Elfen wie Stahl
anderen folgen mir.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, eilte Konowa mit sechs Soldaten im Gefolge wieder zum Steg. Seine Elfenaugen ermöglichten
es ihm, die rutschigen Planken zu sehen, die man über die Kios genagelt hatte, aber er wusste, dass die Soldaten hinter ihm dieses Glück nicht hatten. Er drehte sich um, um ihnen zu befehlen, eine Fackel anzuzünden, und sah, dass Hrem bereits eine Laterne entzündete, die er an einer Stange neben dem Steg gefunden hatte.
Als Konowa die andere Seite erreichte, bemerkte er als Erstes die Hitze. Es fühlte sich an, als wäre er in eine heiÃe Quelle gesprungen. Die Luft schien kaum atembar; er hustete und wischte sich die Stirn. Als er einen Fuà auf das gegenüberliegende Ufer setzte, trübten sich all seine Sinne, und die Klarheit, die er innerhalb des Ringes von Bäumen erlebt hatte, verschwand.
»Major!«
Konowa knöpfte seinen Umhang auf, zog ihn aus und wartete, bis Lorian vor ihm zum Stehen kam. »Wie viele?«
Lorian salutierte. »Es war eine berittene Patrouille, vielleicht zwanzig oder fünfundzwanzig Mann. Das war im Dunkeln schwer zu erkennen. Es scheint jedoch, als hätten wir etwa die Hälfte von ihnen niedergemacht. Ich habe drei Pferde einfangen können, von denen eines leicht verwundet ist, aber keine Gefangenen gemacht. Wir selbst haben keine Verluste erlitten.«
»Zeigen Sie es mir.«
Lorian führte ihn und die sechs Soldaten gut zweihundert Meter über einen schmalen Pfad durch kniehohes Gras. Der nächtliche Himmel glühte unheimlich, und Konowa fiel ein, dass er keine Ahnung hatte, in welcher Phase der Mond sich gerade befand. Danach zu urteilen, wie sich die Sicht besserte, je weiter sie sich von dem Nebel entfernten, der Luuguth Jor verhüllte, musste jedoch Vollmond sein.
»Da«, sagte Lorian und deutete auf eine Abteilung Soldaten,
die in einer Reihe rechts und links neben dem Pfad knieten. Aus der Ferne wirkten ihre Tschakos wie eine Reihe von Geiern, die auf Felsen hockten. Sie hatten ein improvisiertes Bollwerk aus ein paar abgestorbenen Ãsten von Wahatti-Bäumen und einem umgekippten Kios errichtet, dessen Rumpf so verrottet war, dass seine einzige Schutzfunktion vermutlich darin bestand, ihre Moral zu stützen.
Konowa ging die zwanzig Meter bis zu der Stelle, wo die erste Leiche lag. Andere dunkle Körper lagen im Gras, davon einige gröÃer. Offensichtlich handelte es sich um Pferde. Konowa blieb stehen. Es war besser, nichts als selbstverständlich anzusehen. Er versuchte, das Gebiet mit seinen Sinnen abzutasten, und schloss einen Augenblick die Augen, um sich ins Gedächtnis zu rufen, wie es sich angefühlt hatte, als Visyna Kraft aus der lebendigen Natur um sie herum gezogen hatte. Alles war durcheinander, was aber eigentlich keine Rolle spielte. Er hörte die Geräusche der elfkynischen Armee, die offenbar ausschwärmte und vermutlich kaum eine halbe Meile entfernt war. Die überlebenden Reiter der Patrouille hatten sicher bereits berichtet, dass es Feindkontakt gegeben hatte. Ein Angriff stand zweifellos unmittelbar bevor. Er öffnete die Augen und kniete sich neben die Leiche, um sie zu untersuchen.
Der Elfkynan lag auf dem Rücken, die Arme über dem Kopf ausgestreckt, Mund und Augen vor Ãberraschung weit aufgerissen. Er trug eine dünne blaue Tuchhose, deren Beine er mit roten Gamaschen fest um seine Waden gewickelt hatte. Seine FüÃe waren nackt wie bei den meisten Elfkynan. Statt einer Jacke hatte er ein weiÃes Tuch um seinen Oberkörper und eine Schulter geschlungen, das von dem Blut getränkt war, das immer noch aus einem münzgroÃen Loch in seiner Brust sickerte, wo die Musketenkugel sein Herz durchschlagen
hatte. Das Tuch wurde um seine Taille von einem breiten, flachen Gürtel aus Jutefasern gehalten, in den Scherben von Edelsteinen und polierte Holzstücke eingearbeitet waren. Sein Kopfschmuck lag ein Stück abseits, ein breitkrempiger Hut aus geflochtenem Gras. Konowa sah sich um und bemerkte, dass etwas fehlte.
»Wo ist seine Waffe?«
Die Soldaten husteten verlegen und traten von einem Fuà auf den anderen, bis sich einer bückte und die Waffe aus dem hohen Gras nahm. »Eine Mioxja«, sagte Konowa, als er sie dem Soldaten aus der Hand nahm. Sie war wunderschön in ihrer Einfachheit. Zwei Blätter des rasiermesserscharfen Jimik-Grases waren am Ende eines etwa einen Meter
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