Elfen-Jagd
Trent?« fragte Tandy.
»König wer?« erwiderte der Papagei.
»Der menschliche Herrscher von Xanth, auf Schloß Roogna.«
»Nie gehört. In Xanth herrscht der Königsvogel.«
Krach begriff, daß die Vögel der Meinung waren, daß sie über Xanth herrschten. Die Kobolde glaubten das gleiche von ihrer Rasse, und das galt wahrscheinlich auch für Drachen, Greife, Fliegen und andere Arten. Und wer hätte ihnen schon das Gegenteil beweisen können? Jede Art verehrte eben ihre eigenen Anführer. Krach war als Oger durchaus bereit, die Sache objektiv zu betrachten. Wenn man im Vogelland war, mußte man eben so denken, wie es die Vogelhirne taten.
Er verneigte sich vor dem Königsvogel, wie er es auch vor dem menschlichen König von Xanth getan hätte. Ehre, wem Ehre gebührte.
Der Königsvogel las gerade in einem Werk von einem Autor namens Ornith O’Logie. Es trug den Titel Angst vorm Fliegen, und war so sehr darin vertieft, daß er sich für seine Besucher überhaupt nicht interessierte. Schon bald waren Krach und die Mädchen wieder auf dem Weg nach Norden.
Als nächstes gelangten sie an ein Feld voller hübscher Blumen. »Das sind unsere Vogelsamenblumen«, erklärte der Papagei. »Außerdem haben wir noch Wurmfarmen, Fischfarmen und Musikantenknochenfarmen. Gelegentlich fliegen wir auch ins Fliegenland auf die Jagd, aber zum überwiegenden Teil ernähren wir uns von Feldern wie diesem hier. Wir haben Schwierigkeiten, selbst Ackerbau zu betreiben – mit Vogeldunst kommen wir gar nicht gut zurecht –, und so bedienen wir uns zu diesem Zwecke der Fähigkeiten von niederen Wesen wie euch.«
Krach erblickte tatsächlich eine bunte Schar verschiedenster Wesen bei der Feldarbeit. Da waren einige Kobolde, ein Elf, ein Heinzelmännchen, ein Bösgeist, eine Wassernixe und ein Schemen. Es waren ganz offensichtlich Sklaven, und dennoch wirkten sie gesund und fröhlich. Anscheinend hatten sie sich mit ihrem Los abgefunden.
Da hatte Krach eine Idee. »Johann, lausch noch mal dem Ohr.«
Die Elfe befolgte seinen Rat. »Das Geräusch des Wasserfalls übertönt zwar fast alles andere, aber ich glaube, ich kann Elfen hören. Sie müssen hier in der Nähe sein.« Sie orientierte sich an dem Geräusch, und die anderen folgten ihr. Sie schritten über einen sanften Hügel, kamen an einen von einem Wasserfall gespeisten Kanal und trafen schließlich tatsächlich auf Elfen.
Die waren damit beschäftigt, Federn zu reparieren. Anscheinend dauerte es einigen Vögeln zu lang, zu warten, bis ihnen neue Federn nachgewachsen waren, deshalb ließen sie die alten, beschädigten flicken. Nur Elfen konnten eine solch feine Arbeit ausführen. Alle hatten kleine Tische vor sich, auf denen ihr winziges Werkzeug lag, und die meisten von ihnen wiesen selbst beschädigte Flügel auf.
»Die Vögel…« rief Tandy entsetzt. »Sie haben die Elfen zu Krüppeln gemacht, damit sie nicht davonfliegen können!«
»Das stimmt nicht«, widersprach ihr der Papagei. »Wir verstümmeln unsere Arbeiter nicht, denn sonst werden sie trübsinnig und schlampig. Statt dessen bieten wir solchen, die woanders unzufrieden geworden sind, Asyl an. Die meisten dieser Elfen sind aus dem Elfenland vertrieben worden.«
Tandy blieb jedoch mißtrauisch. Sie trat auf den nächsten Elf zu und unterbrach ihn bei der Arbeit. »Stimmt das?« fragte sie ihn. »Gefällt es dir hier etwa?«
Der Elf hatte die für seine Art so typischen feinen Gesichtszüge und sah wirklich prächtig aus. Er hielt inne und hob den Blick von seiner Feder. »Och, man kann hier schon leben«, meinte er. »Als ich meine Flügel verloren hatte, war für mich im Elfenland nichts mehr zu holen. Da muß man sich eben mit dem zufrieden geben, was man bekommen kann. Hier greifen mich keine Ungeheuer an, keiner zieht mich wegen meiner verstümmelten Flügel auf, es gibt jede Menge zu essen, und die Arbeit ist auch nicht allzu anstrengend. Natürlich würde ich lieber in der Gegend herumfliegen, aber man muß ja Realist bleiben. Ich werde wohl nie wieder fliegen.«
Krach zeigte auf einen anderen Elf, dessen Flügel noch völlig intakt zu sein schienen. »Was ist mit dem da?« fragte er. »Warum fliegt er nicht davon?«
Der Elf furchte die Stirn. »Der hat seine eigenen Sorgen. Laßt ihn bitte in Ruhe.«
Doch Krach mußte seiner Eingebung folgen. »Hat es vielleicht mit seinem Namen zu tun?«
»Also, hör mal«, erwiderte der Elf brummig, »wir versuchen ja auch nicht, eure Lage zu verschlimmern, warum
Weitere Kostenlose Bücher