Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
Fremdling?“, fauchte Thiro den Gnomen an.
„Ihr könnt euer Schwert getrost dort lassen, wo es ist.“ Thiro nickte und nahm die Hand von der Waffe. Die Haltung des Kleinen straffte sich. Er räusperte sich.
„Es wäre sehr wohl angemessen, wenn Ihr mir ein wenig mehr Respekt entgegenbringen würdet!“
Thiro lacht herzhaft.
„Was glaubt Ihr wohl, wer ich bin, kleiner Mann?“
„Nun, mehr als ich werdet Ihr sicherlich nicht sein!“
„Ich bin der König von Gunland!“
Der Gnom zuckte mit den Schultern. „Und ich bin Shaykaliin, der Gott!“
„Ihr seid ein Gott?“ Thiro schmunzelte unwillkürlich. „Besonders groß scheint Eure Macht aber nicht zu sein! Lasst Euch genauer im Mondlicht betrachten... Ah, ich glaube Euch zu erkennen...“
„Das will ich hoffen! Im Pantheon Eurer eigenen Hauptstadt Gun gibt es eine Statue von mir!“
„Ja, in irgendeiner Ecke, wo die unwichtigeren Götter des Uytrirran, des heiligen Berges, ihren Platz haben ...“
„Der äußere Schein trügt... Meine Macht ist weitaus größer, als Ihr glaubt. Wenn ich wollte, könnte die Kraft meines Willens Euch in eine Ratte oder einen Stein verwandeln! Ich könnte ein ganzes Universum erschaffen oder den Mond vom Himmel holen und ihn auf dem großen Ozean schwimmen lassen!“
„Und warum tut Ihr es dann nicht?“
„Reine Bescheidenheit meinerseits.“
„Ein bescheidener Gott! So etwas muss man wahrlich mit eigenen Augen gesehen haben!“
Der Kleine wurde böse. „Ich warne Euch im Guten! Macht Euch nicht über mich lustig!“
„Ich werde mich zusammennehmen, edler Gott! Aber bei Euren Ausführungen ist es nicht einfach, ernst zu bleiben.“ Der gnomenhafte Gott verzog schmollend die Mundwinkel.
„Aber vielleicht könntet Ihr mir dabei helfen, mein Problem zu lösen“, meinte der König dann plötzlich.
„Die Götter sind nicht dazu da, sich um die Probleme der Sterblichen zu sorgen“, erklärte Shaykaliin hochnäsig.
„Und wenn ich Euch darum bitten würde? Ich habe nur eine einzige Frage, die Ihr mir beantworten müsst, kleiner Gott! Im Übrigen nehme ich alle zurück, was ich eben gesagt habe...“ Shaykaliin seufzte.
„Also gut. Worum geht es?“
„Ist es möglich, dass ein Gott denen, die an ihn glauben, die Seele raubt?“
Shaykaliin machte eine ruckartige Bewegung und sah Thiro erstaunt an.
„Weshalb wollt Ihr das wissen?“
„Nur so. Es interessiert mich eben.“
Der Gnom zuckte mit den Schultern.
„Also gut. Ja, es ist gut möglich, dass ein Gott denen, die an ihn glauben, die Seele nimmt. Denn dann ist er ihrer Loyalität in jedem Falle versichert. Manchmal passiert es unbewusst. Es gibt viele Götter, die gar nicht bemerken, wie sie den Sterblichen die Seele stehlen. Oft genug bemerken auch die Sterblichen es nicht.“ Der Kleine hielt für einen Moment inne.
„Ihr habt für eure Frage sicherlich einen bestimmten Grund?“ Skaykaliins Augen waren die eines Kindes: unschuldig und natürlich. Aber Shaykaliin war kein Kind. Er war ein Gott.
„Ich habe heute einen Mann gesehen“, erklärte Thiro, „den man ans Kreuz geschlagen hatte. Er behauptete, ihm sei deshalb dieser schreckliche Tod zugedacht worden, weil er sich geweigert habe, sich von einem Gott die Seele nehmen zu lassen. Und nun möchte ich gerne wissen, ob diese Geschichte wahr oder erfunden ist.“ Shaykaliin zuckte mit den Schultern.
„Wie soll ich das wissen?“
„Ihr seid ein Gott, denke ich. Und sind die Götter nicht allmächtig und allwissend?“
Der Gnom lachte auf.
„Wir und allmächtig?“
„Ihr Götter behauptet es selbst!“
„Wir Götter behaupten viel - und vieles von dem, was wir sagen ist falsch und erlogen. Die Götter haben immer soviel Macht, wie die Sterblichen ihnen geben.“
Thiro sah Shaykaliin erstaunt an.
„Ihr seid ein zynischer Gott.“
„Vielleicht wird man so, wenn man auf dem Berg der Götter wohnt, dem Uytrirran, und nur ab und an über die Niederungen der Sterblichen wandelt.“
„Wie kann ich mich vor einem Gott schützen, der mir die Seele nehmen will?“
„Entschuldigt, weiser König, aber ich habe keine Lust, mich länger mit Euch zu unterhalten.“
Der Gnom machte Anstalten zu gehen.
„Ich befehle Euch zu bleiben!“
„Ihr könnt mir nicht befehlen, König Thiro. Ich bin ein Gott und Ihr nur ein König.“
Schon früh am Morgen brach das vereinigte Heer der beiden Könige auf. Stolz trug Pan-Ro die wehende Fahne ihres Gottes und Ovamnus und Thiro
Weitere Kostenlose Bücher