Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
Wer einmal mit ihnen in Berührung gekommen war, den würde dieses Unwesen nicht mehr loslassen.
Blitzschnell fuhren ihre Schwerter durch die Fangarme und zerstückelten sie, bis sie es endlich wagen konnten, an der Pflanze vorbeizugehen.
Gewell blickte zum Himmel.
"Die Sonne steht schon tief. Bald wird es dunkel werden", zischte er.
"Es könnte gut sein, dass wir die nächste Nacht nicht überleben", meinte Naviel.
Und dann wurde es schließlich Nacht. Es war so dunkel, dass man seine eigene Hand nur noch als verschwommenen Schatten wahrnehmen konnte.
"Es ist Wahnsinn, weiterzulaufen. Wir können ja kaum die Hand vor Augen erkennen", sagte Edro.
"Ich glaube auch, dass unsere Überlebenschancen größer sind, wenn wir hier irgendwo übernachten", unterstützte ihn Omdriel.
"Aber wo?", fragte Naviel etwas unbeholfen.
"Dort, am Fluss! Da ist ein guter Platz!", rief Gewell. Sie gingen dorthin, wohin Gewell gedeutet hatte. Es war eine Art Strand. Kaum Pflanzen wuchsen hier und der Fluss war ganz nahe.
"Dieser Ort scheint ungefährlich, aber wir sollten trotz allem wachsam bleiben", verkündete Naviel.
"Lasst uns Wachen einteilen", meinte Omdriel. Die anderen waren damit einverstanden.
*
Omdriel war es, der Edro am nächsten Morgen weckte. Die Sonne stand schon am Himmel und im Dschungel war das Leben schon voll erwacht.
"Mein Magen knurrt!", rief Gewell aus. Er sah sich die an dornenbewehrten Büschen wachsenden Beeren an.
"Ob sie wohl genießbar sind?"
"Lasst sie, wo sie sind, Gewell! Wir dürfen kein Risiko eingehen", befahl Naviel.
"Etwas essen müssen wir", entgegnete Gewell.
"Wartet noch. Ich hoffe, wir erreichen heute oder morgen Darakyse!" Sie wanderten also mit leeren Mägen weiter. Immer wieder stellten sich ihnen gefährliche Pflanzen in den Weg. Einmal sahen sie in der Ferne sogar das Netz einer Riesenspinne.
Sie waren nur einen Moment lang stehengeblieben, da hatte sich eine tückische Schlingpflanze um Naviels Fuß gelegt.
Er zog erschrocken sein Schwert, als er das feststellte und schlug unbarmherzig auf den ihn fesselnden, schlangenartigen Fangarm ein.
Aber die Umklammerung um seinen Fuß ließ nicht nach. Blitzschnell zuckte von irgendwo her ein anderer Arm herbei und riss ihm das Schwert aus der Hand. Er schrie, als die beiden Arme ihn zum gähnenden Schlund einer fleischfressenden Pflanze hinzerren wollten.
Aber er hatte dieser Kraft nichts entgegenzusetzen.
Edro holte zu einem gewaltigen Schlag gegen einen der Arme aus und es gelang ihm nach einigen weiteren Schlägen auch tatsächlich, ihn vom Restorganismus der Pflanze zu trennen. Aber unterdessen hatten sich längst neue Arme um Naviels Körper gelegt. Omdriel schoss einen Pfeil in den schwarzen Schlund des Unwesens, aber auch das nützte nichts.
Schreiend wurde der Flussschiffer in den Rachen der Pflanze gezerrt. Die anderen mussten schnell zurückweichen, um nicht auch noch den mörderischen Fangarmen zum Opfer zu fallen.
Eilig gingen sie weiter. Eigentlich hätten sie wachsam sein sollen, aber die Schrecken, die Naviels Tod mit sich gebracht hatte, saßen ihnen noch tief in den Knochen.
Da wurde Omdriel plötzlich von einer fast mannsgroßen Fledermaus angefallen.
Ihre Zähne bohrten sich in den Hals des Niroters und dann saugte sie ihm das Blut aus.
Wie eine Mumie verschrumpelt blieb der Leichnam liegen. Aber für die Fledermaus war es bereits zu spät. Edro hatte ihr mit dem Schwert die blutgefüllte Kehle durchgeschnitten.
Gewell stand wie erstarrt da.
"Ich glaube nicht, dass wir Darakyse noch lebend erreichen", brummte er, aber Edro zuckte lediglich mit den Schultern.
Und weiter eilten sie durch diesen lebensfeindlichen Dschungel.
Nicht selten mussten sie sich Kraft ihrer Schwerter aus der Umklammerung tödlicher Schlingpflanzen befreien.
Auch mussten sie des öfteren größeren Tieren ausweichen und so einen oftmals ebenso gefahrvollen Umweg in Kauf nehmen.
An eine Ruhepause war überhaupt nicht zu denken.
Jederzeit musste jeder Gedanke voll auf die Umwelt konzentriert sein. Anders ließ sich in diesem Teil der Welt nicht überleben.
Plötzlich stürzte Gewell zu Boden.
"Ich kann nicht mehr weiter!", rief er.
"Ihr müsst!"
"Ich kann nicht!"
"Kommt, Gewell! So schlimm kann der Hunger doch noch nicht sein!" Der Dakorier beugte sich über den Gefährten und dieser starrte ihn mit fiebrig glänzenden Augen an.
"Oder... oder habt Ihr etwa von irgendwelchen Früchten genommen?" Gewell nickte
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