Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
streifte, da begann er sie zu verstehen.
Vielleicht würde ich genauso wie Lari denken, wenn Luun mir nicht das Geheimnis des magischen Feuers offenbart hätte, dachte Mergun. Ich bin dadurch zum Gott geworden, dass ich zwei andere Götter in den Tod schickte! Dadurch habe ich gesehen, dass die Allmächtigkeit der Götter nicht in der Weise existiert, wie sich die Sterblichen das vorstellen. Und ich sah das Grauen, welches die Götter verbreiten! Ich habe gesehen, wie Ahyr Menschen allein zum Zweck seines Vergnügens grausam zu Tode foltern ließ! Und ich sah auch seine Soldaten, denen er die Seele genommen hatte!
Grausige Erinnerungen wurden in Mergun wach. Er sah sich wieder im Tempel des Ahyr stehen, in dem Tempel, der zynischerweise jetzt ihm geweiht war.
Vor ihm der furchtbare Gott, in der Hand sein Schlachtbeil.
Der Raum erfüllt von den Schreien der gequälten und geschundenen Opfer.
Hätte ich diese Gräuel nicht gesehen, ging Merguns Gedankenstrom weiter, so hätte ich vielleicht nie den Gedanken an Revolution und Veränderung der Verhältnisse gehabt!
Ich hätte vermutlich bis zu meinem Lebensende nach Dhum gesucht und es nicht gefunden! Oder aber eines Tages hätte ich die Suche aufgegeben und mich irgendwo zur Ruhe gesetzt und wäre in Frieden gestorben. So aber wurde ich zum Gott!
Zum Gott!
ZUM GOTT!
Dhum - dieser Name tauchte plötzlich wieder in seinem Bewusstsein auf. Und mit diesem Namen kam auch etwas von jener unendlich großen Sehnsucht zurück, welche er vor vielen Jahren gespürt hatte.
Und wenn ich Dhum gefunden hätte?, fragte sich der Gott dann.
Jenes Land, in dem ich die Erfüllung meiner Träume und den Sinn für meine Existenz suchte? Habe ich denn jetzt die Erfüllung meiner Träume erreicht? Habe ich den Sinn meines Lebens erkannt?
Ein Gefühl der Frustration und der Ernüchterung war plötzlich in ihm.
Da erinnerte er sich der Worte des weisen Luun: Ès gibt keinen Sinn im Leben, außer man gibt ihm einen. Und es gibt keine Erfüllung von Träumen, außer man verwirklicht sie!Ùnd? Hatte er es geschafft, seinem Leben einen Sinn zu geben?
Hatte er es geschafft, die Erfüllung seiner Träume dadurch zu finden, indem er sie verwirklichte?
Er hatte Ahyr und Taykor getötet.
Aber seinen Traum von einer götterlosen Welt hatte er dadurch nicht zu erreichen vermocht. Er hatte im Grunde genommen fast überhaupt nichts verändert.
Sicher, er hatte den Krieg zwischen zwei arroganten, selbstherrlichen Göttern durch den Tod beider beendet.
Aber das System, nach dem diese Welt funktionierte, hatte er nicht zu erschüttern vermocht!
Aber vielleicht werde ich mit der kommenden Revolution etwas verändern können!, hoffte Mergun. Es genügt nicht, die Götter von ihrem Berg zu jagen! Man muss das System zerstören, nach dem dieses Universum funktioniert! Der Sturz der Götter ist lediglich ein kleiner -
wenn auch ein unerlässlicher und unbedingt notwendiger - Schritt.
Es nützte nichts, dass eine Revolution stattfand, mit dem Ergebnis, dass er Mergun, als alleinherrschender Gott über die Erde gebot!
Und dann war da noch Andur...
Lord Andur, der Herr der Angst!
Man durfte ihn auf keinen Fall unterschätzen.
Warum hat er mir bloß in letzter Zeit so oft seine Hilfe angeboten?, fragte der Gott sich. Das muss seinen Grund haben. Alles, was diese düstere Gestalt tut, hat seinen Grund, auch wenn er immer vorgibt, ohne logisches Konzept zu handeln. Niemand handelt unlogisch! Es kann höchstens sein, dass sich der Betreffende der Logik nicht bewusst ist, nach der er handelt.
Merguns Blicke streiften wieder über das Bild des Sturmes. Der Sturm faszinierte ihn. Auch die kommende Revolution würde ein Sturm sein!
Aber danach würde hoffentlich Ruhe und Frieden kommen. Und die Menschen sollten in Glück und Harmonie miteinander leben - ohne ihre Götter, ihre selbst erschaffenen Sklavenhalter.
Kann es sein, dass Lord Andur Angst hat?, überlegte Mergun.
Angst vor der Zukunft? Angst vor der Revolution?
Vielleicht kann auch er nur überleben, wenn er sich auf die Seite des Aufruhrs schlägt! Das wäre eine Erklärung für vieles.
Diese neue Perspektive verursachte in Mergun ein wohliges Schaudern. Ein Gefühl der Macht und der Überlegenheit durchströmte ihn.
Lari betrat jetzt den Raum. Sie war ohne anzuklopfen hereingekommen und setzte sich wortlos zu ihm auf den Boden.
Ihre Blicke begegneten sich. Und Mergun spürte die Liebe, welche Lari für ihn empfand.
Ihre Hand war
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