Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
Abend noch weiterreiste.“
„Du bist verrückt, Wanderer!“
„Mag schon sein!“
„Ahyr wird dich strafen!“
„Er wird mir schon nichts tun!“
„Wie du willst, Fremder! Aber ich habe dich gewarnt! Und wenn Ahyrs Axt deinen Schädel zerschmettert, so denke an meine Worte!“
*
Am nächsten Morgen war Panojus verschwunden. Er hatte sein Pferd und seinen Wagen zurückgelassen und nur seinen Bogen mitgenommen.
Mergun zuckte mit den Schultern.
Er gönnte es dem Händler, dass er die Falkeninsel erreichte.
Mergun war spät aufgestanden.
Schweigend stand er im Schankraum von Aenaskeus' Schenke und blickte aus dem Fenster. Die Stadt war unruhig geworden. Überall liefen die Menschen aufgeregt herum und hin und wieder waren auch Waffen zu sehen.
„Du bist noch hier, Fremder?“, fragte Aenaskeus, während er ziemlich außer Atem durch die Tür zu den hinteren Räumlichkeiten trat.
„Ja, wie du siehst“, erwiderte Mergun mit großer Gelassenheit.
Aenaskeus schüttelte verständnislos den Kopf.
„Du müsstest schon längst weg sein!“
„Ich werde mich jetzt auf den Weg machen.“
„Ich fürchte, es ist bereits zu spät für dich!“ Angst flackerte in den Augen des Wirtes. „Der zornige Gott Ahyr naht...“ Rufe tönten durch die Stadt.
Stimmengewirr, Jubelschreie...
Gemeinsam traten Aenaskeus und Mergun nach draußen.
Überall wimmelte es von Soldaten.
Es waren fremde Soldaten. Auf ihren stählernen Rüstungen trugen sie das Wappen Ahyrs: die Streitaxt!
„Ahyr ist in der Stadt!“, flüsterte Aenaskeus tonlos.
„Betet! Betet zu dem allmächtigen Ahyr, euren Gott! Geht in die Knie!“, riefen die Soldaten.
Die Gesichter dieser Männer waren ausdruckslos, ihre Augen glänzten. Fanatismus leuchtete aus ihnen.
Sie bewegten sich mechanisch, wie Marionetten.
„Was ist mit diesen Soldaten?“, fragte Mergun den demütig und voller Angst in die Knie gegangenen Aenaskeus.
„Es sind Seelenlose. Sie stellen keine Fragen, führen jeden Befehl aus und sind im Übrigen auch stärker und widerstandsfähiger, als gewöhnliche Soldaten. Sie sind genau die richtigen Krieger im Dienst eines Gottes!“
Mergun hörte die Menschenmenge beten und vor Ekstase schreien. Sie priesen verzückt den Namen des allgewaltigen Ahyrs.
Mergun ekelte dies.
Wie konnten sich die Bewohner Balans nur dermaßen erniedrigen!
„Ich gehe“, sagte er, wobei er sich zur Tür der Schenke herumwandte. „Ich kann es nicht mehr länger mit ansehen...“
„Warte, Mergun!“, rief Aenaskeus. „Das kannst du nicht tun!“
„Warum nicht?“
„Wenn man dich sieht, bist du deinen Kopf los, denn es ist nicht erlaubt, sich im Haus aufzuhalten, wenn der Gott Ahyr in Balan weilt!
Komm her und gehe mit mir in die Knie! Preise den Namen Ahyrs und bete zu ihm, auf dass sein rachsüchtiges Herz dich verschont...“
„Nein“, erwiderte Mergun trotzig. „Ich gehe.“
*
Als Mergun dann die Taverne des Aenaskeus betrat, war niemand dort. Der einsame Wanderer ging zum Fenster und beobachtete das Geschehen auf der Straße mit wachsendem Unbehagen.
Der Anblick der seelenlosen Soldaten mit dem Axtsymbol auf ihren Rüstungen war schauderhaft.
Ihre Gesichter waren von Schmerz und Schrecken entstellt.
Der Glanz kündete von Wahnsinn. Wie viele Qualen mussten diese Männer schon erlitten haben!
Von ihrem unerbittlichen Führer erbarmungslos von einer Schlacht in die andere geführt und furchtbar erniedrigt.
Und das Schlimmste: Man hatte sie ihrer Seele beraubt.
Sie waren nur noch Körper. Marionettenhafte Gestalten, an unsichtbaren Fäden gezogen und dazu bestimmt, erbarmungslos zu töten.
Ein riesenhafter Streitwagen fuhr heran.
Das monströse Gefährt wurde von sechs zweiköpfigen Löwen gezogen. Der Krieger, der diesen Wagen lenkte, war unverkennbar Ahyr - leicht zu erkennen an seinen drei dämonisch leuchtenden Augen.
Der zornige Gott zügelte seine Löwen und der Wagen kam vorübergehend zum Stillstand.
Stolz und hoch aufgerichtet stand Ahyr da, hörte sich die Gebete seiner Untertanen an. Dabei verzog sich sein göttliches Gesicht zu einem spöttischen Grinsen.
Mit angstgeweiteten Augen blickten die Sterblichen zu ihm auf.
Ihre Furcht schien Ahyr zu amüsieren.
Er sonnte sich im Schrecken der Sterblichen und lachte dröhnend.
Ahyr ließ den Blick schweifen. Seine Augen flackerten unruhig. Dann endlich fuhr der Wagen weiter voran - auf jenen Tempel zu, der dem zornigen Gott gewidmet war.
„Hast du ihn
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