Elfen-Jagd
stört ihr uns dann? Laßt ihn doch in Ruhe.«
Johann hatte begriffen. »Ach Krach – ich trau mich nicht, ihn zu fragen!«
»Ich bin nur ein gefühlloser Oger«, meinte Krach. »Ich werde ihn fragen.«
Er stampfte zu dem fraglichen Elf hinüber. »Sage mir Name dir«, sagte er auf dumme Ogerart.
Der Elf ging natürlich davon aus, daß der Oger wirklich so dumm war, wie er sein sollte. Dummen Leuten konnte man Geheimnisse ruhig anvertrauen, weil sie nicht genug begriffen, um einen auszulachen. »Ich heiße Johanna«, erwiderte er. »Und nun hau ab, du Ungeheuer.«
Krach ließ seine Maske fallen. »Das muß für dich ja genauso peinlich sein wie Intelligenz für einen Oger«, sagte er.
Johannas Augen weiteten sich, und seine Flügel begannen zu beben, so daß sich ihr Wolkenmuster verfinsterte. »Ja«, sagte er nur. Krach machte Johann ein Zeichen. Schüchtern kam sie näher. »Er hat deinen Namen, oder zumindest einen Buchstaben von dir.« Er wandte sich an den Elf. »Gib ihr dein A ab, dann ist alles wieder in Ordnung.«
Die beiden Elfen blickten sich an. »Johanna?« fragte Johann. »Johann?« fragte Johanna.
»Ich vermute, daß ihr beiden gleichaltrig seid und daß eure Namen vom selben Kurier überbracht werden sollten«, meinte Krach. »Vielleicht vergleicht ihr mal eure Aufzeichnungen.«
Johanna nahm Johann bei der Hand, und die beiden schienen förmlich zu erglühen, als sie einander berührten.
Chem, Tandy und die Sirene hatten sich inzwischen dazugesellt. »Was ist denn hier los?« fragte Tandy. »Stimmt irgend etwas nicht?«
»Nein«, meinte Chem. »Ich habe zwar mal von diesem Effekt gelesen, habe aber nie damit gerechnet, das mal selbst mit eigenen Augen ansehen zu dürfen. Das ist das Aufleuchten der Liebe auf den ersten Blick.«
»Dann…« sagte Krach, als die Erkenntnis in ihm freigesetzt wurde, die er bis zu diesem Augenblick unterdrückt hatte, »… dann sind die beiden ja füreinander bestimmt! Deshalb wurden auch ihre Namen verwechselt, damit sie nämlich eines Tages dadurch zusammenfinden würden.«
»Ja«, stimmte die Zentaurin ihm zu. »Ich glaube übrigens, daß Johann – nein, sie heißt ja jetzt wohl Johanna – im Vogelland bleiben wird.«
Die Lösung des Problems der Elfe war also gleichzeitig die Lösung des Problems der ganzen Gruppe! Nun würde eine von ihnen hier zurückbleiben – und zwar glücklich. Wie sauber das doch geklappt hatte! Aber so war das Schicksal nun einmal; es war nicht halb so zufällig, wie man immer meinte.
Sie verabschiedeten sich von der Elfe und überließen sie ihrem gütigen Geschick. Die Vögel ließen sie zufrieden ziehen.
Der Papagei versicherte ihnen, daß der beste Weg Richtung Norden durch den Wasserflügel führte. Dort gab es, so berichtete er, nur wenige Ungeheuer, und bis zur Nordgrenze war es dann auch nicht mehr weit. Also entschieden sie sich für diese Strecke. Ungeheuern waren sie inzwischen zur Genüge begegnet, und da die Vögel ihnen ferner versicherten, daß es im Wasserflügel auch keine Brände und Erdbeben gab, stellten sie sich die Reise als einigermaßen angenehm und unbeschwerlich vor. Außerdem ließ das Ohr Regenrauschen für sie erklingen.
Johann/Johanna eilte ihnen nach, als sie gerade die Grenze überschreiten wollten. »Hier ist eine Hitzewelle«, sagte sie. »Mein Verlobter hat sie sich aufgehoben für die Zeit, da er das Vogelland verlassen wollte, aber jetzt braucht er sie nicht mehr. Ihr braucht sie einfach nur auszupacken, wenn die Lage es erfordert.«
»Danke«, sagte Krach und nahm die Hitzewelle entgegen. Sie bestand aus einem wellenförmig gebogenen Draht und war in einem durchsichtigen Umschlag versiegelt.
Dann überschritten sie die Grenze, auf alles gefaßt. Und alles bekamen sie auch: Sie fanden sich in einem Wolkenbruch wieder. Kein Wunder, daß die Vögel diese Region den Wasserflügel nannten! Sie hatten zwar festen Boden unter den Füßen, doch der ließ sich wegen des dichten Regens nur schwer erkennen.
Chem holte ihr Seil hervor, und sie banden sich wieder einmal alle daran fest. Und so zogen sie in einer etwas unordentlichen Reihe gen Norden – Zentaur, Tandy, Sirene und Oger.
Krach mußte durch seine zusammengebissenen Zähne einatmen, um das Wasser herauszufiltern. Zum Glück war es nicht sonderlich kalt. Eigentlich erinnerte es ihn ans Schwimmen.
Eine Stunde später stapften sie durch die Fluten bergauf. Der Regen ließ zwar etwas nach, als sie höher kamen, doch dafür wurde die
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