Elfen-Jagd
resoluter Miene machte er sich wieder auf den Weg. Am Horizont war etwas zu sehen, und er stapfte darauf zu. Kurz darauf stellte es sich als Gebäude heraus – nein, ein Schloß, nein, noch größer, eine ganze Stadt, die von einer großen, abweisenden Mauer umgeben war.
Als er näher kam, stellte er fest, daß die Stadt aus purem Gold bestand. Alles glitzerte im Mondlicht in tiefgelben Schatten. Doch als er noch näher herangetreten war, merkte er, daß es gar kein Gold war, sondern Messing. Es glänzte zwar genauso, war aber nicht halb so wertvoll. Dennoch bot es einen staunenerregenden Anblick.
Die Außenmauer bestand aus undurchbrochenem, genietetem Metall, das an allen Ecken und Enden glitzerte. Auch das Haupttor war aus Metall, und es war so gewaltig, daß selbst Krach davor geradezu winzig aussah. Das war ja eine Stadt für Riesen!
Krach überlegte. Die winzigen Türknäufe im Spukhaus hatten ihm Schockschläge verpaßt; um wieviel schlimmer würde es wohl hier erst sein? Er war sich gar nicht so sicher, daß er dieses Tor aus den Angeln heben konnte, denn es war groß und stark, während er immer noch relativ schwach war. Das gab er zwar nicht einmal vor sich selbst gern zu, aber er war nicht mehr dumm genug, um es nicht zu bemerken.
Er dachte nach und bediente sich dabei des ganzen Fluchs der Schlauschlinge. Was er brauchte, das war eine Isolierung, etwas, was ihn vor einem Schlag schützte. Doch es gab nichts in der Nähe: Die Stadtmauer erhob sich aus dem nackten, kahlen Sand. Alles, was er hatte, war sein Bindfaden, und der war wohl kaum dafür geeignet.
Nein, es nützte nichts, er würde das Metall ungeschützt berühren müssen. Möglicherweise gab es hinter der Mauer sogar einen Metallboden, dann würde er mit jedem Schritt einen Schlag erhalten. Da war es besser, wenn er der Sache sofort auf den Grund ging. Er streckte einen seiner Wurstfinger vor und berührte den Knauf.
Kein Schlag. Er umfaßte den Knauf mit der ganzen Hand. Der Knauf gab ein klickendes Geräusch von sich, und das Tor öffnete sich. Es war ja nicht einmal abgeschlossen!
Dahinter befand sich ein heller Metallgang, der vom Tor in die Stadt führte. Krach schritt hinein und rechnete damit, daß sich das Tor hinter ihm mit einem Knall schließen würde, doch das geschah nicht. Also folgte er dem Gang, und seine nackten, haarigen Fußsohlen ließen das kühle Metall erzittern.
Er kam auf einen offenen Hof, der mit Messing ausgeschlagen war. Das Mondlicht verlieh ihm ein übernatürliches Schimmern, und es herrschte völlige Stille. Weit und breit war kein einziges Wesen zu sehen.
Die Stadt schien verlassen zu sein. Die Atmosphäre hatte etwas Gespenstisches an sich, was Krach ungemein gut gefiel. Doch er fragte sich, wer diese Stadt wohl erbaut haben mochte und wohin ihre Bewohner verschwunden waren. Der Ort sah viel zu interessant aus, um ihn einfach im Stich zu lassen. Wenn Oger Städte gebaut hätten, würden diese genauso aussehen wie diese. Aber natürlich war kein Oger intelligent genug, um auch nur ein einziges Gebäude zu bauen, geschweige denn eine ganze Stadt, und schon gar nicht eine so wunderschöne aus Messing.
Er stapfte durch die Straßen, und seine großen Plattfüße ließen das Metall dumpf erdröhnen. Zu allen Seiten ragten Messinggebäude empor, die exakt im rechten Winkel angeordnet waren. Als er hinaufblickte, sah er, daß die Dächer ebenfalls flach und eckig waren. Es gab weder Fenster noch Türen. Das würde den Durchschnittsoger natürlich wenig bekümmern, denn er konnte ja jederzeit und wo er wollte Fenster in die Wände schlagen. Alles glänzte spiegelglatt, und er sah seine furchterregende Gestalt auf jeder Metalloberfläche, der er den Blick zuwandte. Zu beiden Seiten wurde er von Messingogern begleitet, und unter der Straße ging sogar einer auf dem Kopf.
Krach erinnerte sich an die Geschichte, die ihm sein Vater Knacks von der schlafenden Stadt erzählt hatte, in die er eingedrungen war, um dort die wunderschöne, breigesichtige Ogerin zu entdecken, die dann später Krachs Mutter geworden war. Diese Messingstadt erinnerte ihn auf angenehmste Weise daran. Ob es hier für ihn wohl auch eine Ogerin gab? Das war ein aufregender Gedanke, obwohl er hoffte, daß die nicht auch aus Messing sein würde.
Er durchquerte die Stadt, ohne jedoch auch nur einen einzigen Gebäudeeingang zu entdecken. Wenn hier irgendwo eine Ogerin schlafen sollte, dann war sie bestimmt eingesperrt, so daß er nicht an sie
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