Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
vom hügeligen Auenland zum Waldland war fast übergangslos vor sich gegangen. Plötzlich war er da gewesen: der düstere, von gefährlichen Ghorraparen-Stämmen bewohnte Wald.
"Jetzt heißt es doppelt wachsam sein", hatte Mergun gesagt.
"Hinter jedem Baum mag ein heimtückischer Bogenschütze lauern."
Geisterhaft erscholl der Schrei eines buntgefiederten Vogels, den irgendetwas aufgescheucht hatte und irgendwo war der dämonenhafte Schlag schwarzer Schwingen zu hören.
"Dieser Wald hat mit dem der Wolfsinsel nichts gemein", meinte Mergun und Lakyr nickte düster.
"Er ist seltsam, aber ich glaube nicht, dass er besondere Gefahren birgt." Zunächst hatte jeder Schrei, jedes Geflatter die Mitglieder der Gruppe zusammenzucken lassen, aber mit der Zeit gewöhnten sie sich an die Musik des Urwaldes. Einmal wollte Mergun am Ufer ein Paar Augen gesehen haben und auch Lakyrs Katze hatte laut gefaucht. Aber die anderen konnten nichts entdecken. Man kam schließlich zu dem Schluss, dass Mergun sich getäuscht haben musste. Aber der Nordländer wollte das nicht so einfach akzeptieren. Noch intensiver als zuvor beobachtete er die Flussufer. Aber selbst die scharfen Augen des Nordländers konnten nichts entdecken. Langsam aber sicher begann es zu dämmern, und man musste sich nun entscheiden, wo man übernachten wollte.
"Ich halte es für zu gefährlich, an Land zu gehen", sagte Kiria im Brustton der Überzeugung. Sie lauschte einige Augenblicke den Stimmen des Waldes. Sie waren weder böse noch liebevoll. Sie waren nur so unwahrscheinlich fremd.
"Es ist gefährlich, da habt Ihr recht. Vor allen Dingen deshalb, weil wir über die Gefahren dieses Waldlandes so gut wie gar nichts wissen. Aber bleibt uns denn eine andere Wahl?" Das war Lakyr. Edro blickte zu einem der Baumriesen empor.
"Vielleicht können wir in den Baumkronen übernachten", meinte er.
"Eine gute Idee. Da kommt so schnell kein wildes Tier hin", meinte auch Lakyr. Sie landeten also und zogen das Boot ans Ufer.
Ganz in der Nähe wuchs ein uralter, knorriger Baum, wo sie relativ gut übernachten konnten. Edro hatte Angst vor dem Einschlafen. Er fürchtete, sein Traum könne zurückkehren. Doch schließlich übermannte ihn die Müdigkeit. Der Tag war anstrengend gewesen und verlangte von seinem Körper den nötigen Schlaf. Wider Erwarten ließen ihn die Träume jedoch diese Nacht in Ruhe.
*
Noch vor Sonnenaufgang ging es dann weiter. Der Wald schien friedlich zu sein. Nirgends lauerte Gefahr. Es schien Edro so, als würde der Pflanzenwuchs immer üppiger, je weiter sie Flussaufwärts kamen. Riesige Blätter schwammen auf der Wasseroberfläche und auf ihnen liefen faustgroße Insekten herum. Sie sahen bizarr und gefährlich aus, aber das waren sie durchaus nicht. Es handelte sich bei ihnen um friedfertige Tiere, die dem Menschen kaum zur Last fallen konnten. Es konnte ein ganzes Jahr oder länger dauern, ehe die Gruppe den Berg der Götter erreichte. Einen Moment lang erschien Edro seine Suche nach Elfénia sinnlos. Auf jeden Fall waren seine Aussichten gleich Null. Aber dennoch... Nein, er würde nicht ruhen können, ehe er nicht dieses Land gefunden hatte. Es war die einzige Ambition, die er in seinem Leben hegte. Wie ein geschmeidiger Fisch glitt das Boot lautlos dahin. Ereignislos verstrichen die Stunden und es dämmerte bereits wieder. Sie legten am Ufer an und suchten sich einen Baum für die Übernachtung aus. Es verlief alles relativ normal, bis Edro mitten in der Nacht ein Geräusch hörte. Menschliche Schritte! Irgendwo miaute Lakyrs zweiköpfige Katze und Edro wusste, dass Gefahr drohte. Vorsichtig weckte er die anderen und zog sein Schwert.
"Ich habe es geahnt", sagte Mergun wütend, aber Edro bedeutete ihm, zu schweigen. Sie spähten in die Dunkelheit. Fackeln waren da zu sehen. Und Menschen, mit seltsamen Tüchern behängt. Schwerter und Äxte blitzten im Mondlicht.
"Wer sind sie?", fragte Kiria.
"Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich glaube, es sind Ghorraparen", meinte Mergun.
"Ich zähle 24 Fackeln", setzte Lakyr hinzu. Mit der Rechten griff er nach seiner Katze und setzte sie auf seinen Schoß. Er wollte verhindern, dass sie unbedachte Schritte unternahm.
"Unser Boot! Sie haben es auf unser Boot abgesehen!", rief Mergun. Der Mann von der Wolfsinsel wollte sich daran machen, vom Baum herunterzusteigen, aber Edro hielt ihn zurück.
"Es hat wenig Sinn, Freund Mergun", sagte er.
"Aber unser Boot! Ohne das Boot sind wir
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