Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
seinen Weg fortsetzte.
Der San verlor jetzt sehr bald seine oft recht beängstigende Breite und Gewaltigkeit.
Edros Hände waren klamm und steif und seine Gelenke schmerzten, aber der Dakorier überwandt sich dennoch.
Lautlos glitt sein Boot über das Wasser und seine Arme schienen nicht müde zu werden. Eine seltsame Kraft trieb ihn vorwärts. Aber es war nicht eine dämonische Kraft, wie die, die ihn dazu gebracht hatte, Kiria zu erschlagen. Es war eine Kraft, die aus ihm selbst kam.
Sein Ziel - es kam Edro plötzlich so nahe vor - und das spornte ihn noch weiter an.
Nebel hingen jetzt wie magische Schleier über dem fließenden Wasser. Es wurde noch kälter.
Bald war Edros Mantel völlig durchnässt von jenen Nebeln.
Die Tage verliefen einer wie der andere. An Land ging Edro nur wenn es unbedingt notwendig war, auch wenn sich nun doch herausstellte, dass Gabad'dohs Beschreibung der nördlichen Region nicht so ganz zutraf.
Zumeist waren es düstere Gedanken, die Edro während der langen Tage und Nächte verfolgten.
Endlich hörte der Wald ganz auf. Ein unfruchtbares, ödes Hügelland löste ihn ab.
Die Sonne hatte in diesem Land nur wenig Kraft. Sie vermochte es daher auch nicht, Edro aufzuwärmen.
Langsam wurden seine aus Darakyse mitgebrachten Vorräte weniger. Da erreichte er schließlich ein kleines Dorf.
Hier verkaufte er sein Boot, denn am Horizont war bereits sein Ziel zu sehen: Der Uytrirran, der Berg der Götter.
Stolz schauten seine schneebedeckten Hänge auf die Umgegend herab.
Wie stolz und hochmütig es erst die Götter taten...
Für das Geld, das ihm sein Boot eingebracht hatte, kaufte der Dakorier sich dann neue Vorräte und warme Fellkleidung.
So schnell es ging, verließ er das Dorf dann wieder. Er verließ es nicht, weil ihm die Menschen dort nicht gefielen oder weil ein weiteres Verweilen zu kostspielig gewesen wäre.
Er verließ es, weil es ihn danach hungerte, schnell sein Ziel zu erreichen.
Der Gipfel des Berges der Götter schien gleichzeitig nah und fern zu sein.
Lautlos stapften Edros leichte Fellstiefel über den dünn mit Gras bewachsenen Boden. Ein kleines Bündel hatte er sich über den Rücken geschnallt.
Nach jedem Hügel, den der Dakorier überwandt, folgte ein neuer.
Der Weg schien endlos - obwohl sein Ziel doch allgegenwärtig war: Wie ein mächtiger Riese stand der Berg der Götter da, arrogant und gewaltig.
Und doch schien er recht gut in diese Landschaft zu passen.
Das Gelände stieg nun stetig an. Die Hügel wurden höher und höher. Nur vereinzelt waren nun noch Tiere zu beobachten. Ein eisiger Wind fraß sich unbarmherzig durch Edros Fellkleidung. Es dauerte fast eine Woche, bis er den Fuß des Uytrirran erreicht hatte.
Gefrorener Reif bedeckte das nur spärlich wachsende Gras und noch immer blies der eisige Wind.
In den Stein gehauen sah er dann einen Altar. Er war mit seltsamen, fremdartigen Ornamenten verziert.
Und in der Sprache des Ostens stand dort eingemeißelt geschrieben: BLEIBE STEHEN, STERBLICHER WANDERER, DER DU DICH HIERHER VERIRRT HAST, UND NEIGE DEIN
HAUPT! DENN DIESER BERG IST DER UYTRIRRAN, DER
BERG, AUF DEM DIE GÖTTER WOHNEN. WAGE ES NICHT, IHN ZU BESTEIGEN! DIE RACHE DER GÖTTER WÜRDE
FURCHTBAR SEIN. KNIEE DICH NIEDER UND BETE SIE AN!
DANN ERFÜLLST DU DEN WILLEN DERER, DIE DIESEN BERG
BEWOHNEN!
Die Worte ließen Edro erschauern. Wie war diese Warnung zu verstehen? War sie nur dort angebracht worden, um die Sterblichen zu ängstigen und um sie daran zu hindern, der Berg der Götter zu besteigen?
Hatten die Götter diese Zeilen geschrieben, weil sie keine Lust hatten, dem Geschwätz der Sterblichen zu lauschen?
Edro sah zum schneebedeckten Gipfel des Uytrirran auf. Dort oben sollten sich die Götter befinden!
Würden sie ihn überhaupt hören, wenn er sich vor diesem Altar beugte und betete?
Edros Hand ging zum Schwertgriff.
Im Umgang mit Göttern war vor allem Vorsicht geboten, das hatte er deutlich genug erfahren - und auch dafür bezahlt.
Oh, nein, noch einmal würde er nicht den gleichen Fehler machen und einen Gott anbeten!
Anbetung bedeutete Unfreiheit und Abhängigkeit.
Nein, er würde sich vor diesem Altar nicht beugen und zu den Göttern beten! Er würde ihren Berg besteigen, um ihnen gegenüberzutreten.
Er rückte sich sein Bündel zurecht und ging an der in Stein gemeißelten Inschrift vorbei.
Dann kletterte er einen schmalen, steinigen und steilen Pfad empor. Er wusste nicht, wohin dieser
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