Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
nahm seine Waffe wieder an sich. Es war ein gutes Gefühl, sie in den Händen zu halten.
Ein Gefühl der Kraft. Mergun steckte sein Schwert schnell in die Scheide. Sanft strich er dann mit der Hand über den Schwertgriff. Es war eine gefährliche Waffe, die er nun an seiner Seite trug.
Selbst die Götter mochten sich vor dieser Klinge fürchten....
Zum letzten Mal wandte er seinen Blick den staubigen Ruinen zu.
Dann setzte er seinen Weg fort.
Oh, nein, er hatte nicht die Absicht, gegen die Götter dieser Welt zu Felde zu ziehen!
Diese Sache ging ihn nichts an und er hatte auch nicht vor, sich einzumischen. Er hatte ein Ziel, wenn auch nur ein sehr vages, und dieses wollte er erreichen.
Lautlos trugen ihn seine Fellstiefel durch die Hügellandschaft.
*
Viele Stunden lang war Mergun gelaufen, da bemerkte er plötzlich in einiger Entfernung Zelte. Es musste sich um ein Heerlager handeln, das sah der Wanderer sofort.
Seltsame Wappen waren zu sehen auf den im Wind wehenden Fahnen. Aber Mergun kannte diese Wappen nicht.
Ein Heerlager, überlegte Mergun. Aber wer mag hier in den Krieg ziehen?
Eigentlich konnte Mergun dies alles gleichgültig sein, aber aus irgendeinem Grund plagte ihn die Neugier.
Geschickt schlich er sich näher an das Lager heran, um Einzelheiten erkennen zu können. Eines der Zelte war wesentlich größer als die anderen. Davor stand ein riesenhaftes, sechsbeiniges Pferd. Reglos stand es da und döste vor sich hin.
Da trat eine Gestalt aus dem Zelt, wie das Pferd von riesenhafter Größe.
Vielleicht sieht so ein Gott aus, dachte Mergun.
Die Gestalt hatte ein geradezu barbarisches Äußeres. Sie besaß einen roten Bart, zwei kurze Hörner und vier kräftige Arme, von denen jeder so dick war wie ein mittlerer Baumstamm.
An den Enden dieser Arme saßen jeweils zwei mächtige Hände. In einer von ihnen hielt er einen fürchterlichen Dreizack.
Er schien der Befehlshaber über dieses Heer zu sein, denn alle verneigten sich vor ihm. Die Soldaten, die rechts und links neben ihm standen, waren ausgesprochen große, kräftige Kerle.
Aber neben dem Riesen wirkten sie nicht mehr als mittelgroß. Sie gingen ihm kaum bis zur Brust.
Mergun schlich sich noch etwas näher an das Heerlager heran. Der Vierarmige interessierte ihn. Und dann hörte der Wanderer, wie die Soldaten dem Riesen huldigten und ihn anbeteten.
„Du bist Taykor, unser Gott! Wir folgen dir!“, riefen sie laut zu ihm empor. Aber in Taykors Gesicht war keinerlei Regung zu erkennen. Es wirkte hart und war zerfurcht von Falten, die von unmenschlicher Wut und animalischen Zorn herrühren mussten.
„Taykor! Taykor! Unser Gott!“, riefen die Soldaten.
Doch mit nichts zeigte der Gott, dass er die Huldigungen seiner Anhänger und Untertanen überhaupt wahrnahm.
Mergun widerte diese Szene an.
Er beschloss, sich wieder davonzuschleichen, um seinen Weg fortzusetzen. Überdies hatte er den Eindruck, dass es nicht sonderlich ratsam war, sich länger als unbedingt notwendig in der Nähe dieses Gottes aufzuhalten.
So machte er sich also vorsichtig davon.
Er hatte genug gesehen.
In der Ferne sah Mergun dann einen gigantischen Zug von Wagen, Reitern und Fußvolk herannahen. Genaues war nicht zu erkennen.
Verstärkung für Taykors Armee, schloss der Wanderer.
Er fragte sich, wer hier wohl gegen wen zu Felde zu ziehen beabsichtigte. Jener Zug von Soldaten kam immer näher und es hatte den Anschein, als wäre er unendlich lang.
Immer neue Truppen strömten über den Horizont, einer riesenhaften Meereswoge gleich.
Wild und blutdurstig schwenkten sie ihre Waffen und Standarten.
Mergun bezweifelte, dass diese Soldaten überhaupt Herr ihrer selbst waren. In seinen Augen waren sie nicht mehr, als willenlose Marionetten, an Fäden hängend, die die Götter gesponnen hatten.
Es ist ein Verbrechen, durchfuhr es Mergun. Es ist ein Verbrechen: Zu Tausenden werden sie auf den Schlachtfeldern für eine Sache sterben, die nicht die ihre ist; einen Kampf kämpfen, der sie nichts angeht.
Gar nichts.
Nun entschloss sich Mergun dazu, diesen Ort zu verlassen. Er wusste, dass die Götter zuweilen aggressiv und ungerecht reagierten, wenn man sie beobachtete. Und außerdem: Was ging ihn dies alles hier an? Was kümmerten ihn die Machtgelüste eines wahnsinnigen Gottes?
Und doch konnte auch Mergun jene düstere Faszination nicht verhehlen, die von der Gestalt Taykors ausging.
Faszination, gepaart mit Grauen. War es die körperliche Größe
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