Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
sagen.“
Wieder trat eine Stille ein. Es war eine unheilvolle Stille, in der angstvolle Blicke getauscht wurden.
„Nun macht euch man nicht in die Hosen!“, krächzte Sunev. „Mag es nun stimmen oder nicht, was dieser alte Quacksalber sagt“, er deutete auf Xilef. „Wir sollten weiter unsere Tage genießen und uns nicht um die Zukunft kümmern.“
„Man muss das ganze nüchtern sehen, meine ich“, erklärte Nekardion in sachlichem Ton. „Wer sollte unseren Untergang denn bewirken? Die Sterblichen vielleicht? Das wäre mehr als unwahrscheinlich. Oder vielleicht ein Gott?“ Er lächelte kalt und berechnend. Lari fand Nekardion irgendwie herzlos. Er war so blass und kalt - wie eine Leiche. „Auch diese Möglichkeit ist auszuschließen, denn einer (oder auch mehrere) hätten nicht die Macht dazu. Bliebe noch die letzte Möglichkeit: Andur. Ja, er hätte (wenigstens zurzeit) die Macht, uns alle fertig zu machen. Aber er tut es nicht. Warum? Nun da gibt es doch nur eine einzige logische Schlussfolgerung: Er braucht uns auf irgendeine Art und Weise, die wir noch nicht kennen. Ihr kennt Andur von der Angst doch alle: Hätte er uns nicht schon längst getötet, wenn er nicht irgendwie von uns abhängig wäre? War er bei Shaykaliin etwa besonders zimperlich?“
„Und wenn er nur deshalb wartet, weil er uns zuvor peinigen will?“, warf Lari ein.
Wieder herrschte einige Augenblicke lang Stille.
„Auf jeden Fall müssen wir jetzt etwas tun!“, schrie Krask. „Töten wir Andur, Freunde, dann ist der einzige Unsicherheitsfaktor beseitigt!
Wenn Andur nicht mehr am Leben ist, dann gibt es niemanden, der den Untergang der Götter einleiten könnte! Das ist das einzige, was uns noch retten kann!“ Krasks Stieraugen waren wild und zornig.
Schaum stand vor seinem Mund. „Wir müssen etwas tun, verdammt noch mal, wir müssen etwas tun!“
Nekardion zuckte mit den Schultern. Etwas zuckte in seinem leichenhaften, kalten Gesicht.
„Es gibt Situationen, in denen man besser nichts tut und einfach abwartet. Viele Dinge regeln sich nämlich von selbst!“
„Diese Sache ist zu ernst, als das man sie dem Zufall und dem Abwarten überlässt“, schnatterte Gria. „Hier geht es schließlich um Leben und Tod!“
„Um dich wäre es ohnehin nicht besonders schade, Gria“, sagte Sunev mit einem zynischen Lächeln auf den Lippen.
„Du wirst auch sterben, Sunev! Auch du wirst untergehen!“, kreischte Gria voller Zorn.
Sunev zuckte mit den Schultern und sah sie gehässig an.
„Mag sein, mag sein. Ich bin schon so oft gestorben, Gria, für mich hat der Tod seine Schrecken verloren. Außerdem darf ich damit rechnen, wiederzuerstehen!“
„Freunde!“, rief Arodnap etwas erregt. „Lasst uns jetzt auf des Wesentliche konzentrieren!“
„Andur muss sterben“, donnerte Krask.
Aber Xilef schüttelte den Kopf. Er erhob sich und seine Facettenaugen leuchteten kalt und überirdisch.
„Ich sehe die Zukunft noch nicht ganz und gar klar vor mir“, begann er, „aber eines dürfte feststehen: Andur wird nicht derjenige sein, der unseren Untergang einleitet. Er wird an dieser Entwicklung sicherlich Anteil nehmen, aber er wird nicht der entscheidende Faktor sein!“
„Nicht Andur?“, fragte Nekardion, wobei er beide Brauen hochzog. „Wer aber dann, Xilef?“
„Ich weiß es noch nicht. Es liegt noch so viel im Dunkeln...“, sagte Xilef.
„Mag es dann sein, dass es in dieser Welt mehr Mächte gibt, als wir ahnen“, überlegte Gria laut.
„Unmöglich“, krächzte Nekardion kalt.
Die Existenz einer solchen Macht wäre völlig unlogisch, erkannte Lari in diesem Moment. Wer sollte diese Welt denn kennen, wenn nicht die, die sie beherrschten - die Götter?
*
Mergun und Irrtoc hatten inzwischen Balan erreicht, jene Stadt, die für Mergun einmal so etwas wie eine Heimat gewesen war.
Es hatte sich viel verändert in der Stadt. Alte Gebäude standen nicht mehr und neue waren emporgeschossen.
Aber der Tempel, den die Leute von Balan ihm zu Ehren angelegt hatten, stand noch. Er schien ebenso wie Mergun selbst um kein einziges Jahr gealtert zu sein, obwohl Jahrhunderte vergangen waren, seit man ihn erbaut hatte.
Die Kleidung der Menschen, die Mode hatte sich geändert. Aber die Menschen selbst waren dieselben geblieben. Sie verhielten sich nicht anders als die Leute, die er noch persönlich gekannt hatte.
Wie hießen sie denn noch gleich? Ihm wollten ihre Namen nicht mehr einfallen, aber ihre Gesichter
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