Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
hätten vielleicht Flammen gelodert.
Doch nicht hier! Hier befand sich auf dem Altar ein winziger Springbrunnen. Anderswo wäre er vielleicht keine Besonderheit gewesen, aber hier wohl. Wasser war in der Drachenwüste einfach zu kostbar, als das man es sinnlos verschwendete.
Wasser war hier eine Währung, die niemals ihren Wert verlor.
Viele der Lanar von Kwmsk wuschen sich nicht einmal die Hände -
nur um ein wenig Wasser zu sparen.
Gibram erschrak daher beim Anblick des Springbrunnens. Er war zwar schon oft in diesem Tempel gewesen, aber jedes Mal wirkte dieser Springbrunnen auf ihn befremdlich. Nein, wie konnte man nur Wasser sinnlos verschwenden?
Gibram verstand es nicht. Vor langer Zeit, als er noch ein kleiner Junge war, hatte er einmal einen der weißgekleideten Priester gefragt und dieser hatte ihm gesagt, es sei deshalb notwendig, dieses Wasser zu verschütten, weil nur durch die Opferung von Wasser die große Schuld abgetragen werden könnte, die auf dem Volk der Lanar läge.
Nur auf diese Weise könne man hoffen, dass Krask einst den furchtbaren Fluch von diesem Land nähme.
Und als Gibram den Priester dann gefragt hatte: „Was für eine Schuld meint Ihr, Herr Priester?“, da hatte ihn dieser nur sehr, sehr ernst angeschaut und war dann davongeeilt und hatte ihn stehen lassen.
Und nun stand Achad Sei, ihr Sippenältester vor dem Altar des grausamen Wüstengottes, eine Flasche mit Wasser in der linken Hand.
Gibram wusste, was mit ihrem Inhalt geschehen sollte, er hatte es so oft gesehen.
Einer der Priester war nun neben dem Altar erschienen und hatte die große Zahl der Tekir misstrauisch beäugt.
Aber denn nickte er ihnen zu und wie auf einen Befehl knieten sich die Wüstensöhne auf den kalten Steinboden. Aber die Kühle des Steines war durchaus angenehm im Gegensatz zur erbarmungslosen Hitze, die in der weiten Wüste herrschte.
Nur Achad Sei war stehen geblieben. Sein Blick war auf den Altar gerichtet.
Dieser Altar! Gibram wusste, warum er an dieser Stelle - genau an dieser und keiner anderen - stand! Ein Priester hatte es ihm vor mehreren Jahren einmal verraten: Genau an dieser Stelle hatte Krask seinen Fluch über dieses Land ausgesprochen.
Damals hatten die hochmütigen Bürger von Kwmsk ihren Gott ausgelacht, als sie nicht sofort die Wirkung des Fluches spürten. Heute flehten sie um Gnade und opferten das einzig kostbare, das sie besaßen: Wasser.
„Großer und mächtiger Krask! Oh, erhöre unser Flehen und unser Klagen und sieh unser Opfer an!“, hörte Gibram Achad Sei sagen.
Achad Sei sagte noch einiges mehr, aber Gibram hörte nicht hin. Er hatte die Gebete des Sippenführers schon so oft mitanhören müssen.
Er erinnerte sich seiner Vision.
Oh, eines Tages, das wusste Gibram in diesem Augenblick mit Gewissheit würden die Götter für jeden Tropfen Wasser, der ihnen geopfert worden war in den langen Jahrtausenden ihrer Herrschaft, zahlen müssen!
Gibram sah jetzt, wie Achad Sei den Inhalt seiner Flasche über den Altar vergoss. Irgendwo schrie wieder ein kleines Kind. Hatte es Durst?
Dann erhob sich die Sippe der Tekir. Der Springbrunnen auf dem Altar plätscherte weiter.
*
Die Götter lachten und schwatzten und fraßen wie Raubtiere in der Wildnis; wie Hyänen, die sich gierig über ein Aas stürzen.
Sie feierten eine Orgie. Die Orgien, welche an den Königshöfen der Sterblichen gefeiert werden, sind nichts im Vergleich zu den Orgien, wie sie die Götter feiern - weit ab auf ihrem hohen Berg.
Sie taten Dinge, die eines Gottes eigentlich unwürdig sind: Sie sabberten und schmatzten und schrien und kotzten hernach alles wieder absichtlich aus, damit das ganze noch einmal von vorne beginnen konnte. Denn die Götter erscheinen nur den Sterblichen gegenüber würdevoll und vollkommen. Im Grunde sind sie alberne Kinder.
Da betrat plötzlich eine düstere Gestalt den Raum, in dem die Orgie gefeiert wurde. Die Götter schreckten auf und schwiegen. Alle Blicke richteten sich auf die Gestalt.
„Wir haben Euch nicht eingeladen, Lord Andur“, meckerte Gria, wobei sie den Eindringling mit ihren funkelnden Augen misstrauisch musterte. Einem Sterblichen wäre vielleicht bei einem solchen Blick das Blut gefroren, aber Andur schien es kaum zu kümmern. Er grinste lediglich etwas.
„Was wollt Ihr von uns? Warum unterbrecht Ihr unsere Feier?“, fragte ein aufgebrachter Sprecher.
„Ich weiß, dass ihr mich nicht zu diesem Fest eingeladen habt, meine lieben
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