Elfen-Jagd
herankam. Krach schlug gegen eine Wand, bis sie zu beben begann; doch obwohl der Widerhall die Stadt angenehm durchdröhnte, war kein einziges Lebenszeichen zu bemerken. Er versuchte es mit mehr Kraft und wollte ein Loch in die Mauer schlagen. Doch das hatte keinen Zweck: Er war zu schwach, das Messing war zu stark, und er hatte seine schützenden Panzerfäustlinge nicht dabei. Seine Faust schmerzte, weshalb er sie in den Mund steckte.
Langsam wurde Krach beunruhigt. Vorher war er wenigstens ein paar halbwegs interessanten Dingen begegnet, wie zum Beispiel wandelnden Skeletten, elektrisierten Türen und Nachtmahren. Doch hier gab es nichts als Messing. Was konnte er hier schon erreichen?
Wieder bemühte er den Fluch der Schlauschlinge und dachte gründlich nach. Bisher war jedes kleine Abenteuer im Kürbis eine Art Rätsel gewesen. Stets hatte er irgendein Hindernis überwinden oder irgendeine Gefahr abwenden müssen, bevor er weiter konnte. Deshalb genügte es wahrscheinlich auch nicht, diese leere Stadt einfach nur zu betreten und wieder zu verlassen, das würde möglicherweise nicht zählen. Er mußte das Rätsel vielmehr lösen und damit die Möglichkeiten, wo sich der Nachthengst versteckt halten konnte, immer weiter begrenzen. Anscheinend waren hier keine körperlichen Taten gefragt. Doch was dann?
Es mußte irgendeinen nichtphysischen Weg geben, sich mit diesem stillen Ort auseinanderzusetzen, um ihn vielleicht zum Leben zu erwecken und zu bezwingen.
Vielleicht ein Zauber? Doch Krach kannte keine Zauber, und irgendwie wirkte diese Stadt zu fremd, um magisch zu sein. Was sonst?
Er schritt durch die Straßen und spulte weiterhin seinen Faden ab, wobei er peinlich genau darauf achtete, seine eigene Spur nicht zu kreuzen. Und da entdeckte er auf einem kleinen, abgelegenen Platz direkt unterhalb des Mondes ein Podest. Wichtige Dinge standen oft auf Podesten, erinnerte er sich. Also marschierte er darauf zu und musterte es.
Doch es enttäuschte ihn. Es war nichts zu erkennen außer einem Messingknopf, und mit dem konnte man nichts anderes anfangen als ihn zu drücken. Das mochte zwar vielleicht schlimme Folgen nach sich ziehen, doch über dergleichen machte sich kein Oger, der auch nur einen Funken Selbstrespekt im Leibe hatte, Gedanken. Er streckte einen dicken Riesendaumen vor und donnerte ihn auf den Knopf. Mit einem bißchen Glück würde gleich die Hölle losbrechen.
Er hatte Glück: Der größte Teil der Hölle brach tatsächlich los.
Ein angenehm ohrenbetäubendes Sirenengeheul ertönte und ließ dieses ganze begrenzte Universum erzittern. Dann setzten sich die Metallgebäude in Bewegung und glitten über die Straßen und Plätze aufeinander zu. Noch einen Augenblick, und es würde kein Platz mehr dazwischen für Krach bleiben.
Das war schon besser! Zuerst dachte Krach daran, die anrückenden Gebäude mit schierer Ogergewalt aufzuhalten.
Doch ihm fehlte seine volle Kraft, und außerdem war es besser, sein Gehirn zu benutzen. Vielleicht unterwanderte diese Schlauschlinge ihn ja nach und nach, bis er sie sogar bejahte. Schon jetzt erschien sie ihm manchmal alles andere als ein Fluch zu sein, und er wußte – weil ihm die Intelligenz ironischerweise dieses Wissen bescherte –, daß dies ein deutliches Zeichen des Verfalls war. Geistige Kraft neigte dazu, ihren Besitzer zu korrumpieren, und absolute Intelligenz korrumpierte ihn absolut, bis das Opfer gar völlig der Gewalt entsagte, um statt dessen schlaue Lösungen für dumme Probleme zu suchen. Krach hoffte, daß er diesen Fluch noch rechtzeitig abwehren konnte, bevor es so weit mit ihm gekommen war! Wenn er aufhörte, dumm, brutal und gewalttätig zu sein, war er auch kein echter Oger mehr.
Dennoch bewegte ihn die Not des Augenblicks dazu, seinen Verstand zu bemühen. Er wußte, daß jeder Häuserblock, der sich davonbewegte, eine freie Stelle zurücklassen mußte, wenn er nicht gerade stehenblieb und sich in seiner Länge und Breite ausdehnte. Also jagte er zwischen den Gebäuden davon und quetschte sich gerade noch aus der schmalen Ritze, bevor sie aufeinanderprallten. Tatsächlich, dahinter war jetzt ein freier Platz, auf dem zuvor Gebäude gestanden hatten! Er war völlig glatt und eben und bestand aus Messing. Nur dort, wo sich die Gebäudemitte befunden hatte, erblickte Krach ein würfelförmiges Loch. Das war wahrscheinlich die Verankerungsstelle des Gebäudes gewesen, ganz wie bei einem Schließmechanismus: ein Loch, in das sich ein
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