elf Zentimeter

Titel: Elf Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Scheiblecker
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meinen Schwanz, die Hoden sowie die benachbarten Regionen sorgfältig ab.
    Wenn ich irgendetwas Verdächtiges bemerkte, überprüfte ich augenblicklich die Liste der bekannten Nebenwirkungen. Es fand sich immer etwas Passendes. Ich setzte das Gerät oder das Präparat, dem ich die Nebenwirkung zuschrieb, für einige Tage ab.
    Um in meinem Plan nicht zurückzubleiben, intensivierte ich im Gegenzug die anderen Behandlungen. So musste ich den Tabletten- und Creme-Anteil erheblich steigern, nachdem durch den intensiven Einsatz der Pumpe die Blutergüsse auf der Eichel immer schlimmer wurden.
    Der Lendenschmerz legte sich aber nicht. Ich fand heraus, dass er mit meinen erotischen Träumen von Sabine zusammenhing. Er war immer dann da, wenn ich aus so einem Traum erwachte. Bräutigamsschmerz, der durch eine zu lang andauernde Erektion ausgelöst wurde, war es wahrscheinlich keiner. Sonst wäre er doch verschwunden, sobald ich mir selbst Erleichterung verschafft hatte. Die Träume von Sabine waren aber mein Lebenselixier. Ihre Wortwahl, wenn sie meinen Schwanz betrachtete, war meist knapp und eindeutig.
    »Mein Gott.«
    »Ein Wunder.«
    »Wahnsinn.«
    Das konnte nur ein gutes Zeichen sein. Deshalb machte ich weiter, versuchte aber, mein Programm zu variieren. Doch der Schmerz in meinen Lenden wurde immer stärker und hielt mich immer häufiger wach. Und das, obwohl ich zuerst die Medikamente absetzte und, als das nichts nützte, weniger pumpte und mehr massierte. Oft schlief ich bis in den Nachmittag hinein und schreckte dann fahrig und verwirrt hoch. Die Punkte auf meiner Behandlungstabelle arbeitete ich dennoch weiter penibel ab.
    Eines Abends war meine Diagnose klar. Ich war mir sicher, dass die Hoden ein Stück in den Körper hineingerutscht waren. Sie schienen mir nicht mehr so gut greifbar zu sein. Außerdem wurden die Schmerzen stärker. Wanderhoden. Eindeutig. Ich befürchtete das Schlimmste. Wandernde Hoden tauchten irgendwann wahrscheinlich irgendwo im Körper auf, wo sie gar nichts verloren hatten.
    In dieser Nacht veränderte sich auch mein Traum von Sabine. Sie sah mich entsetzt an und zeigte angewidert auf mein Gesicht.
    »Oh Gott! Wie kommen denn nur deine Hoden da hin?«, fragte sie.
    Mit den schlimmsten Lendenschmerzen, die ich je gehabt hatte, schleppte ich mich am Morgen ins Bad. Mein Gesicht war von einem juckenden Ausschlag befallen. Ich raffte meine gesamte Ausrüstung samt aller Tabletten und der Agenda zusammen. Was klein genug war, spülte ich im Klo hinunter. Den Rest entsorgte ich im Müllcontainer vor unserem Haus. Nach einer doppelten Dosis Schmerzmittel schlief ich erschöpft und erleichtert ein.

[home]
    31
    F ür eine Weile normalisierte sich mein Leben wieder etwas. Ich hatte wieder soziale Kontakte und besuchte Johanna und Fabian regelmäßiger als zuletzt. Hätte ich auch noch einen Job gehabt, hätte ich das Thema Penislänge für den Moment vielleicht wieder vergessen.
    Möglicherweise fehlte mir bloß das Gleichgewicht, das mir regelmäßige Arbeit gebracht hätte. Ich wusste schon, dass inneres Gleichgewicht viel mit der Beziehung eines Mannes zu seinem Schwanz zu tun hat. Arbeitslose sind viel eher sexbesessen als Berufstätige und übermäßig gestresste Männer neigen zum Kampfonanieren. Vielleicht lag mein Verlängerungswahn nur an meiner verqueren Beziehungsstruktur, daran, dass ich mit vierundzwanzig noch immer bei meinen Eltern wohnte, und daran, dass mich mein Exchef bei der Bahn weiter vertröstete. Sicher war ich aber nicht, denn auch vom besten Job der Welt wird ein Schwanz natürlich nicht länger. Ich hoffte es trotzdem. Aus all diesen Erfahrungen legte ich für mich Regel Nummer vier fest.
    4.
Der Schwanz eines Mannes sollte für ihn
nicht ständig im Mittelpunkt stehen.
Irgendwann tut das weh.
    Ich konzentrierte mich stärker auf mein Programm. Die kabarettistische Aufarbeitung meines Themas würde mir mehr Distanz zu meiner Körpermitte bringen, hoffte ich nun. Doch es kam genau umgekehrt. Als ich die Frage der Penisverlängerung aus dieser Perspektive neu recherchierte, stieß ich auf eine Privatklinik in Palma de Mallorca. Diese Klinik bot operative Penisverlängerungen an. Ich mochte die Vorstellung, die das bei mir auslöste. Zwischen zwei Eimern Sangria schnell mal in die Klinik und hinterher gleich mit dem neuen körpereigenen Riesen-Ballermann herumfuchteln. Ich fand heraus, dass es solche Kliniken auch in vielen anderen Städten, wie etwa Rom und Paris, gibt. In

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