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Elfen wie Diamant

Elfen wie Diamant

Titel: Elfen wie Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Evans
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herum, und er blickte in den Himmel hinauf. Ein scharfer Wind trieb den Schnee vor sich her und transportierte ihn von der Küste ins Landesinnere. Mit dem Wind wurde auch der unverkennbare Geruch ihrer Präsenz herbeigeweht. Er schüttelte den Kopf und drehte sich zu Yimt herum, hielt jedoch unvermittelt inne, und ihm stockte der Atem.

    Yimt war weg.
    Die Gedanken an den Zwerg durchbrachen die düsteren Bilder seines Verstandes, und er klammerte sich verzweifelt an ihnen fest, fand Kraft in den Erinnerungen an seinen verlorenen Freund.
    Â»Töte ihn.«
    Alwyn blickte hoch, als sich der Schatten von Regimentssergeant Lorian auf seinem Schlachtross Zwindarra neben ihm in dem Schneetreiben materialisierte. Lorians Worte waren schmerzverzerrt und mehr eine Bitte als ein Befehl. Alwyn folgte seinem Blick, der sich auf Major Flinkdrache gerichtet war, der weiter zwischen den Soldaten einherging. Der Blutschwur, der die Toten an das Regiment band und auch an sie, lebte durch den Major. Ihn zu töten würde den Schwur jedoch nicht brechen, sondern nur ein verzehrendes Bedürfnis nach Rache befriedigen. »Töte ihn«, wiederholte Lorian. Seine Stimme klang wie ein kaltes Echo in Alwyns Kopf.
    Lorians Qual brandete in diesen ätherischen Wellen über ihn hinweg, die zwischen dieser Welt und der nächsten fluteten. Erneut kämpfte Alwyn um sein Gleichgewicht, als sich immer mehr Schatten materialisierten. Ihr Leiden verstärkte die tosenden Wogen der Vergeltung, die ihn wegzuspülen drohten, bis ihr Verlangen auch das seine war.
    Alwyn allein hätte sich ihren Schreien gefügt, aber er war nicht mehr nur Soldat Renwar. Er war mehr. Er hatte seine Rolle als Führer der Schatten der Toten akzeptiert, ihren Qualen und ihrer Wut Stimme verliehen. Dadurch besaß er eine Macht, welche die Schatten nicht hatten. Und anders als sie blieb er Teil von beiden Welten. Er konnte über ihre Loyalität bestimmen, so verwirrt und quälend sie auch sein mochte. Er hatte das alles nicht gewollt, aber er hatte in seinem Traum mit der Schattenherrscherin diesen Handel geschlossen
und die Schatten aus ihrem Griff befreit, wodurch er sich selbst verdammt hatte. Seine Aufgabe war einfach; er hatte dafür zu sorgen, dass Konowa sicher auf ihrem Berg ankam. Zu spät war ihm klar geworden, dass das überhaupt kein fairer Handel gewesen war. Alwyn hatte gehofft, dass er die Qual der Soldaten lindern würde, wenn er sie befreite, aber die Genialität ihres Plans lag in seiner Schlichtheit. Die Toten waren jetzt an Alwyn gebunden und er an sie, sodass der Blutschwur nicht aufgelöst wurde. Und derweil wuchs das Leiden der Schatten nur noch weiter.
    Â»Nein, er muss leben«, antwortete Alwyn und richtete seine Gedanken auf die Schatten. Es waren ehemalige Kameraden, Männer, die ihr Leben für etwas Größeres riskiert hatten und etwas Besseres verdienten als die Existenz, die sie jetzt ertragen mussten. Alles, was zwischen ihnen und einem ewigen Dienst stand, war allein Alwyns Willenskraft, und ihm war klar, dass er nicht immer standhalten konnte. Entweder starb die Schattenherrscherin, oder sie alle waren dem Untergang geweiht.
    Â»Er hat Schuld«, sagte Lorians Schatten, während die Stimmen der Toten zustimmend heulten.
    Â»Nein. Sie hat Schuld«, widersprach Alwyn, konzentrierte sich und ließ so viel Macht wie möglich in seine Stimme strömen. »Er ist ebenso Opfer wie wir.« Und wie sie, dachte er. Es war ihre Liebe zu dem sterbenden Schössling, der sie so weit getrieben hatte, um ihn zu retten. Dieser eine, verzweifelte Akt war es, der sie nun alle antrieb, einen Weg zu finden, all das zu beenden.
    Die Schatten kreischten protestierend und wichen in die Dunkelheit zurück. Sie konnten sich ihrem Emissär nicht widersetzen. Aber ihre Qual vibrierte noch etliche Sekunden in der Luft.
    Alwyn schüttelte sich. Die Zeit arbeitete gegen sie. Selbst
jetzt beobachteten sie den Major, und er fühlte ihr Verlangen, ihn zu vernichten.
    Ein Verlangen, das auch ganz allmählich zu seinem wurde.
    Es schien so richtig zu sein. Sehr bald würde er wissen, dass es richtig war, und dann wäre alles verloren.
    Â»Bereitet euch auf den Marsch vor!«
    Alwyn brauchte einen Moment, bis er begriff, dass dieser Befehl auch ihm galt. Kaum einer der lebenden Soldaten näherte sich ihm, was er verstehen konnte. Ebenso klar war ihm: Wenn Yimt noch lebte, würde

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